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0674 - Im Höllenloch

0674 - Im Höllenloch

Titel: 0674 - Im Höllenloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Tür.
    Dann saß ich neben Suko, mit dem Rücken zum Nachbarabteil. Mandra hockte uns gegenüber. Auf seinen Lippen lag ein gespanntes Lächeln. Er sah die Lage ziemlich locker.
    Mißtrauisch schielte ich in die Tüte. Der Reis schimmerte hell, er war auch trocken. Die schwarzen Klumpen aber sahen undefinierbar aus. Das konnte alles Mögliche sein.
    »Was sind das für Tierchen?« fragte ich.
    »Keine Sorge, John, das ist gebratenes Geflügel. Etwas scharf angebraten, das gebe ich zu. Aber es schmeckt nicht schlecht.«
    »Kann ich bestätigen«, meldete sich Suko, der dabei war, mit einer kleinen Holzgabel zu essen. Er schaufelte Reis und Fleisch in seinen Mund.
    »Los, sonst verhungerst du noch!« Mandra machte mir Mut, und ich fing endlich an.
    Er hatte nicht gelogen. Selbst meiner europäischen Zunge schmeckte dieses Essen. Es war scharf, es war süß und auch nicht zu trocken. Currypulver schimmerte ebenfalls zwischen den Körnern.
    »Da wäre noch etwas«, sagte ich, horchte aber auf, weil ein grelles Signal über den Bahnsteig schallte. Der Zug setzte sich endlich in Bewegung. Ein Ruck erfaßte unseren Wagen. Mir kullerte Reis von der Holzgabel.
    Dann stampfte die Dampflok weiter. Es zischte wie in alten Tagen, und an den Fenstern draußen huschten die hellen Wattebäusche vorbei. Auf dem Bahnhof hatten mehrere moderne Dieselloks gestanden. Ausgerechnet unser Zug bekam eine Dampflok.
    »Du wolltest noch etwas sagen, John«, erinnerte Suko mich.
    »Ja, das stimmt. Als Mandra das Essen holte, konnte ich einen Blick ins Nachbarabteil erhaschen, wo ich den Beinlosen sah.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Er schwebte, Mandra!«
    Der Inder ließ seine Tüte sinken. Er schaute für einen Moment aus dem Fenster, ohne jedoch richtig etwas zu sehen. Dann dachte er nach und legte die hohe Stirn in Falten. »Du hast dich nicht getäuscht, John? - Er schwebte?«
    »So ist es!«
    Mandra aß weiter und tat so, als hätte er etwas völlig Normales gehört. Wir rollten inzwischen durch die Vorstädte von Benares.
    »Hast du mich nicht verstanden?«
    »Doch, John.«
    »Okay. Und weshalb gibst du keine Antwort? Du bist doch der Fachmann. Du stammst aus diesem Land.«
    Er aß die letzten Bissen, knüllte die leere Tüte zusammen und ließ sie in einem Abfallkorb verschwinden. »Dann hast du einen sehr mächtigen Mann gesehen.«
    »Du kennst ihn?«
    »Ja, ich habe von ihm gehört, wußte aber nicht, daß die vier Leibwächter zu ihm stehen.«
    »Was hat er vor?«
    »Es ist der beinlose Gott!«
    Ich schaute Suko an, dann Mandra, aber nur der Inder wußte mehr über diese Person. »Der beinlose Gott ist ein mächtiger Fakir. Er hat sich allein auf die geistigen Kräfte konzentriert und versucht seit Jahren schon, nicht zu sterben. Man weiß nicht, wie alt er ist, aber er hat vor, sich selbst und damit sein Menschsein zu überwinden. Er schafft es allein durch die Kraft seines Geistes, sich zu bewegen. Seine Beine mußten ihm nach einem Kampf mit einem Tiger amputiert werden. Er hat damals geschworen, es allen zu zeigen und sich selbst zu überwinden. Das hat er geschafft. Er hat sich selbst überwunden. Er hat gezeigt, daß auch ein Krüppel Macht haben kann. Er mobilisierte seine geistigen Kräfte. Wir sagen dazu Teleportation. Eigentlich braucht er die Trage und die vier Leibwächter nicht.«
    »Wie gefährlich ist er?«
    »Wir dürfen ihn nicht als unseren Freund ansehen. Er ist ein Mann, der die heiligen Stätten verteidigen will. Rechnen wir also damit, daß er uns davon abhalten will.«
    »Toll«, murmelte ich.
    »Es wird Ärger geben, John. Man geht nicht einfach nach Gaya, um einen Buddha zu besuchen. Das können die Gläubigen, aber nicht du oder Suko. Sie merken genau, wer zu ihnen gehört.«
    Ich schlug mit beiden Händen auf meine Oberschenkel. »Dabei wollen wir nicht zerstören oder…«
    »Das weiß er wohl auch, es interessiert ihn aber nicht. Du darfst ihn nicht mit normalen Maßstäben ansehen.«
    »Wird er versuchen, uns mit Gewalt abzuhalten?«
    »Darauf läuft es hinaus.«
    »Wo?«
    Mandra hob die Schultern. »Das kann im Zug passieren oder erst in Gaya.«
    Ich strich über mein Haar. Daß es einen derartigen Ärger geben würde, damit hätte ich nicht gerechnet. Hoffentlich lohnte es sich auch, dann mußte irgendwo auch der Erfolg kommen.
    Wir hatten die Stadt verlassen. Ich schaute aus dem Fenster. Wir rollten durch eine Hügellandschaft, die dicht bewachsen war. Eine Gegend, wie wir sie in Europa nicht kannten. Heiß

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