0654 - Das Mondgehirn denkt anders
angekommen waren.
Diese Heimlichtuerei erfolgte nicht in erster Linie, um bei Nathan keinen Verdacht zu erregen. Das Riesengehirn würde ja doch früher oder später Verdacht schöpfen. Nein, die Kerntruppe der Aktion Datakill wurde deshalb unter ausgeklügelten Vorsichtsmaßnahmen in die Inpotronik gebracht, damit die Laren nichts davon bemerkten.
Die Fremden bewegten sich nicht nur auf der Erde, sondern auch auf Luna so zwanglos, als gehörte das Solsystem ihnen.
Sie griffen zwar nicht in den Lebensablauf der solaren Menschheit ein; sondern benahmen sich eher zurückhaltend und höflich, wenn auch ein wenig herablassend, aber sie hatten ihre Augen und Ohren überall und registrierten alles.
Und es waren ja nicht nur die Laren selbst, die alles überwachten und Ausschau nach allem Verdächtigen hielten.
Nein, vor allem die sogenannten Hetos-Inspektoren, Menschen, die von den Laren ausgewählt und auf ihre besonderen Aufgaben „programmiert" waren, machten uns zu schaffen. Diejenigen von ihnen, die sich aus Geltungssucht inzwischen offen zu erkennen gegeben hatten, stellten kein großes Problem mehr dar. Doch diejenigen, die weiterhin unerkannt für die Laren spionierten, konnten gefährlich werden. Zweifellos gab es auch in den Reihen der Solaren Abwehr sowie unter dem lunaren Wachpersonal Hetos-Inspektoren. Sie durften nicht erfahren, daß Atlan mit einem kleinen Haufen entschlossener Spezialisten dabei war, die lunare Inpotronik allen Wissensguts zu berauben.
Endlich fand ich in meinem Einsatzgepäck, was ich gesucht hatte, meine alte, zerbeulte Kaffeekanne. Ich kroch näher an Rorvic heran, hob die Kanne und schmetterte sie dem Scheusal auf den Schädel - oder zumindest dorthin, wo das Schnarchgeräusch den Schädel vermuten ließ.
Zu meinem Erstaunen gab es nicht die bekannte Hohlraumresonanz, sondern einen dumpf platschenden Laut, als hätte jemand einen tonnenschweren Stahlwürfel aus dreieinhalb Metern Höhe in einen Riesenbottich voll dicken Synthobrei fallen lassen.
Das Schnarchen brach ab.
„Fliegen", murmelte Dalaimoc Rorvic verschlafen, „elefantengroße Fliegen!"
Ich verhielt mich still und versuchte, die Kanne lautlos wieder in meinem Gepäck zu verstauen. Leider stieß ich dabei gegen einen anderen metallenen Gegenstand. Es klirrte leise.
„Wer ist da?" fragte der Tibeter.
„Ich", antwortete ich.
„Wer ist ,ich'?" fragte Rorvic verärgert. „Ach, Sie, Tatcher! Was haben Sie denn in meiner Koje zu suchen? Und was war das für ein Erdbeben, bei dem mir die Zimmerdecke auf den Kopf gefallen ist?"
Mir kam ein rettender Einfall.
„Das war kein Erdbeben, Sir", sagte ich. „Man hat unseren Container nur etwas hart abgesetzt. Dabei sind ein paar Gepäckstücke herumgeflogen."
„Aha!" machte Rorvic. „Und ich dachte schon, mir wäre ein Elefant versehentlich aufs rechte Auge getreten. Es fühlt sich an wie eine Schüssel Hirsebrei."
Er stockte, dann holte er tief Luft.
„Wollen Sie behaupten, wir befänden uns schon auf dem Mond, Tatcher?" erkundigte er sich.
„Im Mond, Sir", antwortete ich. „Wahrscheinlich werden wir bereits in die Eingeweide von Nathan transportiert. Es dürfte deshalb ratsam sein, sich absolut still zu verhalten, Sir. Nathans Sensoren könnten uns sonst orten."
„Warum reden Sie dann dauernd, Sie marsianische Grashüpferlaus!" schimpfte der Tibeter.
„Auf dem Mars hat es niemals Grashüpfer gegeben, Sir", korrigierte ich ihn. „Folglich hat es dort auch keine Grashüpferläuse gegeben."
„Hören Sie schon auf mit Ihren Spitzfindigkeiten!" schimpfte Dalaimoc Rorvic. „Wenn Nathan so etwas hört, dreht er durch."
Einige harte Schläge ließen unseren Container erzittern.
Wahrscheinlich wurden die Kunststoffplatten der Umhüllung entfernt. Das brauchte uns nicht zu stören, da Rorvic und ich sowohl menschlichen Augen als auch elektronischen Sensoren innerhalb der Ynkenit-Hohlkugel verborgen waren, die ihrerseits in dem Dschungel aus Kunststoffskeletteilen und Funktionsblöcken eines Hypertoyktischen Verzahnungsblocks verborgen war.
Der HtV-Block war zusammen mit anderen Großteilen auf dem üblichen Wege zur Inpotronik gebracht worden. Da Nathan ständig verbessert und vergrößert wurde, konnte das eigentlich nicht auffallen!. Atlan, die beiden Oxtorner sowie die Mutanten unserer Einsatzgruppe wollten allerdings getrennt von uns operieren. Der Arkonide hatte behauptet, Rorvic und ich würden Nathan genug in Atem halten, so daß er und seine Gruppe
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