0670 - Der Sarg-Designer
dauerte nicht lange, als ich mich durch die Öffnung gedreht hatte.
Der Hof war schmutzig, und ebenso schmutzige Hauswände rahmten ihn ein.
Nicht weit entfernt stand ein Mann so starr wie ein Denkmal und hielt sich an einem Tannenbaum fest. Er schaute ins Leere, schrak zusammen, als ich ihn ansprach.
»Wo ist er hin?«
»Wer denn?«
»Der Kerl, der aus dem Fenster geklettert ist.«
»Durch den Eingang da.«
»Danke.«
Der Eingang oder die Tür stand offen. Sie war sehr schmal, gehörte zu einem Anbau, der früher einmal ein Stall gewesen sein mußte.
Ich rammte die Tür mit dem Fuß auf, schaute in ein graues, düsteres Licht, sah jedoch keinen Menschen, nur einen leeren Flur vor mir.
Ich lief ihn durch bis zu einer Haustür, riß diese ebenfalls auf und stand in einer schmalen Straße, die parallel zu der führte, in der wir unseren Rover abgestellt hatten.
Sie sah nicht anders aus, wirkte ausgestorben, als hätten die Bewohner hier gewußt, welches Drama sich in einem ihrer Häuser abgespielt hatte. Zeugen konnte ich suchen, und den Killer sah ich auch nicht.
Dafür hörte ich etwas.
Es war ein lautes röhrendes Geräusch, als würde ein Raubtier anfangen zu brüllen.
Nur war es ein Raubtier auf zwei Rädern, ein Motorrad, das aus einem Versteck hervorschoß.
Ich drehte mich um.
Den Kerl auf der Maschine konnte ich nicht erkennen. Er trug dicke Lederkleidung und einen schwarzen Helm mit heruntergeklappten Sichtvisier. Die Maschine war schnell, und der Typ wußte auch, mit wem er es zu tun hatte, denn er hielt auf mich zu.
Ich schoß nicht.
Ein gewaltiger Sprung katapultierte mich auf den schmalen Gehsteig. Mit dem Rücken krachte ich gegen die Hauswand, als der Fahrer in einer nahezu artistischen Art und Weise an mir vorbeiglitt, zuvor aber noch ein Messer gezogen hatte, es in der linken Hand hielt und sich damit zur Seite beugte.
Rasieren wollte er mich mit der Klinge sicherlich nicht, dafür aber töten. Ich rollte mich weiter über den Boden. Das Dröhnen der Maschine klang wie der Ruf eines Monsters in meinen Ohren.
Dann war der Fahrer vorbei und hatte mich unverletzt zurückgelassen.
Ich schaute ihm nach. Wie zum Hohn hatte er seinen linken Arm gehoben und winkte mit der Klinge.
Ich quälte mich wieder auf die Beine. Sollte ich darüber fluchen, daß er mir entwischt war?
Nein, ich hatte damit rechnen müssen. Aber ich konnte es einfach nicht über das Herz bringen, ihn mit einer Kugel zu stoppen. Wir würden an diesem Fall dranbleiben, dann würde mir auch dieser Mann wieder über den Weg laufen.
Ein älterer Mann schaute neben mir aus dem Fenster. »Der hätte Sie beinahe erwischt.«
Ich schaute gegen das unrasierte Gesicht und nickte. »Ja, fast. Kennen Sie ihn?«
»Wieso?«
»Kam er hier aus der Gegend?«
»Schon möglich, aber in Helm und Montur…«
Ich verdrehte die Augen. »Können Sie sich wenigstens an die Maschine erinnern?«
Jetzt geriet er ins Staunen. »Sehen die Dinger nicht alle gleich aus? Zwei Räder und…«
»Schon gut – danke.« Ich winkte ab und ging denselben Weg zurück, den ich gekommen war. Sogar durch das Fenster kroch ich in die kleine Küche, teilte den Vorhang und sah, daß Suko noch immer an derselben Stelle hockte.
Nur hatte er die Frau auf eine der Matratzen gelegt. Als er meine Schritte hörte, drehte er den Kopf.
»Wie sieht es aus?«
»Stichwunden, John.«
»Wird sie überleben?«
»Ich denke schon. Sie sind alle nicht tief.« Suko erhob sich. »Es hört sich hart an, aber ich muß es so aussprechen. Die Wunden erinnern mich mehr an eine Folter.«
»Das kann sein.«
Ich schaute mir die Verletzte an. An den Wangen war sie zweimal von der Klinge getroffen worden, auch am Kinn. Die Beine und der Körper waren verschont worden. Dafür blutete sie aus einer Wunde am linken Handgelenk.
»Die Ambulanz wird kommen«, sagte Suko.
Ich hatte nichts anderes erwartet. »Mir ist der Kerl entwischt. Der floh auf einer Maschine.«
»Du hast nichts erkannt?«
»Nein, aber was sagt sie?« Ich schaute in das schmale Frauengesicht, das zuckte. Ab und zu drang ein leises Wimmern über die blassen Lippen. Die Augen bewegten sich.
»Sie heißt Angela Todd«, berichtete Suko, »und hat hier mit anderen Frauen in einer Wohngemeinschaft gelebt.«
»Wo sind die jetzt?«
»Weg.«
»Wo denn?«
»Keine Ahnung.«
»Kennst du den Grund des Angriffs?«
»Nein, der Typ kam plötzlich und attackierte sie sofort mit seinem Messer.«
»Hat er nichts
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