0646 - Monster auf Malta
Tor blockiert. Aber plötzlich war das Dreiköpfige verschwunden. Es mußte noch einen anderen Ausgang kennen!
Einen, von dem die anderen nichts wußten.
Warum hatte das Dreiköpfige ihnen diesen Ausgang verschwiegen?
Sie begannen zu überlegen, soweit ihre geringe Gehirnkapazität es zuließ. Waren sie verraten worden? War das Dreiköpfige gar nicht ihr Freund und Beschützer, sondern vielleicht eher ihr Feind? Hatte es sich nicht viel zu leicht dem rothaarigen menschenähnlichen Wesen unterworfen? Und auch sie alle damit unter dessen Herrschaft gestellt?
Reichte es nicht, daß die alten Götter nie zurückkehrten? Daß alles anders war als einst, nach dem langen Schlaf?
Mußte es jetzt auch noch zu einem solchen Verrat kommen?
Es begann zu brodeln.
Sie wollten Beute.
Sie wollten jagen, nicht gejagt werden.
Es war nicht richtig, daß eines von ihnen erschlagen wurde, statt daß sie Menschenwesen erschlugen.
Sie fühlten sich im Stich gelassen. Und sie waren gar nicht mehr sicher, ob sie dem Dreiköpfigen gegenüber weiterhin loyal sein durften.
War es ein Verräter, mußten sie es töten.
Seinen Führungsanspruch hatte es verspielt.
***
Die Rothaarige fuhr herum. Undeutlich erkannte sie das Dreiköpfige neben sich in der Dunkelheit. Lautlos hatte es sich ihr genähert - oder im Dunkeln auf sie gewartet!
Beides war nicht gut.
Und - hatte es nicht eben gesprochen?
»Ich habe es fortgeschafft«, hatte es gesagt!
Die Rothaarige starrte das Dreiköpfige an. »Du kannst sprechen?«
Das Monster schwieg.
Sie begann zu zweifeln. Konnte eine Kreatur wie diese wirklich sprechen? War es nicht eher eine Illusion gewesen? Spielte ihr Unterbewußtsein ihr einen Streich?
»Hast du etwas gesagt?« hakte sie nach.
Das Dreiköpfige schwieg immer noch.
»Fortgeschafft«, murmelte sie. »Wohin? - Wohin hast du es gebracht?«
Aber das Monster reagierte nicht.
Ein anderer Gedanke kam ihr. »Wie bist du überhaupt hierher gekommen? Der Durchgang ist versperrt. Warst du nicht bei den anderen?«
Sie setzte Magie ein, um den Druck ihrer Frage zu verstärken. Sie versuchte Erinnerungsbilder des Monsters zu erfassen. Die Bilder waren seltsam verwaschen, aber das kannte sie schon. So war es immer, wenn das Dreiköpfige sich besonders stark gegen sie wehrte. Wie das Monster das unterirdische Lager verlassen hatte, konnte sie nicht deutlich erkennen, aber es schien dort gewesen zu sein, um danach erst wieder ins Freie zu gelangen. Gab es einen zweiten Ausgang, von dem selbst sie nichts wußte?
»Zeige mir den zweiten Ausgang!« drängte sie. »Und zeige mir, wohin du das tote Monster geschafft hast!«
Das Dreiköpfige zögerte.
Es schien ernsthaft zu überlegen, ob es den Befehlen nachkommen sollte oder nicht.
»Du wirst mir gehorchen!« schrie die Rothaarige.
Und das Dreiköpfige gehorchte. Es zeigte der Rothaarigen, wohin es den toten Artgenossen geschafft hatte, damit Menschenwesen ihn nicht mehr finden konnten. Und es zeigte ihr den zweiten Zugang in die Tiefe.
Sie war bestürzt.
Warum hatte sie nie etwas davon gewußt? Ausgerechnet sie, die…
... einmal eine Hohepriesterin gewesen war, ehe sie sich zu einer Göttin erhöht hatte ...
***
Am späten Vormittag des folgenden Tages nahm Nicole Duval das Zimmertelefon in Beschlag, um von dort aus nach einem Labor zu suchen, das die von Zamorra aufgenommenen Blutreste untersuchen konnte. Beim siebzehnten Versuch wurde sie fündig, nur ein paar Kilometer entfernt gab es eine Möglichkeit. Es war das private Mini-Labor eines gewissen Dr. Gosip Augustino.
Auf das Frühstück im Hotel mußten sie verzichten. Das zählte sich zwar zur gehobenen Klasse, aber das Personal schien nicht in der Lage zu sein, nach neun Uhr vormittags noch Frühstück bereitzuhalten. Daß die Nacht für die beiden Gäste noch lang geworden war und sie deshalb erst spät aus den Federn kamen, spielte dabei keine Rolle.
Vielleicht aber, daß sie nicht miteinander verheiratet waren und dennoch ein gemeinsames Zimmer nutzten.
Das hatte man ihnen zwar gegeben, aber vielleicht war die Verweigerung des zusätzlichen Service ein dezenter Hinweis darauf, daß man solcherlei unkeusches Ansinnen auf Malta nicht guthieß. Zumal der Zimmerkellner von gestern abend das, was er gesehen und als höchst sündhaftes Treiben gedeutet hatte, flugs bei allen erreichbaren Kollegen verbreitet haben mußte.
Zamorra nahm stirnrunzelnd zur Kenntnis, daß es kein Frühstück mehr gab, und wies darauf hin, die
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