0645 - Das Teufels-Denkmal
dem Lachen nicht mehr.« Der Mann breitete die Arme aus. Er sprach leise. »Sie belauern uns. Die Mächte der Finsternis sind in der Nähe. Einmal habe ich den Schatten gesehen, der über das Lager hinweghuschte…« Er ließ seine Worte versickern und schaute mich an.
»Wann war das?«
»Vor Minuten.«
»Und wo genau?«
»Er tanzte in der Nähe des Wagens, aus dem ihr gekommen seid. Er beobachtete.«
Ich nickte und schaute auf das Gefäß. Nur gut, dass niemand meine Gedanken erriet, denn ich befand mich in einer echten Zwickmühle. Mit dem geweihten Wasser hatte der Sippenführer den Ort des Bösen angreifen wollen. Der aber befand sich nicht hier im Lager, sondern auf dem bestimmten Hügel weiter entfernt. Wenn ich hinging, ließ ich die Menschen schutzlos zurück, praktisch als Beute für den Schatten.
Wie sollte ich mich entscheiden?
Jetzt hätte ich gern Suko bei mir gehabt, dann hätten wir uns die Arbeit teilen können.
»Mitternacht«, sagte jemand vom Feuer her.
Eine andere Stimme flüsterte. »Die Geisterstunde…«
Genau jetzt passierte es.
Plötzlich loderte das Feuer wild und hoch auf. Eine gewaltige Flammenwand erschien, die sich blitzschnell ausbreitete und die Menschen aus der Nähe des Feuers vertrieb.
Schreiend warfen sie sich zurück, sie flüchteten. Ich aber rannte vor, denn aus dem Zentrum der Flammen war etwas hervorgeschossen. Lang, schmal und dabei wild tanzend.
Der Schatten!
***
Suko hatte Julias Frage sehr wohl verstanden. Eine Antwort konnte er ihr nicht geben, weil er selbst nicht wusste, welch eine starke Magie in diesem Ort steckte.
Die drei konzentrierten sich allein auf das Gesicht, in das der Inspektor direkt hineinstrahlte. Es war eine widerliche Fratze, gezeichnet mit den Zügen der Hölle, obwohl dieses Gesicht trotzdem menschliche Umrisse hatte.
Aber da wuchsen die Hörner aus der Stirn, da war das vorgeschobene Maul, schon kein Mund mehr, das auch etwas offen stand und ein schreckliches Gebiss sehen ließ.
Suko nickte. »Baphomet«, sagte er leise. »Eine perfekte Abbildung des Dämons Baphomet. Ein Stück Teufel oder Hölle, ein Drittel furchtbares Grauen.«
»Du kennst ihn?«, fragte Julia.
»Ja, er gehört zu unseren Todfeinden. Aber wer ihn hier in diesen Baumstamm hineingeschnitzt hat, muss ihn ebenfalls gekannt haben. Wahrscheinlich war dieser Künstler ein Diener von ihm.«
»Wie van Akkeren, nicht?«
»Genau, Harry.«
»Ich verstehe das alles nicht!«, flüsterte Julia. »Ich - ich habe nur Angst bekommen. Es ist eine schreckliche Furcht in mir, die plötzlich da war, sich ausbreitete und immer höher stieg. Ich habe das Gefühl, als wollte sie mein Herz umklammern. Das ist kein Witz. Hier geht etwas vor, das ich nicht erklären kann. Oder soll ich von einer Ausstrahlung des Bösen sprechen?«
»Da liegst du nicht falsch«, erklärte Suko. »Dieser Ort hier ist tatsächlich verflucht.«
Julia drehte sich auf der Stelle und legte den Kopf zurück. Sie sprach gegen den Himmel. »Wäre ich doch nur nicht gekommen, wäre ich doch am Zug geblieben…«
Suko winkte ab. »Egal, du musst dich fügen, was immer auch geschehen mag. Oder du gehst zurück.«
»Nein, nein«, sagte sie schnell. »Das mache ich nicht. Ich - ich habe Angst davor, allein durch die Nacht zu laufen. Versteht ihr das? Ich würde kaum gehen können.«
»Klar.« Harry zog sie an sich. »Sie bleiben am besten in unserer Nähe. Auf Suko ist Verlass, das können Sie mir glauben. Irgendwas müssen wir ja unternehmen - oder?«
Das letzte Wort galt Suko, der sich dagegen auch nicht sträubte. »Du hast Recht, Harry. Wir werden etwas tun.«
»Und was, bitte? Willst du diesen alten Stamm oder was immer es auch ist, zerstören?«
»So ungefähr.«
»Abhacken?«
»Das würde kaum etwas nützen. Wir müssen diese hässliche Gestalt bekämpfen.«
»Geht das denn?«, fragte Julia. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass man ein Schnitzwerk bekämpft…«
»Wenn es nur ein Schnitzwerk ist, sicherlich nicht. Aber hier habe ich einen anderen Verdacht.«
»Welchen?«
»Dass er lebt!«
Mit dieser Antwort hatte Suko nicht nur Julia geschockt, auch Kommissar Stahl wollte es kaum glauben. »Das ist verrückt«, sagte er.
Suko drehte sich um. »Ich weiß nicht, ob ich hundertprozentig Recht habe, aber ich muss von Erfahrungswerten ausgehen, und diese sagen mir, dass wir kein normales Schnitzwerk vor uns haben, verlass dich darauf.«
»Das ist mir zu hoch.«
»Ich weiß, ich kann euch
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