0650 - Seelenfeuer
Kopf.
»Ich kann mich nicht erinnern, jemals hier gewesen zu sein. Wieso sind wir hier gelandet und nicht im Château Montagne? Was zum Teufel ist jetzt schon wieder schief gegangen? Erst der Kristallplanet und die Vergangenheit, jetzt das hier…«
»Vielleicht hat es uns diesmal in die Zukunft verschlagen«, spekulierte Zamorra, ohne es wirklich ernst zu nehmen. »In eine Zeit, in der es unser Château hier nicht mehr gibt, und in der nicht einmal mehr etwas von der Loire zu erkennen ist… ach, vergiß es.« Er winkte ab.
Die Umgebung war wesentlich felsiger, zerklüfteter. Wenn das hier wirklich das südliche Loire-Tal war, dann mußten Jahrmillionen vergangen sein, um die Landschaft dermaßen umzugestalten, Es war kühl, der Himmel wolkenverhangen. Zamorra sah sich nach den Regenbogenblumen um. Wenigstens waren die noch in erreichbarer Nähe; es gab also einen Weg wieder fort von hier.
»Monument Valley«, sagte Nicole plötzlich.
Zamorra fuhr herum. »Was?«
»Diese Landschaft erinnert mich an das Monument Valley«, erklärte sie. »Diese malerischen, wilden Steinformationen, diese ausgewaschenen oder vom Wind abgefeilten und geformten Steinkolosse oder Torbögen… permanent bestaunt von Hekatomben von Terroristen… äh, pardon, Touristen… Ich könnte schwören, daß wir uns genau in diesem fantastischen Landstrich befinden. Bloß die Busse mit den Ter… den Touristen fehlen.«
»Hoffentlich werden wir hier jetzt nicht zu Erroristen«, brummte Zamorra.
»Fang jetzt bloß nicht an, mit deinen Latein-Kenntnissen zu protzen«, wehrte Nicole ab. »Errare humanum est, und so… Irre sind auch Menschen, oder wie das heißt…«
»Errare humus est«, konterte Zamorra. »Irren ist scheiße.«
Sie grinste ihn an. »Du kannst das ja viel universitätlicher als jedes Übersetzungsprogramm für Computer!«
»Ich war eben auf 'ner Hochschule. Etwa drei Stockwerke hoch«, grinste der Professor zurück. Aber sie wurden beide rasch wieder ernst. Das Geplänkel half ihnen nicht dabei, exakt herauszufinden, wo und vor allem wann sie angekommen waren.
Zamorras Amulett machte sich bemerkbar.
Es erwärmte sich! Zugleich begann es zu vibrieren. Beide Signale wiesen auf Schwarze Magie hin.
Und das nicht zu knapp.
Vibrieren und Erwärmung wurden sehr rasch stärker. Viel zu rasch! Die Schwarze Magie, die das Amulett in unmittelbarer Nähe registrierte, mußte entweder innerhalb weniger Augenblicke aus dem Nichts aufgetaucht und superstark geworden sein, oder es näherte sich ihnen mit einer schier unglaublichen Geschwindigkeit.
Das Böse raste heran!
Es hatte die beiden Menschen als Ziel erwählt!
Zamorra reagierte instinktiv.
»Wir müssen hier weg!« stieß er hervor. »Schnell!«
Er faßte nach Nicoles Arm, wollte sie mit sich reißen und wieder zwischen den Regenbogenblumen verschwinden. Ganz gleich wohin - nur fort von hier, fort von der Gefahr, die er nicht einschätzen konnte, nur kam ihm diese schwarzmagische Präsenz unheimlich vor mit ihrer unwahrscheinlichen Geschwindigkeit, in der sie sich den beiden Menschen näherte.
Unter anderen Umständen hätte er sich dieser Bedrohung sicher gestellt, schon allein, um sie aus der Welt zu schaffen.
Aber diese Präsenz machte ihm Angst!
Und da war Feuer!
Von einem Moment zum anderen loderte es heran.
Faßte nach den beiden Menschen.
Erreichte Zamorra!
Er schrie auf.
Blitzschnell fraß das Feuer sich in ihn hinein.
Es war nicht körperlich. Es griff nicht seinen Körper an, um ihn zu verbrennen. Es griff nach seiner Seele.
Und dagegen konnte er sich nicht wehren!
Er fand keine Möglichkeit, dieses Feuer zu löschen!
Selbst das Amulett versagte in diesem Fall! Es war nicht in der Lage, dieses Feuer zu bekämpfen. Es war auch nicht in der Lage gewesen, Zamorra und Nicole dagegen zu schützen!
So schnell die Feuermagie auch heranraste - das Amulett hätte in seiner Reaktion schneller sein müssen, hätte das grün leuchtende Schutzfeld erzeugen müssen, das Zamorra und auch Nicole in sich eingehüllt hätte, um die fremde Magie abzuwehren.
Aber dieses Schutzfeld entstand nicht.
Das Amulett reagierte überhaupt nicht!
Das Feuer setzte Zamorras Seele in Brand.
Nur wenige Sekunden später war auch Nicole an der Reihe.
Der in ihr explodierende Schmerz raubte ihr fast die Besinnung. Sie versuchte dagegen anzukämpfen. Aber das Feuer war unbesiegbar. Innerhalb weniger Sekunden füllte es ihr ganzes Inneres aus.
Sie schrie, sie tobte, schlug um sich.
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