0634 - Duell der Schamanen
bereits so lange unterwegs wie noch nie zuvor.
Hatten ihn andere Rothäute etwa gefangengenommen oder gar getötet?
Mit der Zeit wurden die Blicke finsterer, die Cristofero dem Indianer zuwarf.
Der rührte sich immer noch nicht.
Er hockte einfach nur da und schien zu schlafen, obgleich seine Augen geöffnet waren.
Nach einer Weile tauchte der Gnom wieder auf. Erleichtert atmete Cristofero auf.
Er hatte sich an den Kleinen im Laufe der Jahre gewöhnt. Weniger, weil der ihn geradezu sklavisch bediente, und auch nicht unbedingt der ständig vergeblichen Versuche wegen, Gold zu zaubern, sondern einfach nur als Gesellschafter. Wobei der Namenlose ja nicht unbedingt auf die lange Nase gebunden bekommen mußte, wie sehr sein Herr ihn vermißte und wirklich brauchte…
»Es befinden sich keine weiteren Rothäute in unmittelbarer Nähe, Herr«, berichtete der Verwachsene. »Ich habe die Umgebung genauestens untersucht und dazu auch einen Zauber angewandt, welcher…«
»Was hat Er?« keuchte Don Cristofero erschrocken. »Gezaubert? Ist Er des Wahnsinns fette Beute? Was, um Himmels willen, hat Er dabei jetzt schon wieder angestellt?«
Des Gnomen Pech war's, daß er praktisch keinen Zauber vernünftig hinbekam. Normal war es, daß ihm die Magie ›ausrutschte‹ und etwas völlig Unerwartetes dabei herauskam. So zum Beispiel vor ein paar Jahren die Versetzung des Dons und des Gnomen in die Gegenwart, und es hatte lange gedauert, bis sie wieder in die Vergangenheit zurückfanden. Dummerweise war dabei wieder etwas schiefgegangen: Professor Zamorra und Mademoiselle Duval waren mit in den Zauber einbezogen worden.
Mit all den bekannten Folgen…
»Nichts habe ich angestellt, Herr!« beteuerte der Gnom. »Wann endlich werdet Ihr Euer gar erschröckliches Mißtrauen endlich einmal ablegen?«
»Sobald mal einmal eines Seiner Zauberkunststücke richtig funktioniert«, brummte Cristofero.
Er sah, wie der Indianer die Augen öffnete.
Und dann hörte er ihn sprechen.
»Schwarzer kleiner Mann, dich werde ich töten müssen!«
***
Hercule fühlte sich beobachtet.
Er besaß zwar ein recht einfaches Gemüt, aber auch ein gutes Gespür für Gefahren. Und je weiter er sich von seinem Herrn und dem verrückten kleinen Hexenmeister entfernte, um so intensiver wurde das Gefühl, nicht nur beobachtet, sondern gar bedroht zu werden.
Unwillkürlich faßte er die Muskete fester und vergewisserte sich, daß sie auch wirklich geladen war. Er ging langsamer und sah sich von Minute zu Minute mißtrauischer um. Raschelte da nicht etwas? Wurden nicht Zweige bewegt? Lauerte da nicht jemand?
Hercule blieb stehen.
Er war von Natur aus alles andere als ein ängstlicher Typ. Aber allmählich wurde es ihm unheimlich. Schauergeschichten über die Grausamkeit der Eingeborenen fielen ihm ein, die man sich in der Kolonie erzählte. Aber das waren alles nur Ammenmärchen. Die Indianer waren nicht gefährlicher als Spanier, Holländer und Portugiesen oder gar die Engländer. Bisher konnte sich niemand über die Chitimacha, Biloxi oder wie auch immer sie sich nannten, beklagen. Eher umgekehrt, weil es immer wieder Händler gab, die versuchten, die Indianer bei den Tauschgeschäften gehörig übers Ohr zu hauen!
Und doch fühlte Hercule sich plötzlich wie in Feindesland!
Er blieb stehen.
Drehte sich ganz vorsichtig um, als er ein Geräusch wahrnahm, das er noch nie zuvor gehört hatte.
Und lernte das Grauen kennen…
***
Der Gnom fuhr erschrocken zurück. Im gleichen Moment zückte Don Cristofero den Degen und richtete die Klingenspitze auf die Brust des Indianers.
Der zuckte nicht einmal zusammen.
»Wenn hier einer tötet, dann bin ich das!« donnerte Cristofero. »Merke Er sich das gut. Und wie kommt es, daß Er plötzlich reden kann, wo Er doch eben noch unsere Sprache nicht zu verstehen vorgab?«
Der Indianer ging darauf nicht ein. Er hob jetzt nur vorsichtig eine Hand und deutete an der Degenspitze vorbei auf den Gnom.
»Du willst nicht, daß ich ihn töte?«
»Eher bringe ich Ihn um, Bester!« donnerte Cristofero.
»Warum tust du es dann nicht?« fragte der Indianer, der natürlich mit Cristoferos Art, sich auszudrücken, nicht gleich zurechtkam.
»Hat Er den Verstand verloren? Hält Er mich für einen Mörder? Was glaubst du eigentlich, wen du vor dir hast? Ich bin Don Cristofero Fuego del Zamora y Montego!«
»Wenn du es nicht tust, werde ich es tun«, sagte der Indianer unbeeindruckt.
»Ihn töten?« Fassungslos ließ
Weitere Kostenlose Bücher