0640 - Das Blut-Rätsel
sie den Dolch. »Auch er ist sehr wertvoll gewesen, denn er hat dir bewiesen, dass Tote nicht mehr sterben können, wenn sie unter einem magischen Schutz stehen.«
Das hätte ich so zwar nicht unterschrieben, ließ sie- allerdings in ihrem Glauben und widersprach ihr nicht.
»Hast du schon einen Plan gefasst, wie es weitergehen soll? Denn jetzt bist du informiert.«
»Natürlich. Ich werde den Totenschädel holen und mit ihm zusammen zum Grab zurückkehren. Wir müssen auch damit rechnen, von Baphometss Blutdämon angegriffen zu werden. Ich weiß, dass ich dir nicht verbieten kann, diesen alten Friedhof zu betreten, aber es ist besser, wenn du mich allein lässt.«
Violetta Manson schüttelte den Kopf. »Du hast Recht, John, vertreiben lasse ich mich nicht. Der Regisseur eines Stückes bleibt bei der Premiere bis zum Schluss. Hast du das vergessen?«
»Nein, bestimmt nicht.«
»Möglicherweise kann ich dich unterstützen. Ich werde auch versuchen, gegen meine Schwester oder Ahnherrin anzugehen. Du musst mir glauben, da setze ich alles ein, was ich habe.«
»Das nehme ich dir sogar ab.« Ich deutete in die Runde. »Hier haben wir wohl nichts mehr zu tun, denn ich kann mir kaum vorstellen, dass Cynthia zurückkehren wird.«
»Da hast du Recht.«
Violetta ging an mir vorbei. Ich leuchtete sie nicht an, aber ich erkannte, dass sie sich in nichts von ihrer Schwester unterschied, obwohl diese langen Jahre dazwischen lagen. Da hatte es die Natur geschafft, grausam zu manipulieren.
Erst auf dem Gang atmete sie durch und fasste nach meiner Hand. Die ihrer Schwester war eiskalt gewesen, ihre nicht. »Ich bin froh, dass ich es hinter mir habe, John. Dass alles so gelaufen ist, wie ich es mir vorgestellt habe. Das glaube mir bitte.«
Ich wiegte den Kopf. »Na ja, es war schon ein wenig umständlich, weißt du.«
»Ich musste auch vorsichtig sein, denn ich hatte einfach den Eindruck, als würde ich von Cynthia kontrolliert. Ich sah sie nicht, doch ich spürte ihre Nähe. Sie war da. Ich merkte es wie ein geheimnisvolles Streicheln, das über meine Haut glitt. Immer wieder hatte ich ungewöhnliche Gefühle, die mich durchrieselten. Es war einfach das Wissen, gepaart mit der bedrückenden Angst.«
Widersprechen konnte ich nicht. Zudem glaubte ich an die Worte meines Schützlings. Allerdings hätte ich nie damit gerechnet, dass sich der Fall dermaßen entwickeln würde. Und irgendwo hatte man mich auch an der Nase herumgeführt.
Unser neues Ziel war die Wohnung des Totengräbers Osgood. Über seine Rolle wusste ich noch nicht genug Bescheid, er war mir doch noch suspekt. Selbst Violetta konnte ihn nicht richtig einschätzen. Sie hielt ihn für einen Hüter, der auf der Seite der Mächtigen stand.
»Als du am Grab flüchtetest, verschwand auch er. Auf einmal war er nicht mehr da. Und weshalb bist du gegangen?«
»Wegen Osgood.«
»Ist er denn so gefährlich?«
»Ich muss es annehmen.«
»Sein Haus ist verschlossen. Um hineinzukommen, müssten wir eine Tür oder ein Fenster aufbrechen.«
Da blieb sie stehen und lächelte. Irgendwo in ihrem weißen Kleid befand sich ein schmaler Schlitz, in den sie soeben noch ihre Hand hineinschieben konnte. Zwischen den Fingern hielt sie einen flachen Türschlüssel.
»Gestohlen?«, fragte ich.
»Nicht direkt. Er hing an einem Haken nahe der Garderobe. Komm jetzt mit.«
Wir mussten von außen her an den Anbau heran. Ich war sehr vorsichtig. Dick wie Watte lag die Dunkelheit. Vom nahen botanischen Garten her drang das Schreien der exotischen Vögel durch die schwüle, drückende, tropenartige Luft.
Noch tobte sich das Gewitter im Westen aus. Es war fraglich, ob es überhaupt seinen Weg zu uns finden würde.
Vor der Haustür stoppten wir. Violetta machte sich am Schloss zu schaffen. Ich drehte ihr den Rücken zu und schaute in die Dunkelheit mit all ihren Pflanzen und Sträuchern, deren obere Konturen sich wie schmale Wellenkämme abzeichneten.
»Okay, John, wir können.«
Das leise Schnacken hatte auch ich nicht überhört. Lautlos drückte Violetta die Tür nach innen. Wir schlüpften hinein in die bedrückende Stille der Wohnung.
In der Nähe tickte leise eine Uhr, ansonsten hörten wir kein Geräusch. In dieser Wohnung hielt sich außer uns niemand mehr auf, da war ich mir sicher.
Den Weg in den Wohnraum kannte ich, schob Violetta zur Seite, blieb im Wohnzimmer stehen.
Meine Tasche hatte ich an der Wand abgestellt. Dort stand sie noch immer, ein dunkler Klumpen, wie
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