0654 - Unter dem Vampirmond
nicht.«
Dieser Ansicht war Zamorra ebenfalls. Sie mußten sich etwas noch ganz anderes einfallen lassen.
***
Die Vampirin tauchte in den Pariser Untergrund ein - im wahrsten Sinne des Wortes. Hunderte von Kilometern lange Gänge und Hohlräume befinden sich unter der Stadt; die legendären Katakomben, von denen nur ein winziger Teil für Touristen freigegeben ist.
Der Rest ist gesperrt.
Was die katafiles nicht daran hinderte, sich in ihrer Freizeit dort unten zu tummeln. Menschen, die das Außergewöhnliche suchten, aus ihrem Leben noch ein Abenteuer machen wollten oder einfach nur die Ruhe in der Tiefe schätzten. Es gab einige, die überhaupt ständig in den Katakomben wohnten und sich nur hin und wieder in der darüberliegenden Stadt zeigten. Eine eigene Subkultur war in der Tiefe entstanden, die ihresgleichen suchte. Immer wieder führte die Polizei Razzien durch, um die katafiles aufzuspüren und wegen unbefugten Eindringens in verbotenes Gelände zu belangen, noch mehr aber, um sie aus der Gefahr zu holen, denn viele der Gänge oder Höhlen waren einsturzgefährdet. [5]
Was die Abenteurer aber nicht schreckte.
Auch Michelle ließ sich nicht abschrecken.
In diesen Katakomben war Sarkana vergiftet worden, und hier war auch Morano zuletzt gesehen worden und möglicherweise ebenfalls dem Gift erlegen. Deshalb sollte hier unten auch die Versammlung stattfinden, in der der neue Nachfolger der Sarkana-Sippe bestimmt werden sollte.
Michelle war erst einmal hier gewesen. Deshalb nutzte sie die Zeit, durch die finsteren Gänge zu streifen und sich einen Überblick zu verschaffen. Im Moment verspürte sie keinen Durst, aber sie spürte das pulsierende Blut in den Menschen, denen sie weiträumig auswich. Denn niemand sollte sie sehen. Niemand sollte wissen, daß sie hier war.
Sie selbst sah und hörte di e katafiles.
Ihr kam eine Idee.
Sicher war Zamorra bereits nach Paris unterwegs, vielleicht schon hier eingetroffen. Ein Mann wie dieser Dämonenjäger konnte die Spur einfach nicht übersehen, die sie mit dem Flugticket gelegt hatte. Und er konnte sie auch nicht ignorieren. Denn er würde alles daransetzen wollen, sie, Michelle, unschädlich zu machen.
So schätzte sie ihn ein.
Wenn sie einen der katafiles tötete und an einem der Zugänge zu dem unterirdischen Labyrinth so ablegte, daß er von anderen Menschen gefunden werden mußte, war das vielleicht ein Signal. Zamorra würde davon erfahren. Er würde in die Katakomben hinabsteigen, um die Vampirin zu jagen. So konnte sie ihn direkt zu den anderen lenken. Hinein in die Versammlung, die eine unbesiegbare Übermacht darstellte.
Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr gefiel ihr die Idee.
Vielleicht in den Gängen noch einen oder zwei Tote ablegen, eine Blutspur ziehen… der Zorn mußte Zamorra übermannen und unvorsichtig machen. Und wenn er erkannte, daß er blindlings in eine Falle tappte, war es für ihn zu spät…
Vielleicht konnte sie sogar dafür sorgen, daß er verschüttet wurde. Einige der Gänge waren sehr unsicher. Wenn man sie beschädigte und zum Einsturz brachte, während Zamorra sich darin befand… dann wurde er vom Gestein erschlagen oder erstickte, weil er nicht in der Lage war, rechtzeitig wieder frei zu kommen.
Michelle war von ihrer Idee begeistert.
Sie entwarf einen Plan, wie sie sie am besten in die Tat umsetzen konnte.
Wahrscheinlich würde sie dabei Hilfe brauchen. Aber das war nicht das Problem. Schon in wenigen Stunden, wenn es dunkel wurde, würde es in Paris von Vampiren nur so wimmeln.
Und von Opfern wimmelte es ohnehin.
***
Zu einem ihrer sonst üblichen Einkaufsbummel zeigte Nicole keine Lust. Normalerweise pflegte sie, speziell in Paris, die Boutiquen zu durchstöbern, um zu kaufen, was um so teurer war, je weniger Stoff dabei verarbeitet wurde… Meist trug sie die Teile nur ein paarmal, um sie alsbald gegen die allerneuesten Modetorheiten auszuwechseln.
Aber diesmal waren ihre Gedanken nicht bei Modetorheiten. Ihr war der Anblick der beiden Toten regelrecht auf den Magen geschlagen. Sie wollte nur die Vampirin so schnell wie möglich zur Strecke bringen.
Wenn es danach ein wenig Zeit zum Entspannen gab, in Ordnung. Jetzt aber gab es Wichtigeres. Dabei hatte sie nicht die geringste Vorstellung, was sie tun konnten, um die Vampirin zu finden.
»Ihr eine Falle stellen, in die sie gehen muß.«
»Und wie?« Zamorra lehnte sich zurück und nippte an seinem Getränk. Sie nutzten ein Straßencafé für
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