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0676 - Die Höhle des Grauens

0676 - Die Höhle des Grauens

Titel: 0676 - Die Höhle des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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seiner unerwarteten Befreiung zu lösen.
    Gryf trat hinaus in die Hitze der Mittagssonne. Unterbewußt war er davon ausgegangen, sich immer noch inmitten des staubigen Kraters zu befinden. Die Landschaft, die sich jetzt vor ihm offenbarte, verschlug ihm jedoch den Atem.
    Der Druide stand am Rande eines kleinen Dorfes, dessen Häuser sich in dem engen Tal dicht zusammendrängten. Um sie herum stachen die zerklüfteten, grünen Felsen in den Himmel, deren Ausläufer Gryf bereits am äußeren Ende des Staudamms entdeckt hatte. Ein schmaler Fluß mäanderte träge zwischen ihnen hindurch. Der Druide vermutete, daß es sich dabei um einen Nebenarm des Yangtse handelte, der die letzten paar Millionen Jahre genutzt hatte, um diese Schlucht zu graben.
    Es war eine beeindruckende Landschaft, aber bei weitem nicht so erfreulich, entschied Gryf, wie der offene Geländewagen, der neben der Polizeistation stand. Der Schlüssel steckte in der Zündung, was entweder ein Vertrauensbeweis der Polizei an die Dorfbevölkerung darstellte, oder einfach nur eine Selbstverständlichkeit war, weil niemand so blöd sein konnte, einen Polizeiwagen zu stehlen.
    Niemand außer mir, dachte der Druide grinsend und ging auf den Geländewagen zu.
    »Was willst du da?« fragte die Chinesin herrisch.
    »Ich will meinen Freund in eine etwas bequemere Position bringen und uns beiden die Reise erleichtern. Ich nehme doch mal an, daß du uns zu einem bestimmten Ort bringen willst, oder?«
    Die junge Frau hob die Waffe. Dieses Mal zeigte der Lauf auf eine Stelle irgendwo zwischen den Felsen. »Nicht darin. Wir nehmen ein Boot.«
    Gryfs Blick fiel auf einen niedrigen Holzkahn, der am Ufer lag und aussah, als habe er bereits Marco Polo befördert. Eigentlich war die Idee der Chinesin nicht schlecht. In einem Boot fielen sie weitaus weniger auf, als in einem gestohlenen Polizeiwagen, vorausgesetzt, das Boot hielt sich länger als ein paar Meter auf dem Wasser. Aber genau das bezweifelte der Druide.
    Die Chinesin ging, ohne seine Antwort abzuwarten, zu dem kleinen Kahn und löste das Seil, mit dem er an einem Holzpfahl festgebunden war. Dann setzte sie sich hinein und verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Es ist sicher«, entschied sie. »Bring den Zauberer her. An unserem Ziel wird es Hilfe für ihn geben.«
    Den Zauberer? Der Druide hielt irritiert inne. Damit konnte nur Zamorra gemeint sein. Also war er der Grund für die Befreiungsaktion. Aber woher kannte die Chinesin ihn?
    Gryf seufzte leise, ging zum Boot und legte seinen immer noch regungslosen Freund darin ab. Vielleicht erhielt er am Ziel dieser Reise endlich die Antworten, auf die er wartete. Vor allem aber hoffte er, daß es dort einen Arzt gab.
    Der Druide verdrängte seine Schuldgefühle. Er stieß das Boot vom Ufer weg und steuerte es mit einem Ruder in die Mitte des Flusses. Das kleine Dorf verschwand langsam hinter einer Biegung - ebenso wie der verschwitzte, schwer atmende Chinese, der mit letzter Kraft in die Polizeista- tion taumelte.
    ***
    Lei Feng schloß die Tür der Polizeiwache hinter sich und ließ sich mit geschlossenen Augen langsam zu Boden sinken. Er war am Ende seiner Kräfte und verstand nicht, wie Me Xiang es geschafft hatte, mit einer solchen Geschwindigkeit bis in dieses Dorf zu gelangen. Der Spitzel war ihr zufällig begegnet, als er die Behelfsstraße zum Staudamm heruntergegangen war, um bei der Suche nach den Spionen zu helfen. Es hatte ihn gewundert, sie lange nach ihrer Pause dort zu sehen. Schließlich war sie Kranführerin und hatte eine wichtige Aufgabe zu erledigen. Die Art, mit der sie die gescheiterte Flucht der Spione beobachtete und direkt danach hektisch die Straße hinauflief, hatte ihn schließlich dazu gebracht, ihr zu folgen. Immerhin mußte er den peinlichen Zwischenfall, den er ausgelöst hatte, bei seinem Führungsoffizier wiedergutmachen. Da half es vielleicht, wenn er eine Arbeitskollegin wegen irgendeines Vergehens denunzierte. Schaden würde es ihm zumindest nicht.
    Lei Feng öffnete die Augen wieder und stieß überrascht die Luft aus, als er die stumm an der Wand stehenden Polizisten sah.
    »Hallo?« fragte er zögerlich. Niemand reagierte. Der Spitzel stand mit zitternden Beinen auf und stellte sich vor sie.
    »Wenn ich störe, komme ich gerne später wieder.«
    Aber auch dieses Mal blieb eine Reaktion aus. Lei Feng hob die Hand und führte sie an den Augen eines Polizisten vorbei. Der Mann zuckte noch nicht einmal.
    Drogen, dachte der

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