Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0671 - Der vergessene Gott

0671 - Der vergessene Gott

Titel: 0671 - Der vergessene Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
Vom Netzwerk:
begriff ich, um was es sich dabei zu handeln schien. Es war der lange verschollen geglaubte Schöpfungsmythos unseres Volkes!
    Wie ich geahnt hatte, spielte der Name Araki in diesem Mythos eine wichtige Rolle. Sie tauchte als Göttin der Weisheit auf, die - wenn auch ungewollt - die Macht der Götter an den Menschen Urugal weitergegeben hatte.
    Als der junge Zentaur zu dieser Stelle kam, hielt er inne, und ich sah, wie sich alle Augen zu Araki wandten, die in falscher Bescheidenheit den Kopf senkte und damit für alle zu erkennen gab, daß sie tatsächlich die Göttin der Weisheit war.
    Gegen Abend hatten sich viele meines Volkes um sie herum versammelt und lauschten ihren Worten. Ich blieb zurück und bedachte meine nächsten Schritte. Es war klar abzusehen, daß Araki sie mit ihrer angeblichen Göttlichkeit in den Bann geschlagen hatte. Ich wußte nicht, ob ich in einer offenen Konfrontation gegen sie siegen konnte, aber ich mußte verhindern, daß mein Volk sich in zwei feindliche Lager spaltete.
    Ich beschloß, Araki zu töten.
    Am nächsten Morgen war sie verschwunden…
    ***
    Und die Götter hoben die Welt aus dem Ewigen Ozean. Sie erschufen Menschen nach ihrem eigenen Bild und gaben ihnen alle Fähigkeiten, die sie zum Überleben brauchten. Aber sie gaben nicht alles an ihre Geschöpfe weiter, denn die Magie und die Unsterblichkeit wollten sie für sich behalten, um auf ewig den Menschen überlegen zu sein. Doch ein Mensch namens Urugal wurde von der Eifersucht auf die Götter gepackt. Unter vielen Gefahren und Entbehrungen erstieg er den Berg, auf dem sich die Behausungen der Götter befanden und verführte Araki, die Göttin der Weisheit. Im Schlaf schenkte sie ihm ihre Magie und ihre Unsterblichkeit. Urugal glaubte, den Göttern gleich zu sein und schwang sich zum Herrscher über die Menschen auf. Er wurde grausam und quälte die Menschen, die vor ihm bis in die entlegensten Winkel der Welt flohen. Lange Zeit betrachteten die Götter sein Wirken, ohne einzugreifen. Schließlich jedoch, als er ihre Tempel zerstörte und die Priester vertrieb, fuhren sie auf Urugal hernieder. Da sie ihn nicht töten konnten - denn kein Gott kann den anderen töten - rissen sie ihn in tausend Stücke und verscharrten sie in allen Teilen der Welt, so daß sie niemand mehr zusammensetzen könne. Doch in der Nacht kamen die Tiere und die Wesen, die in den Träumen der Menschen leben, hervor und gruben die Teile Urugals aus. Als sie die Stücke fraßen, erlangte jedes von ihnen ein wenig von der Magie und der Unsterblichkeit der Götter. Und so veränderten sie sich und wurden zu magischen Wesen…
    Prahil-Gi klappte das Buch zu und schlug es behutsam wieder in die Tücher ein, die es schützten. Er hatte vor längerer Zeit eigens den besten Geschichtsschreiber und den besten Buchbinder mit der Erstellung dieses Werkes beauftragt. Es war die Geschichte seines Volkes, angefangen von dem Mythos ihrer Schöpfung bis hin zu der Odyssee, die sie schließlich auf diese Welt geführt hatte. Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen stammten von Prahil-Gis eigenem Großvater, dem Zentaurenfürsten Cumil-Logropatek.
    Der alte Zauberer seufzte. Er hatte das Buch Zamorra schenken wollen, wenn sie sich das nächste Mal begegneten. Der Dämonenjäger hatte ihm viele Fragen über San gestellt, die Prahil-Gi nur unzulänglich beantwortet hatte. Zum einen hatten sie damals zu wenig Zeit gehabt, zum anderen, das gab der Zauberer gerne zu, hatte es ihm Freude bereitet, sich ein wenig geheimnisvoll zu geben.
    Es war ein reiner Zufall, daß das Buch gerade zu dem Zeitpunkt fertig geworden war, als Zamorra wieder auf San auftauchte. Ob er es jedoch jemals bekommen würde, stand noch nicht fest…
    Unten auf der Straße hörte Prahil-Gi regelmäßigen Hufschlag und das leichte Klirren von Metall. Neugierig geworden, trat er ans Fenster und sah hinaus. Unter ihm zog eine Kolonne von Zentauren vorbei. Sie trugen leichte Rüstungen, Schilde und Schwerter. Die restliche Ausrüstung befand sich in Satteltaschen, die auf dem Rücken festgezurrt waren. Einige hielten Fahnen mit dem Siegel der Stadt San Lirri hoch. Über den Soldaten schwebten Flugdrachen, die für die nötige Luftaufklärung sorgten. Als sie den Zauberer am Fenster stehen sahen, winkten sie erfreut und vollführten einige tollkühne Manöver Prahil-Gi lächelte und winkte zurück. Flugdrachen waren wegen ihrer Disziplinlosigkeit und ihrem Leichtsinn bei den Kommandanten gefürchtet, aber man

Weitere Kostenlose Bücher