0640 - Das Blut-Rätsel
glich.«
»Und das bist du.«
»Ja. Ich wurde geboren, wuchs heran und begann mich mit gewissen Dingen zu beschäftigen, weil es ein innerer Trieb war, der wie ein Motor arbeitete. Er wies mir den Weg, ich wusste, dass es ein unheimliches Geheimnis in der Vergangenheit gab, das geklärt werden musste.«
»Ist es jetzt geklärt?«
Sie breitete die Arme aus wie ein großer Tenor, der nach einer Bravourarie sein Publikum umfangen will, das ihm zujubelt. »Wir befinden uns erst im zweiten Akt, John. Der Vorhang zum dritten, zum letzten muss sich noch heben.«
»Dann zieh ihn hoch!«
»Das ist nicht so einfach, denn es existiert nach wie vor ein Problem.«
»Nicht nur Cynthia.«
»So ist es. Du hast es bereits angesprochen, ich verwies dich dabei auf später.«
»Der Dämon, das Blut und auch der Schädel, den ich mitnehmen sollte. Stimmt's?«
»Ja.«
»Womit möchtest du beginnen?«
»Mit dem Ersten, dem Dämon, den du im Fahrstuhlschacht gesehen hast. Er ist wichtig.«
»Für Cynthia?«
»Ja, denn er wurde ihr damals an die Seite gestellt. Ich las in dem alten Schreiben, dass man ihn als ein Stück Baphometss bezeichnete. Kannst du dir das vorstellen?«
»Schlecht.«
»Ich auch nicht, aber es muss so gewesen sein. Dieser Dämon ist nicht Baphomets, aber er gehört zu ihm.«
»Das ist mir zu wenig. Weißt du mehr?«
»Ich habe mich erkundigt und glaube, dass er tatsächlich ein Teil Baphometss gewesen sein muss. Er ist aus seinem Blut entstanden. Man hat ihn daraus geformt, wenn du verstehst. Aus dem Blut des Dämons wurde er gemacht und erhielt die Form eines Vampirs oder Drachen. Er ist ein lebendes Stück Blut.« Sie hob den Finger. »Kein Menschen-, aber Dämonenblut. Ein Stück magisches Leben Baphometss, das dafür sorgte, Cynthia bestehen zu lassen. Er hat sie gewissermaßen beschützt. Er hat sie umhüllt und leben lassen. Wenn ihr Gefahr droht, greift er ein. Das wusste ich, und ich habe lange überlegt, bevor ich begriff, dass ich einfach zu schwach für ihn bin. Deshalb suchte ich auf diesem ungewöhnlichen Weg deine Hilfe. Durch mein Aussehen wäre ich sowieso mit Cynthia zusammengetroffen. Sie sollte durch mich wieder richtig in das Leben hineintreten und die Thesen Baphometss verteidigen und in diese moderne Welt hineintragen.«
»Steckt noch jemand dahinter?«, wollte ich wissen.
»Was meinst du?«
»Es gibt auch in der heutigen Zeit eine Gruppe, die dem Dämon Baphomets dient: die Templer. Hast du auch mit ihnen Kontakt gehabt?«
»Ich nie, nur meine ungewöhnliche Schwester muss zu ihnen gehört haben…« Ihre Stimme verstummte. Sie wusste nicht mehr, was sie noch sagen sollte.
»Jetzt haben wir den Dämon, jetzt haben wir sein Blut, das sich außerdem in dem Grab befindet, in dem Cynthia beerdigt werden sollte. Warum wollte man sie dort hineinlegen?«
»Es ist ein simpler Grund, schon lächerlich. Man wollte ihr einen Ort geben, an dem sie sicher war und von dem aus sie agieren konnte. Das ist alles.«
Ich schüttelte den Kopf. »Da komme ich nicht mit. Wie kann eine Person, wer auch immer, aus einem verschlossenen Grab heraus agieren? Kannst du mir das sagen?«
»Nein, John, nicht direkt. Aber ich frage dich, ob ein Grab unbedingt verschlossen bleiben muss.«
»Aha…«
»Was heißt das?«
Ich folgerte sehr rasch. »Könnte es möglicherweise sein, dass deine Schwester einen Helfer hat, der auf ihrer Seite steht? Ich meine jetzt einen außerhalb des Schutzdämons.«
»Da liegst du wohl richtig.«
»Der Name lautet Osgood?«
»So denke ich auch.«
Ich war zufrieden, denn nun passte auch die Gestalt des Osgood in mein Puzzle. Er war mir vom ersten Ansehen her suspekt gewesen, und ich durfte ihn auf keinen Fall unterschätzen, wenn er voll und ganz auf der Seite des Bösen stand.
»Jetzt bleibt noch ein Rätsel offen, Violetta, und zwar der Totenschädel.«
»Das ist richtig.«
»Wie passt er in dieses Puzzle?«
»Ich weiß es nicht genau, John. Mir ist nur bekannt, dass er sehr alt sein soll und Kräfte besitzt, die über normale hinausgehen. Du hast ihn auf das Grab stellen sollen, so las ich es auch. Ich kann mir noch vorstellen, dass der Schädel meiner Schwester den Weg frei halten sollte. Er sorgte möglicherweise dafür, dass sich das Grab nicht schloss. Das jedenfalls ist meine Version.«
»Mehr weißt du nicht von ihm?«
»Nein, er ist die einzige unbekannte Größe in dieser Rechnung. Ich bin froh, dass du ihn mitgebracht hast.« Sie lächelte, dann hob
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