064 - Friedhof der Ghouls
der Name der Werkstatt angegeben, in die man Ayres' Wagen gebracht hatte.
»Er hat eine Schwester«, sagte Major Hathaway. »Vor etwa zehn Jahren war sie ebenso reich wie er, denn das Vermögen, das sie von ihren Eltern erbten, wurde in zwei gleiche Teile geteilt. Ayres schaffte es, seinen Teil mittlerweile zu verdoppeln. Heather, seine Schwester, heiratete einen Mann, der sich mit ihrem Geld verspekulierte. Heute ist sie geschieden und arbeitet in der Computerabteilung eines Zeitungs- und Zeitschriftengroßbetriebs. Aber auch das finden Sie in diesen Unterlagen. Es steht nur eines nicht darin: Wo Russell Ayres untergetaucht ist.«
»Das werden wir mit vereinten Kräften herausfinden«, sagte ich zuversichtlich.
»Sie wissen, daß die Zeit drängt, Mr. Ballard. Ayres bleibt in der Entwicklung nicht stehen.«
»Veranlassen Sie, daß man uns über jede Neuigkeit, die diesen Fall betrifft, umgehend informiert.«
»Das ist selbstverständlich«, sagte der Major.
»Sonst noch was?«
»Im Moment nicht.«
»Dann lassen Sie uns an die Arbeit gehen«, sagte ich und erhob mich.
»Ich habe meine besten Männer auf Ayres angesetzt«, sagte der Leiter von MI 5. »Und nun kann ich auch noch mit Ihrer Unterstützung rechnen. Das muß einfach reichen.«
Ich nickte zustimmend. Ob es tatsächlich reichen würde, würden wir ja bald sehen.
***
Russell Ayres hatte sich ungehindert von der Unfallstelle entfernt. Er war nicht mehr wütend. Sein Zorn hatte sich entladen und war dem blonden Autofahrer zum Verhängnis geworden.
Zum erstenmal war es ihm gelungen, mit der Kraft einen Menschen auf diese Art zu töten. Ehrfürchtig berührte er den kalten Alabasterteufel, der ihm diese ungeheure Machtdemonstration ermöglicht hatte, und er fragte sich, welche Geheimnisse der Figur noch darauf warteten, von ihm entdeckt zu werden.
Es war herrlich, Macht auszuüben. Es vermittelte Ayres ein unbeschreibliches Gefühl, zu sehen, wie die Menschen Angst vor ihm hatten.
Sicher, auch Geld ist Macht. Auch damit kann man Menschen vernichten.
Aber was war alles Geld dieser Welt im Vergleich mit den Kräften, die er mit Hilfe dieser kleinen, unscheinbaren Figur mobilisieren konnte. Er hatte an den Ausgrabungen zunächst nicht teilnehmen wollen. Zwar interessierte er sich für die persische Kultur, aber ihm erschien das Gebiet, in dem gegraben werden sollte, als unergiebig.
Doch dann kam Richard Shuck zu ihm und brachte ihm Unterlagen - und plötzlich brannte er förmlich darauf, mit nach dem Iran zukommen.
Er brauchte den Entschluß nicht, zu bereuen, denn Shucks Unterlagen erwähnten den kleinen, geheimnisumwitterten Alabasterteufel, den er unbedingt haben wollte.
Mit einem Eifer, wie er ihn noch nie an den Tag gelegt hatte, schuftete er fast Tag und Nacht. Er litt nicht unter der drückenden Hitze, hatte weder Hunger noch Durst. Er war nur besessen von dem Wunsch, den kleinen Teufel in seinen Besitz zu bringen.
Obwohl er wie ein Tier arbeitete, behielt er die anderen, die sich an der Ausgrabung beteiligten, mißtrauisch im Auge, und er hätte Gott weiß was getan, um sich die Figur zu verschaffen.
Eines Nachts - er arbeitete im Schein von Campinggasleuchten allein - wurde sein Eifer belohnt. Er fand den weißgelben Teufel an einer Stelle, wo ihn niemand vermutet hätte.
Heute konnte sich Ayres des Eindrucks nicht erwehren, daß der Teufel gewollt hatte, daß er und kein anderer ihn fand. Die geheimnisvolle Figur hatte ihn ausgewählt, denn er war würdig, sie zu tragen.
Er erinnerte sich noch genau an den Moment, als ihm aus dem rieselnden Sand etwas Weißgelbes entgegenschimmerte. Er hatte vor Aufregung gezittert und die Figur mit den Fingern behutsam freigelegt, und als er seine Finger um sie schloß, wußte er, daß er sich von ihr nie mehr trennen würde.
Er spürte etwas auf sich überströmen, das er noch nie erlebt und wahrgenommen hatte. Kraft, Zuversicht, der Wille, Böses zu tun, die Menschen zu knechten und noch vieles mehr erfüllten ihn.
Es war ein erhebendes Gefühl, und er fühlte sich von diesem Augenblick an der ganzen Menschheit überlegen. Die Figur hob ihn aus der Masse heraus, stellte ihn über sie.
Und heute war er mit ihr auf eine Weise verbunden, die man sich nicht vorstellen konnte. Er war mit diesem Teufel irgendwie eins geworden, aber diese Entwicklung war noch lange nicht abgeschlossen.
Immer mehr Abgründe entdeckte er, aus denen er zusätzliche Kraft schöpfen konnte. Eine Kraft, die niemals
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