0650 - Bestien in New York
wollte, wie es die Layton tat.
Nadine konnte auch verstehen, dass man sie gefesselt ließ. Wenn sie über Bord sprang, bestand die Möglichkeit, eine der zahlreichen Inseln anzuschwimmen. Da war es aus der Sicht der Layton schon besser, sie unter Kontrolle zu haben.
Das Schiff pflügte durch die Wellen. Nadine lag rücklings auf den Decksplanken und dachte daran, dass immer mehr Zeit verstrich. Die Werwölfe ließen sich nicht blicken. Auch rechnete Nadine damit, dass Morgana Layton das Schiff lenkte. Das traute sie ihr ohne weiteres zu.
Die ehemalige Wölfin dachte nicht allein über ihr Schicksal nach, auch über John Sinclairs. Beide waren sie von der Layton reingelegt worden. An Schläue, Raffinesse und Brutalität war diese Person kaum zu überbieten und sie handelte stets im Auftrag eines Höheren, eines Wesens, das Fenris hieß.
Würde es John überhaupt gelingen, die Spur zu finden? Das war die große Frage. Viel Hoffnung machte sie sich nicht. Es gab einfach zu wenig Spuren, zudem drängte die Zeit, denn die Layton würde Nadine nicht ewig am Leben lassen.
Sie kam wieder. Wie eine Königin schritt sie über das Deck, den Kopf erhoben, das blasse Gesicht dem Mondlicht zugewandt, ohne sich dabei zu verwandeln.
Ihr Lächeln schien wie festgefroren zu sein. Mit einer schwingenden Bewegung glitt sie neben Nadine auf die Knie. Ihre kalten Augen schauten direkt in das Gesicht der Frau.
Nadine wich dem Blick nicht aus. Sie fühlte sich trotz allem innerlich stark genug.
»Na, was denkst du, Verräterin?«
»Nichts. Was soll ich denken?«
»Zum Beispiel über dein Schicksal.«
»Ich kann es nicht ändern, tut mir Leid.«
»Doch, das kannst du.« Sie streckte die Beine aus. »Wie wäre es, wenn du wieder zurückkehrst in die Welt, aus der du gekommen bist? Ist das ein Vorschlag?«
Nadine war perplex. »Was soll ich? Soll ich tatsächlich wieder zu einer Wölfin werden?«
»Ja, Nadine, aber zu einer echten.«
»Nein.« Diese Antwort schleuderte Nadine der Person entgegen. Sie war ehrlich gemeint.
Die Layton ließ sich davon nicht erschüttern. »Entscheide dich nur nicht zu schnell, Nadine.«
»Doch. Ich habe mich längst entschieden. Ich kann dieses Leben nicht mehr führen, das ja kein Leben ist. Es ist nicht mehr als ein Dahinvegetieren. Ich habe wieder gespürt, was es heißt, ein Mensch sein zu dürfen. Niemals kehre ich zurück in die Welt des Schreckens. Niemals, Morgana.«
»Ist es dir denn so schlecht ergangen?«
»Ja, ich habe Schlimmes durchgemacht und ich bin froh, dass ich mich als Mensch nicht mehr an alles erinnern kann, sonst wäre ich innerlich zerbrochen.«
Morgana hatte zugehört und hingeschaut. Auch Nadine wandte ihren Blick nicht ab und sie fand heraus, dass sie in dem Gesicht der Werwölfin etwas störte.
Sie wusste nicht, was es war, aber das Misstrauen blieb bei ihr wie ein ständiger Begleiter. Diese Person wusste mehr, als sie Nadine gegenüber zugab. Als könnte sie in die Zukunft schauen und dort das Schicksal der Gefangenen ablesen.
»Es wäre wirklich besser für dich, wenn du dich auf unsere Seite schlagen würdest, Nadine.«
»Um zur Bestie zu werden?«
»Zu meiner Partnerin.«
»Nein danke. Ich wüsste nicht, was mir Schlimmeres passieren könnte, als in diesen gefährlichen Zustand zurückzukehren. Da hast du dich geirrt, Morgana.«
»Dann hast du zu wenig Fantasie, mein Kind.«
»Was heißt das denn wieder?«
Die Layton nickte sehr bedächtig. »Ich will dir sagen, dass es weitaus schlimmere Zustände gibt als der eines Werwolfs. Aber das spielt keine Rolle mehr, du hast dich ja entschieden. Dann wird alles so laufen, wie wir es vorgesehen haben.« Mit einer geschmeidigen Bewegung stand die Layton auf.
Sie lief hastig weg und gab ein paar Befehle.
Sehr bald schon nahm das Schiff mehr Fahrt auf. Das jedoch registrierte Nadine Berger nur am Rande. Ihr rauschten ganz andere Dinge durch den Kopf.
Morgana Laytons Erklärungen hatten sie mehr beunruhigt, als sie zugeben wollte. Der Vorschlag, sich auf ihre Seite zu stellen, konnte von Nadine nicht akzeptiert werden. Gab es tatsächlich noch etwas Schlimmeres, als ein Werwolf zu sein?
Darüber dachte sie intensiv nach. Zu einem Ergebnis kam sie nicht, weil ihre Fantasie einfach nicht ausreichte. Den Tod klammerte sie dabei aus, weil er ihr nicht so grausam vorkam wie das Schicksal, als Monster durch die Gegend zu laufen.
Das war schon alles verdammt schlimm.
Die Wellen hatten einen gewaltigen Teppich
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