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0654 - Das Mondgehirn denkt anders

Titel: 0654 - Das Mondgehirn denkt anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sich der sogenannten Löschzentrale bis zur Sicherheitszone Gelb ungehindert nähern konnten.
    Als draußen wieder Stille eintrat, hörte ich Rorvic mit Plastikfolie rascheln. Offenbar packte er eine Ration Konzentratwürfel aus, dieser Schlemmer. Nach einer Weile hörte ich sein geräuschvolles Kauen und schloß angewidert die Augen, obwohl ich sowieso nichts sehen konnte.
    So verging ungefähr eine Viertelstunde, dann hörten die Kaugeräusche auf. Dalaimoc Rorvic seufzte wohlig und streckte die Beine aus, wobei er mich unsanft ans Schienbein trat. Ich verbiß mir den Schmerz, ohne ein Wort zu sagen.
    Es war der Tibeter, der als erster die Stille brach.
    „Der HtV-Block ist montiert", sagte er mit monotoner Stimme.
    Ich wurde wieder daran erinnert, daß Rorvic über zahlreiche Parafähigkeiten verfügte, die er noch immer teilweise vor uns verborgen hielt.
    „Dann können wir ja aussteigen", flüsterte ich.
    „Eigentlich fühle ich mich hier ganz wohl", meinte Rorvic. „Ich sehe gar nicht ein, daß man immer eine kreatürliche Aktivität entfalten soll, um einen Auftrag zu erfüllen. Das Wesentliche am Menschen ist doch sein Geist, und der kann spazieren gehen, ohne daß die Extremitäten bewegt werden."
    „Ich weiß nicht, ob Lordadmiral Atlan begeistert sein würde, wenn er Ihre Ansicht hörte", erwiderte ich. „Ich für meine Person jedenfalls halte mich an die Befehle, und die sind klar und eindeutig."
    „Es sind immer die Kleinmütigen, die sich an Befehle klammern", erklärte der Tibeter. „Aber ich will Sie nicht hindern, das zu tun, was Sie für Ihre Pflicht halten, Tatcher. Gehen Sie ruhig."
    „Das werde ich auch", sagte ich.
    Ich nahm die Tasche mit meinem Einsatzgepäck, tastete nach dem inneren Verschluß der Ynkenit-Kugel und wartete, bis sich das Luk geöffnet hatte. Dann zwängte ich mich hinaus und betrat das Labyrinth des Kunststoffskeletts und der daran befestigten Funktionsblöcke.
    Zuerst war es auch hier dunkel, aber je weiter ich nach außen kam, desto mehr hellte sich die Finsternis auf. Schließlich zwängte ich mich durch die letzte Strecke des Labyrinths und schloß die Augen, als helles bläuliches Licht mich blendete.
    Nach einer Weile hatten sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt, so daß ich sie ganz öffnen und mich umschauen konnte.
    Ich stand an einer Öffnung unseres HtV-Blocks und blickte auf ein scheinbar sinnloses Gewirr anderer HtV-Blöcke, die in silbrig schimmernden Tragegerüsten hingen, ähnlich wie die Funktionsblöcke eines HtV-Blocks, nur daß hier ganz andere Dimensionen herrschten.
    Ein stetiges schwaches Summen erfüllte die Luft. Es war, als stünde ich in einem riesigen Saal voller Menschen, die alle ununterbrochen miteinander flüsterten.
    Und so ähnlich verhielt es sich ja auch, nur, daß hier keine Menschen miteinander flüsterten, sondern statt dessen ein ununterbrochener Informationsstrom zwischen der Bionik und der Positronik herüber und hinüber floß.
    Die Anlage, in der ich mich befand, war der Verbindungsteil, das kittende Element zwischen den beiden so verschiedenen Hauptelementen Nathans. In kleineren Biopositroniken erfüllten Bioponblöcke die Aufgabe, die hier von zahllosen riesigen Hypertoyktischen Verzahnungsblöcken wahrgenommen wurde.
    Ich fragte mich, ob ich von dem Anblick beeindruckt sei, und mußte es verneinen. Gewiß, Nathan stellte eine großartige Leistung terranischer Wissenschaft und Technik dar, aber durch ihn wurde die Menschheit auch von einem weiteren Faktor abhängig.
    Und irgendwie spürte ich, daß nicht nur die Menschheit eine neue Abhängigkeit erfuhr, sondern in direkterem Maße jenes Wesen, das sich mit der Gesamtheit Nathans identifizierte.
    Seufzend hängte ich mir die Tasche mit dem Einsatzgepäck an dem breiten Tragriemen über die Schulter und stieg Hand über Fuß ab. Der Boden war ungefähr hundert Meter unter mir, und wenn ich mich nicht vorsah, stürzte ich. Nicht, daß ich mich zu Tode stürzen konnte, ich brauchte ja nur den Antigrav meines Tornisteraggregats einzuschalten, doch würden Nathans hochempfindliche Sensoren die energetische Streustrahlung des Geräts sofort anmessen.
    Aber ich hatte die Rechnung ohne die Inpotronik gemacht, denn der Boden war noch etwa zwanzig Meter von meinen Füßen entfernt, als eine metallisch klirrende Stimme sagte: „Wer bist du?"
    Ich drehte mich unwillkürlich um und suchte mit den Augen nach dem Sprecher, bis mir einfiel, daß nur Nathan zu mir gesprochen haben

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