0641 - Geisterbahn
gewendet, um es zur Anlegestelle zu bringen. Dort hatten sich zahlreiche Zuschauer versammelt, die aus sicherer Entfernung alles beobachtet hatten und natürlich gespannt auf unseren Bericht waren.
Wayne war nass wie eine Katze, und er beschwerte sich darüber. Seine Flüche waren nicht druckreif. Suko und ich konnten ihn verstehen. Der Bootsverleiher war blass um die Nase geworden.
Obwohl wir noch nicht angelegt hatten, fing er schon an zu jammern.
»Ich habe damit nichts zu tun. Ich weiß es nicht. Ich kann nichts dafür.«
»Ist schon okay.«
Er half uns aus dem Boot. Als Erster stieg der fluchende und tropfnasse Captain Wayne aus, ich bildete den Schluss. Zusammen mit Suko zerrte ich unseren Frankenstein hervor. Captain Waynes Männer standen in der Nähe und schauten zu. Manche grinsten, nur nicht so offen, dass ihr Chef es auch mitbekam. Sie gönnten Wayne wohl das unfreiwillige Bad.
Suko und ich kümmerten uns um Frankenstein. Meine Bedenken waren nicht berechtigt gewesen.
Ich hatte keinen Menschen im Kostüm dieses Monstrums erschossen, sondern ein Wesen, das tatsächlich rein künstlich war, angetrieben durch Elektronik.
Jetzt war es zerstört. Meine Kugel hatte ein großes Loch gerissen. Suko und ich konnten nur den Kopf schütteln. Wir wussten nicht, was das bedeuten sollte.
Mein Freund hob die Schultern. Eine Geste, der ich mich anschließen konnte. Auch Captain Wayne wusste nicht, wohin der Zug fuhr.
»Da hat sich wohl jemand einen üblen Scherz erlaubt«, meinte er und räusperte sich nach einer wahren Niesexplosion.
Ich sah es anders. »Scherz, Wayne? Das glaube ich nicht. Ich habe vielmehr das Gefühl, dass wir hier den Beginn eines roten Fadens in der Hand halten, bei dem wir nicht wissen, wohin er führt.«
Wayne holte tief Luft, drehte sich um, bückte sich und wrang seine Hosenbeine aus. »Wer könnte dieses Spielzeug denn gebastelt haben?«
»Darf ich mal was sagen, Sir?«
Einer von Waynes Leuten meldete sich. Ein noch sehr junger Mann, wahrscheinlich vor einigen Tagen erst von der Polizeischule gekommen. Als sein Chef nickte, trat er mit unsicher wirkenden Schritten näher. Sein Lächeln wirkte etwas verkrampft.
»Los, reden Sie, Hiller!«
»Es ist nämlich so, Sir, ich kenne die Figur. Wirklich, ich habe sie schon gesehen.« Er nickte heftig.
Vor Aufregung war sein Kopf rot angelaufen.
»Und wo?«, fragte Suko.
»Eigentlich überall. Sie - sie gehört zu einer Serie, wenn Sie verstehen.«
»Nein.«
Hiller drehte seine Finger ineinander. »In den Kaufhäusern gibt es die Figuren. Sie sind eine Serie und nennen sich Wonder Toys. Dazu gehört nicht nur Frankenstein, auch andere Figuren zählen zu diesem Kreis. Sie können einen Dracula, die Mumie, das Phantom der Oper, Zombies und alles Mögliche kaufen…«
»Spielzeug?«, hakte Suko nach.
»So ist es.«
»Aber nicht in der Größe - oder?«
»Nein, Inspektor, das nicht. Die größten Spielzeuge sind so groß wie eine Hand. Dann müssen sie aber schon gestreckt sein und Waffen in den Händen halten.«
Ich wühlte mein Haar auf. »Und Sie sind sich dessen…«
»Ja, Sir, ich irre mich nicht. Diese Figur gibt es in Klein. Sie brauchen nur die Kaufhäuser zu durchstöbern.«
Ich nickte Suko zu. »Dann tun wir das doch.«
»Sofort?«
»Noch heute.«
Wayne schüttelte den Kopf. Er sah aus, als könnte er es nicht fassen. Dann lachte er. »Sagen Sie mal, wollen Sie tatsächlich in dieses Kaufhaus laufen?«
»Warum nicht?«
»Das ist doch Kinderkram.«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht so recht, ob das Kinderkram ist, mein Lieber. Denken Sie an die Verletzten und daran, dass Frankenstein nicht das einzige Monstrum aus dem Programm dieser Firma ist.«
Der Captain begriff. »Sie meinen, dass da noch andere mitmischen?«
»Es gibt andere Figuren. Mr. Hiller hat es uns erklärt, sie aufgezählt, beschrieben und…«
»Schon okay. Es ist Ihr Fall. Alles, was mit Horror zusammenhängt, fällt in Ihr Gebiet. Ich bin außen vor.« Er nickte und sagte dann: »Außerdem habe ich mich erkältet. Das wiederum ist eine große Schweinerei zum Quadrat.«
Der Bootsverleiher hatte zugehört und große Ohren bekommen. »Was geschieht denn mit der Figur?«, fragte er leise.
»Kann ich Ihnen nicht sagen. Wir jedenfalls nehmen sie nicht mit.«
»Dafür sorge ich schon«, sagte Wayne. »Ich werde sie in unserem Polizeimuseum ausstellen.«
»Erst mal in die Asservatenkammer«, meinte Suko, der seine Lippen zu einem Grinsen in
Weitere Kostenlose Bücher