0642 - Voodoo-Man
sagte Nicole und zeigte auf das Gebäude. »Die einzigen, die in diesem Dorf Geld haben, betreiben die Kneipe.«
»Sag das bloß nicht Mostache«, schmunzelte Zamorra in Anspielung auf den Wirt in dem kleinen Dorf unterhalb von Château Montagne an der Loire, »das steigt ihm sonst zu Kopf.«
Sie gingen langsam in das Dorf hinein, immer auf einen Angriff vorbereitet. Außer ihnen befand sich kein Mensch auf der Straße. Das einzige Lebewesen, das sie sahen, war ein Schwein in einem der Gemüsegärten.
Auf der Straße, weg von den schützenden Bäumen des Urwalds, war die Hitze fast unerträglich. Nicole stöhnte in ihrem schwarzen Lederoverall und auch Zamorra begann sich nach Schatten zu sehnen.
»Das dürfte dann wohl das Gasthaus sein, das Williams Schwester betreibt«, bemerkte Nicole. »Mehr als eines wird es hier nicht geben.«
Zielstrebig ging sie über den kleinen Platz auf das Gasthaus zu, ignorierte das »Geschlossen«-Schild und öffnete die Tür.
In der nächsten Sekunde hob sie auch schon die Hände.
Zamorra, der ein Stück zurückgeblieben war, sah die Geste und duckte sich blitzschnell hinter den Brunnen.
»Ganz ruhig«, hörte er Nicole sagen. »Ich bin allein und will eigentlich nur zu Marie Colbert.«
Die Tür wurde geschlossen, und die Stimmen verstummten. Durch ihre schnelle Reaktion hatte Nicole verhindert, daß Zamorra ebenfalls in Gefangenschaft geriet. Sie hatte ihm einen Bewegungsspielraum erkauft, den er jetzt nutzen mußte.
Er hob vorsichtig den Kopf über die steinerne Umrandung. Die Scheiben der Gaststätte waren fast blind, wahrscheinlich, um vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen. Man würde ihn also kaum von drinnen sehen können.
Zamorra lief geduckt über den Platz zu einem der kleinen Feldwege, die vermutlich zu weiter entfernt liegenden Farmen führten. Die Ausläufer des dichten Dschungels reichten bis an das Dorf heran.
Der Parapsychologe schlug sich ins Unterholz und wählte einen Platz, von dem aus er die Gaststätte im Auge behalten konnte. Es juckte ihm zwar in den Fingern, das Lokal zu stürmen und Nicole zu befreien, aber das wäre Irrsinn gewesen, da er weder wußte, wie viele Leute sich dort aufhielten, noch was sie planten. Nicole hatte nicht richtig beunruhigt geklungen, eher überrascht. Vielleicht handelte es sich ja nur um ein Mißverständnis. Außerdem, beruhigte er sich, konnte seine Gefährtin sehr gut auf sich selbst aufpassen.
Er lehnte sich zurück, um zu warten.
Und sah den Zombie!
Der ging mit roboterhaften Schritten über den kleinen Platz. Dann blieb er stehen.
Zamorra duckte sich tiefer in das Unterholz. Der Kopf des Zombies zuckte kurz nach rechts, dann nach links. Es sah fast so aus, als würde er ferngesteuert. Plötzlich setzte er sich mit einem Ruck wieder in Bewegung. Er bog in den kleinen Feldweg ein, den sich auch Zamorra ausgesucht hatte, und ging keine zwei Meter an seinem Versteck vorbei.
Zamorras Blick pendelte zwischen dem Gasthaus und dem sich langsam entfernenden Untoten. Er sah sich in einer Zwickmühle. Einerseits wollte er sich nicht zu weit von Nicole entfernen, weil er nicht wußte, ob sie seine Hilfe brauchen würde. Andererseits konnte er möglicherweise wertvolle Informationen gewinnen, wenn er dem Zombie folgte. Mit etwas Glück führte der ihn direkt zu Sinistre.
Außerdem konnte Nicole immer noch das Amulett rufen , wenn sie in Gefahr geriet.
Zamorra traf seine Entscheidung, stand auf und folgte dem Zombie in sicherer Entfernung.
***
Marie hatte aus dem Zwischenfall mit Fagan gelernt und Oliver als Wachposten hinter die Theke beordert. Im Gegensatz zu Bey traute sie ihm zu, mit der Schrotflinte etwas vorsichtiger umzugehen. Die Tür konnten sie leider nicht mehr abschließen - Fagan hatte das Schloß aufgehebelt, um in die Gaststätte zu gelangen.
Als Oliver nach ihr rief, war sie gerade damit beschäftigt gewesen, den Transport der letzten beiden Fässer zu überwachen. Sie hatte an seiner Stimme gehört, daß etwas vorgefallen war.
Marie stieg die Treppe hoch und blieb überrascht stehen. In der Mitte des Raums stand eine weiße Frau mit erhobenen Händen. Trotz der auf sie gerichteten Schrotflinte wirkte sie nicht sonderlich beunruhigt.
»Was ist passiert?« fragte Marie.
Oliver zuckte die Achseln. »Sie stürmte hier einfach 'rein. Und sie will dich sprechen.«
»Mein Name ist Nicole Duval. Sie sind also Marie Colbert. Freut mich Sie kennenzulernen.«
Nicole ließ die Hände sinken und ging
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