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0676 - Die Höhle des Grauens

0676 - Die Höhle des Grauens

Titel: 0676 - Die Höhle des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Eingangstür öffneten. Jede dieser goldenen Türhälften mußte rund zehn Meter hoch und fast fünf Meter breit sein, aber Zamorra sah keine Menschen, die sie bedienten. Der Vorgang lief anscheinend mechanisch ab.
    »Hör mir zu«, flüsterte seine Begleiterin plötzlich. »Ich weiß, daß du viele Fragen hast. Alle werden beantwortet werden, sobald die Prüfung vorbei ist. Konzentriere dich nur darauf, auf nichts anderes.«
    Damit spielte sie wohl auf seine geistigen Rechenexperimente an, die ihm selbst bereits auf die Nerven gingen.
    »Und wenn ich nicht an dieser Prüfung teilnehme«, entgegnete er ebenso leise, »wenn ich jetzt einfach gehe?«
    Seine Begleiterin sah ihn traurig an. »Du würdest nicht weit kommen. Jeder hier kennt dich und weiß von deiner Teilnahme. Und selbst wenn dir eine Flucht gelänge, wohin würdest du gehen? Nichts hier ist dir vertraut, selbst ich bin es nicht, das sehe ich in deinen Augen.«
    Es überraschte Zamorra nicht, daß sie die Maske der Selbstverständlichkeit, die sie die ganze Zeit über getragen hatte, fallen ließ. Da sie seine Gedanken gelesen hatte, wußte sie natürlich auch, daß er sich an diesem Ort völlig fremd fühlte und keine Ahnung hatte, was man von ihm erwartete. Sie hatte ihn in eine Situation gebracht, in der er nur noch das tun konnte, was sie von ihm verlangte. Es gab keinen Grund mehr, das Spiel fortzusetzen.
    Zamorra wollte ihr antworten, aber ein Blick auf den Palast lenkte ihn ab. Ein Mann, der einen großen, roten Hut und eine ebenso rote Robe trug, trat aus der Eingangstür und blieb vor den Bannerträgern stehen. Zwischen den hohen Flügeln wirkte er wie ein Zwerg.
    »Ich heiße euch willkommen im Namen des Weisesten aller Herrscher, dessen Macht seine Feinde in den Staub fallen läßt und seine Freunde mit Stolz erfüllt«, wandte er sich an die Menge. »Sein Antlitz beschämt die Sonne und läßt den Himmelskaiser selbst erzürnen. Wenn sein Name erschallt, erzittern die Ungerechten, während die Gerechten sein Lied anstimmen und ihn preisen.« Er hielt inne, um Luft zu holen.
    »Ich glaube, er kündigt gleich Elvis an«, murmelte Zamorra und machte damit der bizarren Assoziation Luft, die ihn seit den ersten Worten des Herolds verfolgte.
    »Es ist der Name des Obersten Guan der Stadt Choquai, des Herrschers der Flüsse und der Berge, des Bewahrers der Schriften, des Gönners der Tempel und der Priester, des Beschützers der Karawanen, des Begründers unseres Volkes, des Herrn der Sonne und der Wolken, des Sohnes des Wolfes. Verneigt euer Haupt im Staub vor dem Namen von Kuang-shi.«
    »Möge er zehntausend Jahre leben!« rief die Menge begeistert und berührte mit der Stirn den Boden.
    Ich kenne diesen Namen, dachte Zamorra irritiert. Vergeblich versuchte er, sich auf diesen Gedanken zu konzentrieren. Dabei bemerkte er nicht, daß seine Begleiterin neben ihm kurz schwankte und vor Anstrengung das Gesicht verzerrte.
    Der Herold fing sich nach seiner euphorischen Begrüßung, räusperte sich und zog eine Pergamentrolle aus den Falten seiner Robe hervor.
    »Wie es das Gesetz unseres Volkes gebietet, findet heute im fünften Mond des Drachenjahres, zwei Monde nach dem Dahinscheiden des obersten Zauberers und Bewahrer der Sprüche Ting Chuan die Prüfung statt, die seine Nachfolge bestimmen wird. Drei Zauberer, die sich um Choquai verdient gemacht haben, wurden erwählt, um diese Ehre zu kämpfen.«
    Zamorra bemerkte aus den Augenwinkeln, daß sich in seiner Nähe ein Mann auf den Knien rutschend durch die Menge bewegte. Ab und zu hielt er an und sagte ein paar Worte. Wenn der Angesprochene nickte, zog er einen Abakus hervor und einige Geldstücke wechselten den Besitzer. Ein Buchmacher, dachte Zamorra amüsiert. Anscheinend war seine Tätigkeit jedoch illegal, denn er sah sich immer wieder nervös um und versuchte unauffällig zu bleiben.
    »Hey!« flüsterte Zamorra ihm zu, während oben vor dem Palast der Herold detailliert darauf einging, wie ungeheuer ehrenvoll diese Prüfung war, »wie sieht's denn aus?«
    Der Buchmacher neigte den Kopf und betrachtete seine Aufzeichnungen. »Kommt darauf an, auf wen du setzen willst, Freund«, entgegnete er. »Bei Shao Yu kann ich dir eine Quote…«
    Er sah auf und unterbrach sich. »Verzeiht bitte, Zauberer«, sagte er dann und verneigte sich so gut, wie das in seiner knienden Position ging, »ich hatte nicht gesehen, daß Ihr es seid. Bitte glaubt nicht, daß mein Verhalten ein Beweis mangelnder

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