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0644 - Der Leichenfürst von Leipzig

0644 - Der Leichenfürst von Leipzig

Titel: 0644 - Der Leichenfürst von Leipzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kinder krank wurden. Ich drückte den Deutschen in West und Ost beide Daumen und noch mehr, dass sie es schafften!
    Ich mochte das Volk, ich verstand seine Sprache, aber an den sächsischen Dialekt musste ich mich erst gewöhnen. Er klang in meinen Ohren doch sehr fremd.
    Nicht nur diesen Dialekt hörte ich. Leipzig war auch außerhalb der berühmten Messe einen Besuch wert. Das hatten zahlreiche Westler genutzt. Man erkannte sie an ihren Autos, an der Kleidung und an den Kameras, die ununterbrochen klickten, da konnten sie es sogar mit den Japanern aufnehmen.
    Dann endlich erreichte ich den Auerbach-Keller, stand vor ihm, schaute hoch an der alten Gebäudefront und sah auch die Menschenmassen, die sich hier versammelt hatten.
    Da unten im Lokal einen Platz zu bekommen würde nicht einfach sein, das stand fest.
    Ich versuchte es trotzdem und stand schließlich in einer Szenerie, die mich an eine Bühnendekoration erinnerte.
    Decken- und Wandleuchten warfen ihr Licht auf die langen Tische, an denen die Männer und Frauen hockten, aßen, tranken, sich unterhielten, lachten und scherzten.
    Hier war was los!
    Nicht ohne Eindruck auf mich blieb auch die gewölbte Decke hoch über den Köpfen. Teilweise war sie bemalt worden, wie auch die Seitenwände. Wuchtige Malereien zwischen den breiten Intarsienarbeiten, die die Decke noch kostbarer machten.
    Dieses Lokal hatte Atmosphäre. Da hatte sich noch etwas aus der früheren Zeit gehalten. Wenn ich die Augen schloss, glaubte ich die Stimmen der Sänger aus der Oper zu hören.
    Vielleicht war ich zu sehr in einen Traum verfallen. Ein Ober stieß mich an und schaute böse.
    »Gehen Sie doch aus dem Weg!« Er sprach ein breites Sächsisch und balancierte ein Tablett.
    »Sorry, aber…«
    Da war er schon weg. Ich stand im Trubel und dachte daran, dass für mich und meinen Informanten ein Tisch reserviert war.
    Fragte sich nur wo.
    Ich schaute mich um. In einer der zahlreichen Ecken, durch den Lichteinfall einer Laternenleuchte wie eine kleine Insel wirkend, war ein quadratischer Zweiertisch tatsächlich frei gehalten worden.
    Ich drängte mich dorthin und hörte, wie andere Gäste mit dem Ober schimpften, weil sie dort nicht sitzen durften.
    Ich bückte mich und schaute auf das Schild, das in der Tischmitte stand.
    Mischke/Sinclair, las ich.
    Das war der Tisch.
    Ich setzte mich. Der Stuhl hatte eine ziemlich hohe Lehne. Seine Polsterung ließ zu wünschen übrig, aber das machte mir nichts. In diesem Lokal nahm man diese Dinge gern in Kauf.
    Der Ober kam an wie ein Geier. »Besetzt, reserviert!«
    »Ich weiß.«
    »Und?«
    »Ich bin Sinclair!«
    »Ja? Weisen Sie sich aus.«
    Das war mir auch noch nicht passiert, doch ich machte gute Miene zum bösen Spiel und zeigte ihm den Ausweis.
    »Ja, gut, dann kommt der andere noch.«
    »Ich will es hoffen.«
    Der Ober verschwand, ohne dass er eine Bestellung aufgenommen hatte. Ich dachte an Mischke, der wohl einiges zu sagen oder gute Beziehungen haben musste, dass er es schaffte, hier einen Platz zu reservieren.
    Auf ihn war ich gespannt.
    Ein anderer Ober fragte nach meiner Bestellung. Ich hatte Durst und Hunger, bestellte ein Bier und eine Bratwurst mit Sauerkraut.
    Das Bier kam zuerst. Es schäumte in einem großen Krug. Ich trank einige Schlucke und schaute dem Trubel zu, der mich umgab. Fast ein Wahnsinn. Die Menschen kamen und gingen, sie saßen, tranken, sie schwitzten, denn die Luft stand. Hinzu kam der Qualm zahlreicher Zigaretten und Zigarren. Ich ließ das Jackett an, denn ich wollte nicht unbedingt meine Beretta präsentieren.
    Der Ober schob mir den Teller mit der Bratwurst und dem Kraut vor die Nase, legte das klirrende Besteck hinzu und wünschte mir so etwas wie einen guten Appetit.
    »Danke, den werde ich haben.«
    Dann hetzte er zum Nebentisch, weil dort jemand zahlen wollte. Ich aß die Wurst, das Kraut, war damit beschäftigt und schaute erst auf, als ein Schatten über den Tisch und die Mahlzeit fiel.
    Das war Erwin Mischke!
    »Essen Sie ruhig weiter«, sagte er zur Begrüßung. »Wer weiß, ob das nicht die letzte Mahlzeit in Ihrem Leben ist.«
    »Danke, Sie können einem Mut machen.«
    »Ja, das gehört dazu.«
    Der Senf schmeckte mir nicht besonders. Beim letzten Stück Bratwurst schaute ich Mischke kauend an.
    Er war kleiner als ich, hatte schwarzes Haar, ein schmales Gesicht, flinke, dunkle Augen und Lippen, die aussahen, als wären zwei Messerrücken aufeinander gelegt worden, so schmal. Das dünne Haar wuchs

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