067 - Das Maedchen in der Pestgrube
Oberhaupt der Familie gewesen. Sein Kopf war auf die Brust gesunken. Er atmete schwer.
„Sehen Sie mich an, Zamis!“ sagte Olivaro scharf.
Michael Zamis hob den Kopf. Seine Augen glänzten fiebrig.
„Retten Sie mich!“ flüsterte Zamis. „Ich war immer ein treuer Diener. Ich war …“
Olivaro lachte.
„Alle Ihre Familienmitglieder sind tot“, sagte Olivaro brutal.
Ich blickte mich rasch im Zimmer um. Überall sah ich Leichen. Fünf Männer und drei Frauen. Einige lagen in seltsam gekrümmten Haltungen da, einige hockten zusammengesunken auf Stühlen und Couches. Nach den verzerrten Gesichtern zu schließen, mußten sie einen fürchterlichen Tod erlitten haben.
„Gnade!“ winselte Zamis.
Olivaro schüttelte den Kopf. „Sie und Ihre Familie bekamen die verdiente Strafe. Das wird allen anderen Mitgliedern der Schwarzen Familie als Warnung dienen. Wer sich gegen Asmodi auflehnt, der wird bestraft. Sie verbündeten sich mit Asmodi I., um den herrschenden Herrn der Finsternis zu stürzen. Sie versprachen sich einige Vorteile davon. Aber nun sind Sie in wenigen Minuten tot.“ Zamis stierte ihn an, hob den rechten Arm, und sein Gesicht verzerrte sich vor Schmerzen.
„Und was ist mit Hunter?“ fragte er krächzend und zeigte auf mich. „Er ist der größte Feind der Schwarzen Familie. Und er lebt.“
Olivaro lächelte. „Sehen Sie sich Hunter genau an, Zamis!“
Zamis beugte sich etwas vor, blickte mich an und plötzlich leuchteten seine Augen zufrieden. „Haben Sie genug gesehen, Zamis?“ fragte Olivaro.
Zamis nickte.
„Ja“, keuchte er. „Er ist vom Tod gezeichnet.“
„Was hat das zu bedeuten?“ fragte ich Olivaro.
„Sehen Sie den Spiegel dort, Dorian?“
Ich nickte.
„Dann gehen Sie hin und betrachten Sie sich!“
Ich taumelte durch das Zimmer. Wieder bekam ich einen Schweißausbruch. Die Schmerzen in der Leistengegend waren stärker geworden. Als ich vor dem Spiegel stand, stützte ich mich mit den Händen an der Wand ab und hob den Kopf.
Mein Haar war verschwitzt, der Schnurrbart hing traurig herab, und meine grünen Augen glänzten fiebrig. Schwarze Beulen bedeckten meine Wangen und den Hals. Es gab keinen Zweifel: Ich war vom Tod gezeichnet.
Benommen torkelte ich zurück und riß mein Hemd auf. In den Achselhöhlen sah ich dunkle Beulen. „Ich habe die Pest!“ rief ich entsetzt und stierte Olivaro an.
„Sie haben es scharfsinnig erkannt“, sagte er, und ein teuflisches Lächeln lag um seine Lippen. „In einigen Stunden sind Sie tot, Hunter. Es gibt keine Rettung für Sie. Die Krankheit ist schon zu weit fortgeschritten.“
Zamis stieß einen Schrei aus. Schaum stand vor seinem Mund. Er bäumte sich nochmals auf, griff sich mit beiden Händen an die Brust und fiel dann kopfüber vom Stuhl. Seine Glieder zuckten. Er drehte sich auf den Rücken. Dabei öffnete sich sein Schlafrock, und ich sah seinen nackten Körper, der über und über mit schwarzen Beulen bedeckt war. Noch einmal zuckte sein Körper, dann war er tot.
„Warum auch ich?“ fragte ich heiser und torkelte auf Olivaro zu. „Warum auch ich?“
Bevor er noch eine Antwort geben konnte, flimmerte die Luft, und ein lauter Krach war zu hören. Eine riesige Gestalt in einem schwarzen Umhang tauchte auf. Sie hatte kein Gesicht. Ich wußte, wer diese Gestalt war. Es war Asmodi.
„Gut gemacht“, sagte Asmodi mit dröhnender Stimme und klopfte Olivaro anerkennend auf die Schulter.
„Ich bin sehr zufrieden mit Ihnen, Olivaro. Sie haben Ihre Aufgabe großartig gelöst. Asmodi I. ist endgültig ausgeschaltet und die Familie Zamis vernichtet.“ Er wandte sich mir zu. „Und Dorian Hunter geht es nun auch an den Kragen. Meine Anerkennung, Olivaro!“
Olivaro lächelte zufrieden. Und ich hatte ihn für einen Freund gehalten!
„Sie waren manchmal recht lästig, Hunter“, sagte Asmodi. „Jetzt ist es jedoch aus mit Ihnen, Dämonenkiller. In einigen Stunden sind Sie tot. Und es wird ein schmerzhafter Tod sein.“
Olivaro sah mich kurz an, dann wandte er den Blick ab.
„Wir können verschwinden“, sagte Asmodi, und Olivaro nickte.
Die Luft flimmerte wieder, und plötzlich wurden die beiden Gestalten durchscheinend und lösten sich auf.
Ich blieb mehr als eine Minute bewegungslos stehen. Dann machte ich einen Schritt. Nur mit Mühe konnte ich das Gleichgewicht halten. Ich verließ den Ort des Grauens und schleppte mich durch den Wintergarten. In der Diele blieb ich schweratmend stehen. Alles drehte sich
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