0664 - Satan in Weiß
Fröhlichkeit in diesem tristen Grau.
Und, der Verkehr in der Innenstadt hätte ebenfalls in den Westen gepasst. Um den Marktplatz herum war für Suko kein Parkplatz zu finden. Den Weg zum Polizeirevier hatte er sich von Kommissar Stahl beschreiben lassen und fand ihn auch beim ersten Versuch.
Er stellte den BMW hinter einem Audi ab, schaute an der Fassade hoch und sah hinter dem Fenster bereits die winkende Gestalt des ostdeutschen Kommissars.
Harry Stahl kam Suko mit ausgebreiteten Armen entgegen. »Na, das freut mich aber, dass du wenigstens gekommen bist.« Die beiden schlugen sich auf die Schultern. »Da fühle ich mich nicht so sehr als Einzelkämpfer, denn die Erfahrung fehlt mir ja noch.«
»Die kommt, keine Sorge.«
»Was ist mit John?«
»Du kannst dir ja denken, wie er sich fühlt.«
Harrys Gesicht wurde ernst. »Ja, das stimmt. Ich habe nach deinem Anruf nachgedacht und bin zu der Lösung gekommen, dass sich der Fall möglicherweise gesplittet hat.«
»Stimmt. Einmal Wittenberg, zum anderen Berlin. Wer immer dahintersteckt, er hat es ausgezeichnet verstanden, die Phalanx zu durchbrechen.«
»Das ist Dr. Drake.«
»Hier bestimmt.«
»Und in Berlin?«
»Könnte es einen gewissen Will Mallmann geben.«
»Komm erst mal rein, dann reden wir weiter.«
Suko lernte auch die beiden Polizisten kennen und hörte genau zu, was ihm Harry Stahl berichtete.
»Hoi, dann hast du einen schon festgenommen?«
»Ja. Willst du ihn sehen?«
»Sicher.«
Harry Stahl und Suko gingen in den hinteren Teil der Wache, begleitet von Gerd Naumann, der meinte, dass es wohl mit der Ruhe endgültig vorbei wäre.
»Das kann gut möglich sein«, erwiderte Suko. Er blieb vor dem Gitter der Zelle stehen.
Auf einem Hocker saß Ewald. Sein Essen hatte er nicht angerührt. Er starrte zu Boden und hielt sich dabei selbst umarmt, als würde er frieren.
»So sieht doch kein Vampir aus -oder?« fragte Harry Stahl.
Suko lächelte. »Im Prinzip nicht. Wenigstens keiner, wie er mir bekannt ist. Doch hier müssen wir wohl von anderen Faktoren ausgehen, wie du schon sagtest.«
»Ja, er redete von Spritzen.«
Beim letzten Wort hob Ewald den Kopf. Er drehte ihn so, dass er gegen das Gitter schauen konnte.
Harry Stahl erschrak bei seinem Anblick. »Das darf nicht wahr sein!« keuchte er. »Der… der sieht ja aus, als wäre er schon gestorben und hätte drei Tage im Sarg gelegen.«
Suko zeigte sich verwundert. »Hast du ihn denn anders in Erinnerung gehabt?«
»Und ob. Zwar nicht gerade wie frisches Gemüse aussehend, aber auch nicht so schlecht. Ich habe den Eindruck, als würde Ewald jeden Augenblick vom Hocker fallen und liegenbleiben. Das ist… das ist irgendwo schlimm.«
Ewald bewegte seinen Mund. »Spritze«, flüsterte er. »Verdammt, ich brauche die neue Spritze.«
»Welche?«
»Blut!« ächzte er und streckte bittend die Arme aus, wobei er noch die Hände rang. »Ich brauche die Blutspritze! Oder wollt ihr mich krepieren lassen?« Er kippte vom Hocker. Jetzt hatte er auch nicht mehr die Kraft, sitzen zu bleiben.
»Schließen Sie auf!« sagte Suko.
»Natürlich.« Naumann, ebenfalls bleich geworden, bewegte sich sehr hastig.
Die Männer stürmten in die Zelle, kümmerten sich um den Mann. Harry Stahl drehte ihn auf den Rücken. Suko tastete nach dem Herzschlag und schüttelte dabei den Kopf.
»Was ist denn?«
»Nichts oder so gut wie nichts. Sein Herz schlägt kaum noch. Ich glaube, er hat recht. Er braucht wirklich Blut. Wer einmal in Sheldon Drakes Klauen gerät, entkommt ihm nicht mehr.«
»Dieser Satan!« flüsterte Harry Stahl. »Dieser verdammte Satan. Es wird Zeit, dass wir ihm das Handwerk legen.«
»Da sagst du was.«
»Haben Sie hier ein Krankenhaus?« fragte Suko.
Naumann nickte. »Ja, natürlich.«
»Bestellen Sie einen Krankenwagen. Der Patient muss sofort eingeliefert werden. Und sorgen Sie dafür, dass genügend Betten frei bleiben. Ich kann mir vorstellen, dass er nicht der einzige bleiben wird. Wir werden unser blaues Wunder erleben.«
Gerd Naumann rannte weg. Dabei murmelte er Worte, die kein Mensch verstand.
Harry Stahl trat von einem Fuß auf den anderen. »Das habe ich nicht gewollt«, sagte er leise. »Verdammt noch mal, das habe ich nicht gewollt. Aber so kann es kommen.«
»Meine ich auch.«
»Muss ich mir einen Vorwurf machen, Suko?«
»Hör auf zu jammern. Du hast alles getan, was in deiner Kraft stand. Vorwürfe gelten nicht.«
»Na ja, das hoffe ich.«
Bisher hatte Ewald die
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