065 - Überfallkommando
Sacharin in dem Wagen war.«
»In dem Wagen?« fragte sie überrascht.
Er nickte schnell.
»Es sind noch ein paar Fächer da ... wenn Sie danach gefragt werden ... Sie wissen nichts. Verstanden?«
»Was wird denn passieren?«
Er zuckte die Schultern, um auszudrücken, daß er das nicht voraussagen könne.
»Ich weiß es nicht. Ich kann heute noch keinen Verteidiger für Sie engagieren - das kann ich erst tun, wenn Sie in Untersuchungshaft kommen.«
Sie starrte ihn an.
»Wollen Sie damit sagen, daß ich noch eine ganze Woche im Gefängnis festgehalten werde?«
Durther vermied ihren Blick.
»Alles möglich. Wir wollen versuchen, Bürgschaft für Sie zu stellen ... Es wird alles getan, was nur getan werden kann ... die Polizei muß auf alle Fälle den Antrag stellen, Sie in Untersuchungshaft zurückzubehalten, besonders, wenn die Ware gefunden worden ist. Gefängnis ist gar nicht so schlimm ... daran haben Sie sich bald gewöhnt.«
Ann Ferryman fühlte, wie ihr Mut sank. An das Gefängnis würde sie sich nie gewöhnen können. Bei dieser Aussicht dachte sie an Bradley und haßte ihn mehr als je.
»Wie war denn das - Sacharin verpackt?«
Er beschrieb es ihr.
»Und wieviel Päckchen waren denn dort?«
»Zwölf - sie lagen in einem Geheimfach hinter einer der Türen. Mr. McGill sagt, Sie müßten vor allem abstreiten, daß Sie irgend etwas darüber wüßten.«
Ein langes Schweigen folgte.
»Was enthielten die Päckchen?«
»Sacharin, meine liebe Miss Ferryman - nichts anderes als Sacharin«, beteuerte Mr. Durther.
»Was kann mir denn im schlimmsten Fall zustoßen? Ich meine, wenn man das Sacharin gefunden hat?«
Der Rechtsanwalt zuckte wieder die Schultern. Es war nicht leicht, auf diese Frage eine Antwort zu finden. Er wußte allerdings sehr gut, welche Strafe sie bekommen würde!
»Kommt man wegen Schmuggelns ins Gefängnis?«
»Nicht, wenn man das erste Mal gefaßt wird. Wahrscheinlich bekommen Sie eine Strafe von etwa hundert Pfund, die Mark McGill natürlich sehr gerne für Sie bezahlen wird.«
Er fühlte sich erleichtert, daß sie diese harmlosen Fragen stellte, und sie wunderte sich, daß er plötzlich so gesprächig wurde. Sie konnte ja nicht vermuten, daß Mr. Durther nicht an die Folgen denken wollte, die der Fund des Kokains nach sich ziehen mußte.
Alle Leute von Lady's Stairs schienen heute hier zu sein. Ann sah die große, majestätische Gestalt eines Mannes, der eben in eine Zelle gebracht wurde. Offenbar war Mr. Sedeman auch mit der Polizei in Konflikt geraten. Ann mußte erst über ihre Entdeckung lächeln, aber als sich die Zellentür wieder hinter ihr geschlossen hatte, wurde sie ernst.
Sie fühlte keine Furcht, aber nun kam ihr die ganze Schwere ihrer Situation zum Bewußtsein. Die Zelle mit den kahlen Wänden und die häßliche Bank weckten quälende Vorstellungen in ihr. Auch Ronnie hatte in einer solchen Zelle gesessen, und das grauenhafte Leben im Gefängnis war ihm vertraut gewesen.
Die alte Wärterin brachte ihr etwas Kaffee und zwei dicke Butterbrotschnitten. Ann war sehr froh darüber; erst jetzt kam ihr zum Bewußtsein, wie ausgehungert sie war. Als sie ihr Frühstück beendet hatte, öffnete sich die Tür wieder, und die alte Frau forderte sie auf, ihr zu folgen.
Ein Mann stand am Fenster des kleinen Raums, in den sie gebracht wurde. Er drehte ihr den Rücken zu und starrte auf den Hof hinaus. Als sich die Tür aber weiter öffnete, wandte er sich um, und sie sah sich Bradley gegenüber. Ihr erster Gedanke war, das Zimmer sofort wieder zu verlassen, aber die Wärterin stand mitten in der Tür und machte dieses Vorhaben unmöglich.
Er sah müde, übernächtig und hager aus und hatte etwas von seinem vorteilhaften Aussehen verloren.
»Guten Morgen«, begann er. Seine Stimme klang hart und entschlossen. Er trat ihr jetzt als Polizeibeamter und nicht als Freund gegenüber.
Sie antwortete ihm nicht, sondern stand steif vor ihm, die Hände hatte sie auf den Rücken gelegt.
Er schaute an ihr vorbei.
»Sie können gehen«, sagte er zu der Wärterin. »Warten Sie draußen - ich habe etwas mit Miss Ferryman zu besprechen.«
Die alte Frau entfernte sich.
»Meine junge Freundin, Sie befinden sich in einer sehr ernsten Lage. Zu Ihren Gunsten nehme ich an, daß Sie nicht wußten, was Sie taten.«
Er sprach nicht mehr in dem alten, leichten Unterhaltungston mit ihr, seine Stimme war ernst, aber nicht unfreundlich. Das wurde ihr sogar klar, obgleich ihre Empörung gegen ihn
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