0671 - Der vergessene Gott
einen großen Schluck Bier und rülpste.
»Männer, ich schlage vor, den Eremiten aufzusuchen und nach seinem Rat zu fragen. Wenn er uns seinen Segen gibt, sollten wir die Magischen angreifen. Wer ist dafür?«
Wie auf Kommando hoben alle Männer in der Schänke die Hand. Die Entscheidung war gefallen.
Das Verhängnis nahm seinen Lauf.
***
Um Zamorra herum ebbte der Lärm langsam ab. Die Zentauren senkten die Schwerter und sahen ihren neu erwählten Anführer erwartungsvoll an. Es wurde still in der großen Höhle.
Ihr verblendeten Idioten, dachte der Dämonenjäger resigniert. Wie soll ich euch nur klarmachen, daß ihr in euer Verderben rennt?
»Wirst du an unserer Spitze reiten, Befreier?« rief einer der Halbmenschen ihm ungeduldig zu.
Zamorra zögerte. Es war eine Frage, auf die er nur mit ja oder nein antworten konnte. In beiden Fällen ging er ein enormes Risiko ein. Lehnte er ab, riskierte er nicht nur sein eigenes Leben, sondern auch das von Nicole. Sagte er zu, stürzte er San möglicherweise in einen Bürgerkrieg.
Die Spannung in der großen Höhle war fast körperlich spürbar. Alle Blicke ruhten auf dem Parapsychologen, der immer noch reglos auf den Stufen der Pyramide saß. Er holte tief Luft und sah den Wortführer an.
»Nein«, antwortete Zamorra ruhig.
Seine Antwort hallte von den Wänden wider und brach sich in einem tausendfachen Echo. Die Zentauren starrten ihn geschockt an. Keiner von ihnen hatte wirklich an der Antwort auf die Frage gezweifelt, es war nur ein Ritual gewesen, um die Position des Befreiers zu bestätigen.
Schließlich war es der Wortführer, der das Schweigen der Menge brach.
»Was?« fragte er tonlos.
Zamorra nickte. »Ich werde euch nicht in den Krieg führen. Im Gegenteil, ich werde alles tun, um euch zu bekämpfen und zu verhindern, daß ihr eure Welt ein zweites Mal zerstört. Ihr alle habt tausend Jahre lang gelitten, weil ein paar von euch nicht in Frieden mit den anderen leben konnten. Wollt ihr noch einmal tausend Jahre oder vielleicht noch länger leiden? Soll das immer so weitergehen? Habt ihr denn nichts gelernt?«
Die Pferdemenschen warfen sich unsichere Blicke zu. Keiner von ihnen schien zu wissen, wie sie jetzt reagieren sollten. Der Befreier, den sie verehrten, hatte sich von ihnen abgewandt und ihren Kampf verurteilt. Aber hatten sie ihn nicht verehrt, damit er sie in diesen Kampf führte?
Zamorra konnte die Zweifel in ihren Gesichtern sehen, als die ersten Zentauren leise miteinander zu diskutieren begannen.
Der Dämonenjäger verspürte eine leise Hoffnung. Wenn nur einige der Pferdemenschen an seiner Mission zu zweifeln begannen, hatte er noch eine Chance, den Krieg zu verhindern.
»Hat der Befreier keine Lust mehr, sein Volk zu befreien?« sagte in dem Moment eine weiche Frauenstimme aus dem Hintergrund der Höhle.
Die Zentauren drehten sich zu der Stimme um.
»Oder ist es die Angst, die ihn lähmt?« fuhr sie fort.
Zamorra konnte von seiner sitzenden Position aus nicht sehen, wer die Worte gesprochen hatte. Er stand auf und taumelte, als seine Umgebung plötzlich vor ihm verschwamm. Sein Körper kämpfte immer noch gegen die Nachwirkungen des Schlags an, erkannte er besorgt.
»Wer hat es gewagt, den Befreier zu verletzen?« fragte die Frauenstimme scharf.
Ein junger Zentaur löste sich aus der Menge und trat vor.
»Ich war es«, sagte er mit leicht zitternder Stimme. »Es geschah im Übereifer des Kampfes. Ich bitte um Verzeihung, Göttin.«
Göttin? dachte Zamorra irritiert, als der Schwindel verging und er halbwegs sicher die Steintreppe herabstieg. Was kommt denn jetzt noch?
Die Zentauren bildeten respektvoll eine Gasse und ließen ihn passieren.
»Ihr beiden«, hörte er die Frauenstimme befehlen, »bringt den Frevler nach draußen und schlagt ihm den Kopf ab.«
Zamorra sah, wie der junge Zentaur zusammensackte und die Hände vors Gesicht schlug.
»Moment«, schaltete sich der Dämonenjäger ein. »Hier wird niemandem irgendwas abgeschlagen, bevor…«
Er unterbrach sich, als er das Wesen sah, das den Befehl gegeben hatte.
Es war eine Zentaurin, die stolz am Ende der Gasse stand. Ihr langes blondes Haar fiel bis über die Schultern, und sie trug zwei kurze Schwerter an den Hüften. Um ihren Hals hing ein faustgroßer Lederbeutel, den sie abwesend berührte.
»Man nennt mich Araki, die Göttin der Weisheit«, sagte sie. »Dir und mir ist es bestimmt, über diese Welt zu herrschen!«
***
Zweitausend Jahre zuvor,
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