0668 - Silva auf dem Höllenthron
Scheibe. »Gedächtnis und Erinnerung bilden ja etwas Gemeinsames. Das eine profitiert von dem anderen. Es gibt genügend Wissenschaftler, die sich damit beschäftigt haben und auch gewisse Lösungen anbieten.«
»Auf was willst du hinaus?«
»Hypnose, Bill. Tiefenhypnose. Vielleicht wäre das eine Chance, mehr über Mallmann zu erfahren.«
Der Reporter schwieg, auch Suko gab keinen Kommentar ab. Sie schauten Nadine an.
»Meinst du das im Ernst, John?«
»Beruhige dich, Nadine. Nicht sofort. In vager Zukunft könnte ich mir das vorstellen.«
Ihre Nasenflügel weiteten sich, als sie Luft holte. »Also daran kann ich mich nicht gewöhnen. Nein, ich möchte das auch nicht. Ich muß mit mir selbst ins reine kommen, wenn ihr versteht. Ich will eine andere Zukunft haben, eine normale.«
»Hast du Vorstellungen?« fragte Bill.
»Ja, sehr genaue sogar. Ich möchte eure Freundschaft behalten, aber mich auf eigene Beine stellen. Ich werde versuchen, wieder Geld zu verdienen. Ich will zum Film, versteht ihr? Ich will versuchen, noch einmal anzufangen.«
»Müssen wir akzeptieren«, sagte Bill, »Oder?«
Suko und ich stimmten ihm zu.
»Natürlich wäre ich nicht aus der Welt. Wir können uns öfter besuchen. Ich werde auch zu euch kommen, Bill, daran besteht kein Zweifel. Schon allein wegen Johnny. Aber ich halte es doch für besser, wenn ich mich aus eurem persönlichen Dunstkreis entferne, was ich nicht negativ meine. Aber auch eine Frau in meiner Lage sollte eine Chance bekommen, ihr Leben selbst gestalten zu können.«
»Nichts dagegen!«
»Danke, John.«
»Du brauchst dich nicht zu bedanken. Das ist ein normaler Vorgang, der dich beschäftigt. So denken zahlreiche Frauen, was ich auch gut finde.«
Nadine lachte plötzlich. »Aber zunächst sitze ich hier die beiden Wochen in der Klinik ab und lasse mich durchchecken. Ich werde versuchen, alte Kontakte zu knüpfen, und ich weiß schon jetzt, daß ich meinem eigentlichen Schicksal nicht entrinnen kann. Die andere Seite wird mich immer wieder einholen, wobei ich auch nichts dagegen habe und es wahrscheinlich noch forcieren werde, denn ich habe mir vorgenommen, nach Bangalore zu fahren und die Palmblattbibliothek zu besuchen, wo ja praktisch alles begonnen hat.«
»Wann?« wollte ich wissen.
»Nicht sofort, John. Vielleicht treibt mich der Wind im nächsten Jahr nach Indien.«
»Interessant ist sie auf jeden Fall«, sagte ich.
»Auch gefährlich?«
»Nicht mehr«, sagte Bill grinsend.
»Seht ihr, ich habe mir auch Gedanken über meine eigene Zukunft gemacht.«
Bill lächelte ihr zu. »Daß du so etwas nicht uns überlassen würdest, war mir klar.«
»Es wäre auch traurig gewesen.« Nadine hob die Schultern. Dann schaute sie uns an. »Ich möchte euch noch einmal sagen, wie dankbar ich bin, daß ihr mich…«
»Hör auf!« riefen wir gemeinsam dazwischen und sprangen auch in die Höhe. »Kein Wort mehr.«
»Aber…«
Ich schaute auf die Uhr. »Müssen wir nicht gehen?«
»Aber immer«, sagte Bill.
»Ich bin auch dafür«, stimmte Suko uns zu. »Außerdem bekommt Nadine bald ihr Dinner.«
Sie lachte. »Dinner ist gut.«
»Na ja, wenigstens so etwas Ähnliches.«
Wir verabschiedeten uns von ihr. Da konnte Nadine die Tränen nicht unterdrücken. Verständlich, und auch uns saßen so mittelschwere Klöße in den Hälsen.
Wir verabredeten keinen Termin für den nächsten Besuch. Daß wir Weihnachten gemeinsam feiern würden, stand fest. Da war Nadine auch wieder aus der Klinik entlassen.
Wir waren mit Sukos Wagen gekommen. Er parkte so, daß er von Nadines Fenster aus gesehen werden konnte. Das wußte sie auch; sie stand hinter der Scheibe und winkte.
»So«, sagte Suko und meinte Bill damit. »Wir bringen dich jetzt bei dir zu Hause vorbei und…«
»Werdet noch auf einen oder zwei Drinks mit reinkommen.«
»Ich muß fahren!« rief Suko.
»Für dich habe ich in einem Kellerraum die Kästen mit Rülpswasser gestapelt.«
»Das ist was anderes. Ich will ja nicht unbescheiden sein. Wie sieht es denn mit dem Essen aus?«
Bill grinste. »Ich werde Sheila sagen, daß sie zwei bis sechs Pizzen in den Ofen schieben soll.«
»Das ist ein Wort.«
»Daß du immer so reinhauen mußt«, flüsterte ich Suko beim Einsteigen zu. »Für dich kann man auch ein Schwein halten.«
»Hör auf, Alter. Was der Mensch braucht, das braucht er eben. Ich bin nun mal jemand, der viel Energie verliert, die er irgendwann wieder aufholen muß.«
»Auf denn«, sagte ich
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