0668 - Silva auf dem Höllenthron
Wand und stieß sie anschließend quer durch die Diele.
Dabei riß sie zwei Bilder von der Wand, sah dann die Wohnungstür vor sich und traute sich nicht, sie aufzureißen und zu verschwinden. Außerdem wäre eine Kugel immer schneller gewesen als sie.
Sergio war sofort bei ihr. »Über dieses Thema unterhalten wir uns am besten in deinem Wohnzimmer. Wir haben Zeit, Schätzchen, sehr viel Zeit. Und wir werden diese Wohnung nicht mit leeren Händen verlassen. Hast du dir Luigi gut angeschaut? Hast du ihn sehr genau gesehen. Er hat ein Messer, ein Rasiermesser, und er ist ein Meister im Umgang mit der Waffe. Das hat er schon oft bewiesen. Es gab welche, die wollten ihm widerstehen. Als er sie verließ, sahen ihre Gesichter aus wie Landkarten. Er hat dort Flüsse hineingeschnitzt, und sie waren mit einem roten Wasser gefüllt. Soll ich dir noch mehr sagen?«
»Nein!« stöhnte sie, »nein.«
»Dann werden wir jetzt gehen.«
Silva Mancini gehorchte. Sie schritt mit gesenktem Kopf. Hinter ihr befanden sich die beiden Mafiosi. Sie sah beide nicht. Sie spürte sie nur wie eine kalte Drohung.
Wenig später schauten sich die Gangster in ihrem Wohnraum um. Sie waren beeindruckt. Silva hatte sich in einen Sessel setzen müssen. Er war wuchtig, besaß eine hohe Lehne mit an den Seiten ausgestellten Ohrenklappen. Sein Stoff zeigte ein Blumenmuster. Sie wirkte etwas verloren in diesem Sitzmöbel, und so kam sie sich auch vor. Ihre eigenen vier Wände waren ihr fremd. Sie sah sich selbst als eine Fremde, und die Angst verstärkte sich, obwohl die beiden Eindringlinge nichts taten und nur umherschritten.
Sie faßten mal hier etwas an, hoben an anderen Stellen Gegenstände hoch, stellten sie wieder weg, nickten, als sie die Hi-Fi-Anlage sahen, und ließen ihre Hände durch die überall drapierten Stoffe gleiten, die sich als Vorhänge oder Decken den Augen des Betrachters boten.
»Das ist ja eine kleine Schatztruhe«, sagte Sergio, bevor er anerkennend nickte. »Ich muß dir ein Kompliment machen. Hätte ich dir nicht zugetraut, Süße.«
Silva sagte nichts.
Luigi saß auf ihrem Bett und beobachtete sie. Dabei lächelte er kalt. Einmal überkam es ihn. Er nahm sein Messer und schlitzte gelassen den Bezug auf.
Silva wollte protestieren, unterließ es jedoch. So etwas hatte keinen Sinn.
Sergio hatte seinen Rundgang beendet und sich einen Platz auf der Tischkante ausgesucht. Dort saß er locker mit einem angezogenen Bein und ließ den Fuß wippen. »Kommen wir zur Sache, Schätzchen.«
Seine Worte trafen sie wie Stiche, die ihr gleichzeitig unter die Haut gingen. Bisher waren sie nicht zur Sache gekommen, das würde sich nun ändern. »Wenn ich mich so umsehe, stelle ich fest, daß du viel besser wohnst als wir. Du hast Karriere gemacht, Süße. Wir sehen dich oft von den Titelbildern lächeln, wir lesen auch immer deinen Namen und denken dann, daß du doch eine Landsmännin von uns bist. Und wir Landsleute sollten zusammenhalten. Außerdem wollen wir dich beschützen, deshalb haben wir uns überlegt, daß du uns zunächst einmal eine kleine Anzahlung für unsere Mühen gibst. Sagen wir einhunderttausend Pfund!«
Diese lässig ausgesprochene Zahl schockte das Mädchen. Silva hatte das Gefühl, von einem Schlag erwischt zu werden. Die Summe war hoch, die konnte sie niemals so schnell auftreiben. Soviel Bargeld hatte sie auch nicht. Ihr bisheriges Vermögen war von ihren Eltern angelegt worden, da kam sie nicht ran.
»Nun?«
»Ich kann nicht.«
Es war eine ehrliche Antwort, aber die beiden Kerle glaubten ihr kein Wort.
Luigi lachte zuerst, und er wandte sich an seinen Kumpan. »Hast du das gehört, Sergio?«
»Sicher.«
»Ich weiß nicht.« Er lächelte, und Silva bekam noch einmal Hoffnung.
»Ihr müßt mir glauben. Ich habe soviel Geld nicht. Es ist unmöglich, wirklich.«
»Sollten denn die Berichte in den Zeitungen alle nicht wahr gewesen sein«, höhnte Luigi.
»Ich weiß nicht, was sie alles schreiben, aber es entspricht nicht der Wahrheit.« Silva hatte die Antwort geschrieen. Sie kam sich in ihrem Sessel vor wie auf dem elektrischen Stuhl. Jetzt brauchte nur noch jemand den Strom einzuschalten, und vorbei war es.
»Die will nichts geben, Sergio.«
»Das Gefühl habe ich auch.«
»Und was machen wir da?«
Sergio lächelte kalt. »Es gibt da gewisse Methoden, die wir anwenden könnten, damit sie sich erinnert. Wir kennen das ja und haben es schon öfter durchgecheckt.« Er wandte sich direkt an sie. »Ich
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