0669 - Engel der Vernichtung
die Führung. Du mußt mir vertrauen.«
Der Engel nickte. Was blieb ihm anderes übrig? Der Gedanke, es jetzt wieder einmal mit einer Rückkehr in seine Heimatwelt zu versuchen, war verlockend, aber irrational. Was nie funktioniert hatte, würde auch jetzt nicht funktionieren, dafür aber die Aktion an sich stören. Was mochte geschehen, wenn zwei Personen, die die Regenbogenblumen benutzten, sich gleichzeitig auf zwei verschiedene Ziele konzentrierten? Lamyron wollte das lieber nicht als erster erproben.
Astardis griff nach seinem Arm und zog ihn zwischen die Blumen - und gleich darauf wieder hinaus. Nichts hatte sich verändert, gerade so, als habe kein Transport stattgefunden.
Doch, durchfuhr es Lamyron im nächsten Moment. Etwas hatte sich verändert! Die Schatten nahmen eine andere Position ein, und der Himmel war heller als vor ein paar Sekunden.
»Eine Reise durch die Zeit«, entfuhr es ihm.
Astardis nickte. Das war es, was Stygia ihm zusätzlich verraten hatte. Die Regenbogenblumen ermöglichten Reisen nicht nur durch den Raum, sondern auch durch die Zeit.
Und als nächstes nahm Astardis Lamyron mit in die Höllentiefe…
***
Der Eingang in das Grab des Haremhab war lang und ziemlich steil. Ein hölzerner, abgestufter Weg über dem unebenen Fußboden sorgte dafür, daß man einigermaßen gefahrlos in die Grabkammer kam. Ungefähr auf der Hälfte des Weges lag die Mumie eines Priesters in einem Steinsarkophag.
Interessiert betrachtete Sabrina die Bilder und Hieroglyphen an den Wänden, die den Weg des Pharao hinab ins Totenreich beschrieben. Die Götter, die an seiner Seite standen, waren seine Beschützer und andere Götter, denen er entgegentrat, wurden durch Opfer gnädig gestimmt. Im Gegensatz zu den anderen Gräbern aus den Tagen des Neuen Reiches war hier der Untergrund der Malereien nicht weiß gekalkt, sondern in einem hellen Anthrazit gehalten. Und wie auch in den anderen Gräbern waren große Teile der Malereien entweder nur andeutungsweise skizziert oder sie fehlten ganz. Einigen der Bilder in der eigentlichen Grabkammer war anzusehen, daß sie in großer Eile fertiggestellt worden waren. Haremhab hatte die Todesbarke früher bestiegen, als sein Grab vollendet war. Wie aber wollte er den Weg zu den Göttern finden, wenn in seinem Grab nicht wenigstens die wichtigsten Bilder vollendet waren?
Ein Blick in den steinernen Sarkophag zeigte Kerstin, daß die Mumie des Kriegerkönigs schon lange entfernt worden war. Aber sie hatte keine Zeit, die Eindrücke der Grabkammer auf sich einwirken zu lassen. Aufgeregt winkte ihr seltsamer Führer und zeigte zu einer kleinen Öffnung in der Wand links neben dem Sarkophag. Sie war so niedrig, daß man höchstens tief gebückt hindurch kam.
Eine unscheinbare Bewegung des Zauberers ließ das Innere der kleinen Kammer in trübem Licht leuchten. Die beiden Girls fragten nicht, woher die Helligkeit kam. Sabrina schob sich gebückt hinter ihrer Freundin durch den unscheinbaren Eingang. Nur einen kurzen Augenblick kam es ihr in den Sinn, was geschähe, wenn ihr der alte Mann jetzt die Hände auf den Rücken zog und zusammenband. Und daß er dann Kerstin überwältigte, wenn sie zurück kam. Dann waren sie hilflos und mußten alles ertragen, was er mit ihnen machte.
Denn das Gittertor am Eingang am Grab war einfach zu schließen und niemand würde Verdacht schöpfen, weil nicht alle Gräber an jedem Tag geöffnet waren.
Aber nichts geschah, und staunend erkannte Sabrina ein Gemälde des Totengottes, das in der heutigen Zeit klein wirkte, damals jedoch sicher fast die Größe eines lebendigen Menschen hatte. Dieses Bild gehört zu den ausgesuchtesten Malereien, die das alte Ägypten zu bieten hatte. Und im Schutz der ewigen Nacht innerhalb der Geheimkammer blieb es so erhalten wie am Tage, als es gemalt wurde. Wenige Touristen bekommen es jemals zu sehen - und wenn, dann nur gegen ein gehöriges Bakschisch für den Wächter des Grabes. Völlig verboten aber ist das, was Amun-Re den beiden Mädchen vorschlug. Und sie hatten sich zu wenig mit der Sicherung von Ausgrabungen beschäftigt, als daß sie die Falle erkannt hatten, in die sie arglos hineintappten.
»Ich mache ein Foto von euch beiden mit dem Bild«, zischelte Amun-Re. »Dann könnt ihr allen euren Freunden beweisen, daß ihr zu den wenigen Auserwählten gehört, denen es vergönnt ist, das geheime Bild des Osiris zu sehen.«
»Ja, ist denn das nicht verboten?« fragte Sabrina vorsichtig und nahm
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