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063 - Das Verrätertor

063 - Das Verrätertor

Titel: 063 - Das Verrätertor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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dicke Büschel von eisengrauem Haar über Kehle und Kinn gaben dem sonst unsymmetrischen Gesicht eine gewisse Regelmäßigkeit. Rot, aufgedunsen, mit gebrochener Nase, die kleinen Augen blutunterlaufen, bot er einen wenig einnehmenden Anblick. Graham Hallowell, der während seines Aufenthaltes in Dartmoor mit unglaublicher geistiger und körperlicher Häßlichkeit in Berührung gekommen war, konnte sich nicht erinnern, jemals solch ein ungestaltes menschliches Wesen gesehen zu haben.
    Der große Mann streifte Graham mit einem schnellen Blick, als er in die Schenke trat. Dann nahm er keine Notiz mehr von ihm, bis Graham fragte: »Wollen Sie etwas trinken?«
    Die blutunterlaufenen Augen betrachteten ihn prüfend, dann sagte er kurz: »Gin.«
    Kapitän Eli Boß war nicht sehr gesprächig. Graham, der wenigstens etwas mit ihm bekannt werden wollte, begann vom Wetter zu sprechen, was den Kapitän anscheinend nicht interessierte. Er trank seinen Gin aus, reckte sich…
    »Ich gehe nach Hause«, sagte er, »vielleicht begleiten Sie mich ein Stück, Sir?«
    Er hatte eine rauhe, tiefe Stimme, die aus einer unterirdischen Höhle zu kommen schien, und er sah den anderen kaum an, ob er seine Einladung auch annehme. Graham nickte aber und folgte dem Mann. Sie gingen lange Zeit schweigend in der Richtung nach Silvertown. Erst als sie eine leblose, stille Straße erreicht hatten, begann der Kapitän zu sprechen.
    »Der Alte sagt, daß Sie ein Schloß an Ihrer Kabine haben wollen – es kostet eine Menge Geld, aber Sie können es haben, auch einen Geldschrank. Lassen Sie beides zu Tigley in der Little Perch Street schicken, er besorgt meine Geschäfte. Ich will es Ihnen so bequem wie möglich machen, aber die >Pretty Anne< ist kein Luxusdampfer, und vergessen Sie nicht – einfaches Essen und recht viel davon – das ist mein Motto. Spielen Sie >Meine Tante – Deine Tante    Graham spielte es nicht, und der Kapitän drückte sein Mißfallen über diesen Mangel an Bildung aus.
    »Bringen Sie sich ein paar Bücher mit«, sagte er. »Ich und meine Jungen lesen nicht viel.«
    »Wann fahren Sie ab?« fragte Graham.
    Eli Boß warf ihm einen Seitenblick zu.
    »Wann wollen Sie, das ist die Frage?« brummte er. »So um den Sechsundzwanzigsten?«
    Hallowell dachte nach und erkannte mit Schrecken, daß der Sechsundzwanzigste schon sehr nahe war.
    »Ich glaube«, sagte er.
    »Sie hüpft ein wenig auf dem Wasser«, der Kapitän sprach anscheinend von der >Pretty Anne< »aber ich habe sie in jedem Wetter erprobt… Viel Essen, aber einfach. Es ist nichts Besonderes an der >Pretty Anne<, und hören Sie – Sie bringen besser selbst Ihren Likör mit. Gin ist alles, was ich brauche, und ein Glas Rum für eine kalte Nachtwache. Ich habe Joes Kabine gesäubert – Joe ist mein Ingenieur –, sie liegt mittschiffs hinter der Brücke. Es ist die beste Stelle auf dem Schiff, aber heiß wie die Hölle in den Tropen.«
    »Ich könnte einen elektrischen Ventilator mitbringen«, schlug Hallowell vor. Der Mann lachte laut auf.
    »Nichts Elektrisches!« keuchte er belustigt. »Warum denn? Es gibt keine Elektrizität auf dem Schiff – machen Sie sich keine falschen Vorstellungen! Petroleum ist gut genug für mich. Ich hatte eine Dynamomaschine, aber sie wollte nicht arbeiten – Dynamo bedeutet Dampf, und Dampf ist Kohle, und Kohle kostet Geld.«
    Er hatte eine sprunghafte Art zu reden und ohne Übergang auf etwas zurückzukommen, das er vorher gesagt hatte.
    »Joe kann bei mir schlafen, und Fred kann auf einer Matratze liegen«, meinte er. »Sie hätten ja gern eigene Kabinen, die Jungen, aber man kann nicht immer alles haben.«
    »Setze ich sie denn beide hinaus?«
    »Sie werfen nur Joe raus«, sagte der Kapitän. »Freds Kabine brauche ich für – «
    Er hörte das Knacken seiner Kinnladen, die sich schlossen. Es schien, als wäre er sich einer Indiskretion bewußt geworden und wollte nun die Mitteilung, die ihm fast entschlüpft war, auch durch körperliche Bewegung zurückhalten.
    »Warum bringen Sie Koks nach Indien?« fragte Eli. »Bremen ist der Platz dafür – Sie können es faßweise erhalten. Ich habe einmal eine Ladung im Wert von einer Million Dollar nach Buenos Aires geschafft – es ging ganz leicht.«
    Am Ende der Straße stand er still, steckte seine Hände tief in die Taschen und blickte auf seinen Begleiter herab.
    »Ich will jetzt gehen«, sagte er. »Vergessen Sie nicht Tigley in der Little Perch Street. Fred wird das Schloß für Sie

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