0674 - Im Höllenloch
einer Medusa mit Schlangenhaaren zu sehen, wobei das blutbefleckte Gesicht geblieben ist und die Kette aus Menschenköpfen ebenfalls.«
»Nur nicht Kali!« stöhnte Suko.
Ich hob die Schultern. »Wir haben uns hier hineingehängt und müssen mit allem rechnen.«
»Ich will nur, daß mein Stab wieder seine normale Funktion bekommt. Alles andere ist mir ziemlich egal.«
»Wobei du manchmal nicht das eine von dem anderen trennen kannst«, gab Mandra zu bedenken.
»Wie stehen meine Chancen überhaupt?«
»Dazu kann ich nichts sagen. Wir müssen erst in Gaya sein und die heiligen Plätze aufsuchen.«
Ich hatte mich an der Unterhaltung nicht beteiligt, weil ich mich auf die beiden finster aussehenden Typen konzentrierte. Aus ihren Gürteln schauten. Griffe hervor, die entweder zu langen Messern oder aber zu Schwertern gehörten.
Sie blieben weiterhin vor dem Wagen stehen und taten ziemlich unschlüssig. Dabei sah ich genau, daß sie uns nicht aus den Augen ließen, auch wenn sie die Blickrichtungen hin und wieder änderten.
Ich machte Suko darauf aufmerksam.
Mein Freund nickte. Er hatte seinen alten Willen zurückbekommen. »Nehmen wir sie uns vor?«
»Besteht ein Anlaß?«
»Der ließe sich finden.«
»Nein, nein«, sagte Mandra warnend. »Laß sie in Ruhe. Es könnte großen Ärger geben, denn sie sind so etwas wie eine Institution. Jeder kennt die Männer der Schlange und würde viel darum geben, ihnen einen Gefallen erweisen zu können.«
»Weil du es bist«, sagte Suko.
Wir brauchten nicht zu ihnen zu gehen, sie kamen von selbst. Zugleich überquerten sie den Bahnsteig, und andere, die ihnen entgegenliefen, schufen respektvoll Platz.
»Bleibt ruhig sitzen!« flüsterte Mandra uns zu. »Ich werde das übernehmen!«
»Hast du eigentlich deine Dolche dabei?«
»Und ob.«
Die Dolche waren in der Tat nicht mit normalen zu vergleichen. Angeblich sollten sie einmal dem Gott Wischnu gehört haben. Gefunden hatte Mandra sie nach langer Suche in einem alten Grabmal, in dem zwei Göttinnen beigesetzt worden waren. Die Dolche waren aus den Armen sterbender Dämonen hergestellt worden, die der Göttin Kali gedient hatten. Der Gott Schiwa hatte sie dann übernommen und die Todesgöttin damit bekämpft, wobei er später auf seinem Adler Garuda davongeritten war. Die Klingen der Waffen waren schmal, aber pechschwarz, und die Griffe leuchteten in einem geheimnisvollen Blutrot.
Die beiden Typen hatten es tatsächlich auf uns abgesehen, denn sie kamen geradewegs auf uns zu und blieben so dicht vor uns stehen, daß wir sie riechen konnten.
Ihre Kleidung strahlte einen rauchigen Geruch aus, als hätten sie damit nahe beim Feuer gesessen.
Kantige Gesichter mit wuchernden Bärten und stechenden Augen drehten sich zu uns um. Einer von ihnen sprach. Es hörte sich an wie ein heiseres, hartes Bellen.
Es mußte eine Frage gewesen sein, denn Mandra Korab gab eine Antwort. Auch seine Stimme klang nicht eben sanft, er blieb sogar dabei sitzen, was die Kerle sauer machte.
Sie legten ihre Hände auf die Griffe der Waffen…
Ich spannte mich, Suko saß ebenfalls wie auf dem Sprung. Dann stand Mandra auf. Er überragte beide. Sie schraken unwillkürlich zusammen und hörten sich Mandras hart gesprochenen Monolog an. Er hob dabei den rechten Arm und wies zum Zug.
Die Männer erwiderten nichts mehr, nur ihre Blicke verdüsterten sich noch weiter. Schließlich machten sie kehrt und gingen mit schnellen Schritten davon.
Sie stiegen ein und zeigten sich zunächst einmal nicht.
Mandra setzte sich wieder. Noch in der Bewegung hörte er meine Frage. »Was hast du ihnen gesagt?«
»Daß sie sich hüten sollen.«
Ich lächelte schief. »Werden Sie den Rat befolgen?«
»Wenn sie schlau sind, gewiß.«
»Was wollten sie noch?«
»Uns eine letzte Warnung erteilen. Ich darf nach Gaya, für euch wird es schlimm und tödlich.«
»Ich zittere jetzt schon.«
»Nimm es nicht zu leicht, John. Es sind nicht nur die vier Männer und der Beinlose. Sobald sie erkannt haben, daß Weiße in der Stadt sind, die nicht zu irgendeiner Religionsrichtung gehören, wird man die Jagd auf euch eröffnen.«
»Wir sollten uns verkleiden«, schlug Suko vor.
Mandra Korab schüttelte den Kopf. »Das hat jetzt keinen Sinn mehr, Freunde, weil es sich schon herumgesprochen hat, daß wir auf dem Weg sind. Leider habe ich das vorher auch nicht bedacht.«
»Okay, belassen wir es dabei.«
Zwei Schaffner erschienen auf dem Bahnsteig. Einer schaute auf die Uhr
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