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063 - Das Verrätertor

063 - Das Verrätertor

Titel: 063 - Das Verrätertor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Käufer, auf den ich seit zehn Jahren warte. Zehn? Vor zwölf Jahren tauchte zuerst der Plan in mir auf, den Gouverneur des Tower von seiner Verantwortlichkeit zu befreien. Seit zwölf Jahren sind die Kroninsignien meine Liebhaberei. Ich kenne sie so gut, daß ich aus dem Gedächtnis das Elfenbeinzepter, den Salbungslöffel, jede Krone, jedes Diadem zeichnen könnte. Ich könnte den Schnitt der großen Diamanten wiedergeben, könnte auf den Millimeter das Maß des Rubins des Schwarzen Prinzen angeben – «
    Er hielt inne, lachte kurz auf, biß das Ende einer Zigarre ab und entzündete sie.
    »Ach, ich könnte Ihnen noch viel mehr sagen. Ich bin einer der wenigen, außer den Offizieren, der mit den eisernen Läden umgehen kann. Ich kenne jede Alarmverbindung – die beiden Stahltüren am Eingang sind meine alten Freunde –, hören Sie?« Er senkte seine Stimme, legte seine Ellbogen auf den Tisch und beugte sich zu Hallowell.
    »Wenn der Hüter der Kroninsignien eine Krone oder ein Zepter herausnehmen will, muß er dann erst Eisentüren durchschneiden – muß er den Tower alarmieren? Braucht er etwa Gasgebläse?«
    »Natürlich nicht«, sagte Graham ungeduldig. »Er nimmt seine Schlüssel.«
    »Also – er nimmt seine Schlüssel, er dreht seine Hebel, und in fünf Minuten nimmt er alles heraus, was er braucht. Und genauso werde ich es auch machen.«
    Er rauchte nachdenklich seine Zigarre, seine Augen waren zur Decke gerichtet. Sie unterbrachen seine Betrachtungen nicht, und nach einer Weile fuhr er fort: »Haben Sie Ihr Besitztum schon durchforscht?«
    Einen Augenblick dachte Graham, er spräche bildlich.
    »Ich meine hier den Grund und Boden.«
    »Ja. Ich bin herumgegangen. Warum?«
    »Haben Sie den Steinturm gesehen?«
    »Das Kornhaus? Ja.«
    Trayne lachte.
    »Kornhaus! Das ist sehr gut. Wir haben Sie nachts nicht gestört?«
    »Mich gestört? Waren Sie denn hier?«
    Trayne nickte.
    »Jede zweite Nacht – ein halbes Dutzend von uns. Möchten Sie das Kornhaus besichtigen?«
    Er erhob sich bei dieser Frage.
    »Einen Augenblick, Mr. Trayne. Ich möchte Sie noch etwas fragen«, sagte Diana. »Niemand kennt die Konsequenzen besser als Sie, wenn wir entdeckt werden. Und doch scheint jedermann in Ihr Vertrauen gezogen zu sein – Graham, ich, die Leute, die Sie beschäftigen – « Er unterbrach sie lachend.
    »Es ist nur ein bißchen schwierig zu beweisen, ja?« fragte er kühl. »Und wenn alles vorüber ist, was macht es dann aus? Es ist eine so großartige Sache – sie sieht mehr nach einem Krieg als nach einem Diebstahl aus. Es tut nichts, wer den Krieg beginnt – irgend einmal ist er im Gang. Und es tut nichts, wer diese Juwelen nimmt – irgend einmal sind sie eben weg. Es würde nichts ausmachen, wenn der Dieb die Regent Street entlangginge mit einem Plakat auf dem Rücken, das diese Tatsache verkündete. Die Frage nach der Bestrafung ist gering im Vergleich zu der Entdeckung des gestohlenen Eigentums. Außerdem ist Kishlastan beteiligt, wie Sie wissen, und Sie können ihn nicht von der Sache fernhalten, auch wenn Sie es versuchten.« Dann sagte er energisch: »Kommen Sie mit!«
    Sie folgten ihm in den Garten auf einen ungepflegten Weg, der auf die Felder führte. Einmal wandte er sich um und warnte sie, Licht anzumachen.
    »Wenn Sie mich nicht sehen können, Miss Martyn, fassen Sie mich besser an der Schulter, und Hallowell soll sich an Ihnen festhalten. Sie können hier nicht fehltreten.«
    Schließlich stand der Turm undeutlich in der Finsternis vor ihnen, und ohne Zögern ging Trayne zu der kleinen Tür. Diana hörte das leise Schnappen eines Schlosses. Es war vollständig dunkel, als sich die Tür geräuschlos öffnete. Er riet ihnen, sich zu bücken, und führte sie in ein kleines, gewölbtes Zimmer. Man hörte ein Knacken, dann ergoß sich eine Flut von Licht über den Raum, das nach der Dunkelheit blendete.
    Sie waren in einem kleinen Vorsaal, von dem eine Wendeltreppe nach oben führte. Der Eingang kam Graham bekannt vor. Zuerst bemerkte er, daß der Turm innen kreisförmig war, obwohl er von außen viereckige Gestalt hatte. Er war halbwegs die breiten Stufen hinaufgestiegen, als er mit einem Seufzer die Bedeutung und den Zweck des »Kornhauses« erkannte. Jeder Zweifel, den er noch hatte, wurde beseitigt, als sie zu dem Podest kamen, dem ein paar stahlarmierte Türen gegenüberlagen.
    Tiger Trayne nahm einen Schlüssel aus seiner Westentasche, schloß sie auf, und sie schwangen schwer nach innen.

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