0670 - Der Sarg-Designer
bestellte den zweiten.
»Zahlen«, fügte er gleichzeitig hinzu.
Er bekam den Preis gesagt und beglich die Rechung. Für einen Moment trommelte er mit den Fingerspitzen auf der Kappe seines Helms, bevor er ihn in die Hand nahm, vom Hocker rutschte und ging.
Er ließ sich Zeit, schlenderte zur Tür, spürte den scharfen Wind in seinem Gesicht und dachte daran, daß er an diesem Tag noch alles klarmachen wollte.
Leo Liberance!
Den Namen hatte er nie zuvor gehört. Sein Instinkt allerdings sagte ihm, daß er eine sehr große Rolle spielte. Es war wichtig, sich näher mit dem Designer zu beschäftigen.
Er lebte etwas außerhalb der großen Innenstadt. Eine halbe Stunde würde er mindestens zu fahren haben.
Dabei stand nicht fest, ob er der erste bei ihm war. Angela Todd war nicht gestorben, bestimmt hatten die Kerle mit ihr geredet. Er konnte sich gut vorstellen, daß es Bullen waren, und auch die würden die Spur aufnehmen.
Es kam darauf an, wer schneller war.
Monty hätte noch einen Rückzieher machen können. Daß er es nicht tat, zeugte davon, wie sehr er von seiner Aufgabe gefesselt war. Sie war für ihn zu einem Lebensmotor geworden, sie sorgte für die Power, und er würde voll darauf abfahren.
Als er startete und der Sound über Straße und Gehsteig dröhnte, schaute ihm der Wirt kopfschüttelnd aus dem Fenster hinterher.
»Ein seltsamer Kauz«, murmelte der Mann.
»Was sagst du?« fragte der Gast.
Der Mann winkte ab. »Nichts, mein Lieber, gar nichts. Ich habe nur mit mir selbst gesprochen.«
»Dann ist es gut.«
Monty jagte davon. Diese Riesenstadt London lag zwar nicht als imaginärer Stadtplan ausgebreitet vor seinem geistigen Auge, doch er wußte, wie er in die Gegend kam. Wenn er sich einmal dort befand, würde er weitersehen.
Monty Dobson fuhr. Obwohl er auf den Verkehr achtete, drehten sich seine Gedanken um das Geschehen. Hinter dem Sichtvisier hatte er die Lippen hart zusammengekniffen. Auch seine blassen Augen zeigten jetzt einen bösen Ausdruck. In den Pupillen lag die Kälte von Gletschereis. Seine Wangen bewegten sich, als würde er auf einem Gummi kauen. Die Landschaft huschte nur so an ihm vorbei.
Die Häuser waren weniger geworden. Freiflächen, oft mit Büschen oder Bäumen bewachsen, lockerten die Gegend auf. Der Wind blies gegen ihn, er trieb auch die Wolken vor sich her.
Lebte dieser Leo in einer Wohnung oder in einem Haus? Diese Frage hatte sich Monty oft genug gestellt. Er drückte sich selbst die Daumen, daß es ein nicht bewachtes Haus war. Er tötete nicht gern Tiere, und elektronische Fallen waren verdammt heimtückisch.
Es war nicht einfach, die Adresse zu finden. Eine schmale Straße, die schnell breiter wurde, Platz für tiefe Vorgärten ließ, in denen sich einige Häuser versteckten.
Wie sah der Bau eines Designers aus?
Monty stellte sich ein Haus in verrückten Farben und Formen vor, mußte sich dann überrascht eingestehen, daß Leo Liberance völlig normal lebte, jedenfalls sah sein Haus so aus. Ein schon älterer Kasten, der außen Patina angesetzt hatte.
Monty fuhr daran vorbei. Nicht zu schnell, nicht zu langsam. Wer aus dem Fenster schaute, hätte ihn zwar sehen, aber keinesfalls erkennen können.
Auch Monty hatte nichts Verdächtiges gesehen, vor allen Dingen keinen Hinweis auf den Besitzer bekommen. Das Haus sah irgendwie unbewohnt aus. Daran glaubte er jedoch nicht.
Monty hielt nach einem Platz Ausschau, wo er seine Maschine abstellen und sie nicht sofort entdeckt werden konnte. Lange brauchte er nicht zu suchen. Er fand sie neben einem kleinen Biotop, das wohl Kinder angelegt hatten, denn an verschiedenen Stellen steckten kleine, bunte Fahnen mit Sprüchen darauf.
Daß er einige Pflanzen zertrampelte, störte ihn nicht. Hauptsache, der Zweck heiligte die Mittel.
Vorsichtig ging er zurück. Er schaffte es, sich in Deckung zu halten. Auch wenn der Wind mit dem Strauchwerk spielte, es wuchs hoch genug, um Monty Schutz zu geben.
Vor ihm wuchs das Haus hoch. Altes Mauerwerk, gezeichnete Fassaden, die einen leicht grünlichen Schimmer bekommen hatten, als hätte jemand mit Pflanzensirup darüber hinweggestrichen. Es war die Wetterseite, auf die er schaute.
Aber er sah noch mehr. Eine Außentreppe führte zu einem Keller.
Und den besaßen nur wenige Häuser hier in London.
Er lächelte kantig, als er vorhuschte und mit wenigen Sprüngen die Außentreppe erreicht hatte. Trocken sahen die Stufen nicht aus.
Auf ihnen wuchs Moos. Er lächelte, als er
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