0634 - Duell der Schamanen
Befanden sie sich in einem Nebenzimmer, klappte es schon nicht mehr. Hatte das Nebenzimmer ein Fenster oder eine Glastür, durch die Nicole ihre ›Kandidaten‹ sehen konnte, gab es kein Problem…
Da sie hier aber weder Cristofero noch den Gnom sah, konnte sie auch nicht versuchen, ihre Gedanken, ihre Gehirnstrommuster telepathisch zu erfassen und damit ihren Standort herauszufinden.
Somit mußten sie sich auf die Suche machen. Das bedeutete, daß es zunächst wichtig war, sich mit der Umgebung vertraut zu machen.
Zamorra gab sich einen Ruck.
»Na, dann wollen wir mal«, sagte er und strebte dem Ausgang der kleinen Lichtung zu.
Den Fußspuren im Gras schenkte er keine Beachtung…
***
Auf dem Weg, den Hercule genommen haben mußte, führte Don Cristofero seine Zwei-Mann-Karawane nordwärts. Es war ein schmaler, scheinbar natürlich entstandener Pfad. Denn nirgendwo waren Spuren menschlicher Einwirkung zu sehen. Niemand hatte hier mit Machete oder Säbel einen Weg durchs Unterholz geschlagen. Der Weg war einfach da, nur wirkte er andererseits auch nicht sonderlich intensiv benutzt. Er war sicher keine ›Verbindungsstraße‹ zweier Indianerdörfer - abgesehen davon, daß sie auf ihrem bisherigen Weg noch keine Dörfer vorgefunden hatten. Um so seltsamer erschien es dem spanischen Granden, daß es diesen Weg überhaupt gab. Aber auch vorher schon hatten sie ähnliche Wege durch die ausgedehnten Waldgebiete benutzt, um Flußschleifen abzukürzen.
Sie waren gerade eine halbe Meile weit gekommen, als der Angriff erfolgte.
Von einem Moment zum anderen waren die Indianer da.
Zehn Männer, mit Lendenschurzen angetan, in den Händen kurze Wurfspeere, Schleudern oder auch Pfeil und Bogen. Die Bögen waren gespannt, die Pfeile deuteten auf Don Cristofero und den Gnom.
Sie waren aus dem Unterholz hervorgesprungen.
Eine Falle! durchfuhr es Cristofero. So, wie diese Wilden auftraten, mußten sie es vorher geplant haben. Sie hatten gewußt, daß die beiden Männer aus der Alten Welt hier vorbeikamen.
Unser seltsamer unfreiwilliger Gast! dachte Cristofero. Dieser alte Knabe, der den Gnom umbringen wollte!
Der mußte dahinterstecken! Er hatte die anderen Rothäute aufgehetzt. Natürlich!
Wenn der Gnom ihn gestern abend nicht angeschleppt hätte…
Aber vielleicht wäre es trotzdem so gekommen.
Es war jetzt nicht die Zeit, darüber nachzudenken. Es war auch nicht die Zeit, den Degen zu ziehen oder den Vorderlader aus dem Sattelschuh zu nehmen, um auf die Indianer zu feuern. Ihre Bögen waren gespannt. Noch ehe Cristofero seine Waffe auch nur halbwegs in der Hand hatte, wäre er schon von Pfeilen gespickt und somit sicher tot.
Daran war ihm aber gar nicht gelegen.
Und auch nicht daran, daß sein verwachsener Diener gleich mit ihm massakriert wurde. Das hatte der Kleine nicht verdient. Zumal er es immer noch nicht fertiggebracht hatte, Gold zu zaubern, was er seinerzeit versprochen hatte, als Cristofero ihn in seinen Dienst nahm.
Also nahm Cristofero die Hand vom Degen zurück und hob sie hoch empor, damit auch der dümmste rote Heide sehen konnte, daß sie leer war. Mit der anderen Hand hielt er vorsichtshalber weiter die Zügel seines Pferdes.
Aus den Augenwinkeln sah er eine rasend schnelle Bewegung.
Einer der Indianer stieß einen wilden Schrei aus.
Die anderen fuhren herum. Sie schossen ihre Pfeile ab - auf den Gnom, der das Seil mit den Maultieren losgelassen hatte, um blitzschnell im Gesträuch unterzutauchen.
Don Cristofero wartete förmlich auf den Todesschrei seines kleinen Dieners.
Aber es blieb still.
Da zögerte auch er nicht länger.
Er hieb dem Pferd die großen Sporen in die Flanken. Das Tier wieherte empört, machte aber einen wilden Satz nach vorn. Die Indianer, die ihre Pfeile jetzt verschossen hatten, schrien auf, wurden von der Aktion völlig überrascht. Gefährlich waren jetzt nur noch die, die Wurfspeere und Schleudern besaßen. Aber Cristofero nutzte seine Chance bereits, ritt drei, vier Männer nieder, die sich ihm in den Weg werfen wollten. Er duckte sich instinktiv; gerade rechtzeitig, als habe er auch Augen am Hinterkopf. Ein geschleuderter Stein zischte haarscharf an ihm vorbei; ein Wurfspeer durchschnitt seinen Ärmel, verletzte ihn aber nicht. Dann war er vorbei, hatte die Linie durchbrochen, war aus der Falle entkommen - glaubte er.
Aber dann traf einer der Speere das Pferd.
Es bäumte sich auf, warf den Reiter ab. Don Cristofero sah den Boden auf sich zukommen, hing dabei
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