0640 - Das Blut-Rätsel
so?«
»Da kann ich nicht widersprechen.«
»Bleiben wir beim Schauspiel. Jedes hat mindestens drei Akte. Der erste ist vorbei. Der zweite läuft oder haben wir bereits das Bühnenbild zum dritten Akt erreicht?«
»Nein, wir sind noch im zweiten.«
»Wo es die Aufklärung geben sollte.«
»Die ist im Schauspiel eigentlich für den dritten Akt vorgesehen.«
»Aber nicht jetzt.«
Sie nickte. »Du hast Recht, John, wir wollen die Erklärung aus dem dritten Akt vorziehen. Den ersten kennst du. Du hast das Haus erreicht, in das ich dich lockte.«
»Wo ich Cynthia fand.«
»Diesmal hast du Recht. Cynthia hat dich erwartet. Ich musste es so inszenieren, um dich aufmerksam zu machen, denn nur du kannst es schaffen, den Fluch zu löschen.«
»Weiter.«
»Cynthia brachte sich um, obwohl sie schon tot war, aber darauf komme ich gleich zurück. Um dein Interesse weiterhin an diesem Fall zu halten, holte ich meine Schwester weg. Ich hatte freie Bahn, denn du hast dich im Keller aufgehalten.«
»Stimmt. Du hast mich dann weiterhin an der Leine gehalten und mich auf diesen alten Friedhof gelockt. Mal abgesehen von dem mit Blut gefüllten Grab, ich fand Cynthia, hatte aber zuvor in meinem Haus eine verdammt unangenehme Begegnung mit einem Dämon…«
»Später, John.«
»Dann erkläre der Reihe nach.«
Sie ging weiter und blieb dort stehen, wo sich der Leichentisch befand. Mit den Händen stützte sie sich auf dessen Rand ab und drehte sich mir zu. »Ich möchte jetzt gern auf mein Verhältnis zu Cynthia kommen.«
»Darauf warte ich.«
»Du hast ihr Blut untersuchen lassen und festgestellt, dass es altes Blut ist.«
»Haben wir uns geirrt?«
»Nein, das Blut ist alt. Weit über einhundert Jahre alt, das stimmt. Meines nicht.«
»Ich habe es mir fast gedacht. Du bist kein Dämon, du bist kein Zombie, du hättest das Kreuz anfassen können…«
»Sicher.«
»Aber - und jetzt kommt der springende Punkt - du siehst so aus wie deine Schwester. Die Frage liegt auf der Hand. Seid ihr Zwillinge, du und Cynthia?«
Violetta nickte und wollte gleichzeitig den Kopf schütteln, was ihr natürlich nicht gelang. »Wir können es im normalen biologischen Sinne nicht sein, weil mehr als hundert Jahre zwischen unseren Geburten liegen. Das leuchtet doch ein, oder?«
»Natürlich. Aber ich habe einen Verdacht oder eine Vermutung. Ist es nun im magischen Sinne so gewesen, oder entspringt dieses Aussehen einer Laune der Natur?«
»Nein, keiner Laune, man hat nachgeholfen. Diese Frau namens Cynthia war eine Person, die mit Mächten im Bunde stand, über die wir uns keine Vorstellungen machen können!«
»Sie diente dem Teufel!«
Violetta bewegte den Kopf. »So deutlich würde ich es nicht formulieren. Ich habe mich mit der Ahnenforschung beschäftigt. Das klappte, weil Aufzeichnungen vorhanden waren. Ich fand ein altes Papier, in dem geschrieben stand, dass Cynthia zurückkehren würde, weil jemand erscheint, der ebenso aussieht wie sie.«
»Okay, Sie hatten das Pech.«
»Nein, John, kein Pech. Es ist Glück, denn so kann ich dabei mithelfen, diesen Fluch zu löschen, weil ich einen Namen in diesem alten Papier gelesen habe, der mir Furcht einjagte. Ein Name, den auch du kennen musst, John: Baphomets!«
Jetzt schrak ich zusammen, denn dieser Name sagte mir tatsächlich einiges. Baphomets, neben Beelzebub und Asmodis ein Teil aus der Dreiergruppe des Bösen, war Anführer derjenigen Templer, die den Weg der Dunkelheit gewählt hatte. In sehr frühen Zeiten schon war der Dämon mit den Karfunkelaugen schon verehrt worden. Im Mittelalter dann hatten sich die Templer ihm zugewandt, um ihre Machtpositionen auf anderen Wegen behaupten zu können. Bisher hatte ich nur davon gehört, dass männliche Personen diesem Dämon dienten. Um so überraschter war ich, von einer Frau zu hören, die sich ihm angeschlossen hatte.
Violetta merkte, was in mir vorging. Ich vernahm ihr leises Lachen, das nicht einmal überheblich klang, sondern irgendwie bestätigend. »Damit hast du nicht gerechnet, John.«
»Nein, das ist wirklich eine Überraschung.«
»In der Tat, Cynthia diente Baphomets. Sie hat sich mit ihm identifiziert, sie war ihm hörig, und er zeigte sich großzügig.«
»Indem er sie nicht sterben ließ.«
»Richtig, und er sorgte ebenfalls dafür, dass sie sich von der übrigen Familie abkapselte und keinen Nachwuchs zeugen würde, bis sich eine düstere Prophezeiung seinerseits erfüllte und jemand erschien, der ihr bis aufs Haar
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