068 - Der Vampir und die Taenzerin
Yorker Staatstheaters hat bereits telefonisch sein Interesse an Roxanna bekundet. Er will es im Frühjahr aufführen und möchte, daß Sie wieder die Hauptrolle übernehmen!“
Diana war zwar erfreut, aber das Frühjahr war noch weit, und im Moment ließ ihre Sorge für Barnabas kaum andere Gedanken zu. Abwesend hörte sie, wie Elizabeth sich voll Enthusiasmus über die Aufführung äußerte. Erst Alex’ höhnische Bemerkung holte sie aus ihrer Grübelei zurück.
„Wie schade, daß Mavis unseren Erfolg nicht teilen kann!“ sagte er mit unüberhörbar spöttischem Tonfall.
Peter Norrad warf ihm einen verbitterten Blick zu und verließ hastig den Tisch.
Schweigen lastete auf den Zurückgebliebenen. Die durch die guten Kritiken in den New Yorker Zeitungen hervorgerufene frohe Stimmung war wie weggewischt. Offenbar wollte Alex seinen Ärger an ihnen auslassen. Denn obwohl fast alle Darsteller lobend hervorgehoben worden waren, hatte man ihn nur am Rande erwähnt. Seine Eitelkeit war erheblich angekratzt worden.
Voll Erregung wartete Diana darauf, Nora zu sehen. Gleich nach dem Essen begab sie sich zum Farmhaus. Unterwegs begegneten ihr eine Menge Leute, die sich bereits jetzt an der provisorischen Kasse vor der Kapelle anstellten, um sich für den Abend Karten zu sichern. Sie war sehr froh, daß kaum jemand sie in den Shorts, der leichten Bluse und mit der dunklen Sonnenbrille erkannte. In ihrer gegenwärtigen Stimmung war ihr nicht danach, Glückwünsche entgegenzunehmen.
Die meisten der jungen Leute vom Ensemble lagen vor dem Haus im Gras und sonnten sich. Sie fragte den erstbesten nach dem Mädchen.
Er grinste breit. „Dort drüben liegt sie, bei der Ulme. Ich glaub’, unsere liebe Nora hat noch einen ganz schönen Kater!“
Diana folgte seiner Weisung und fand die Tänzerin im knappen weißen Bikini, der die Bräune ihres gutgewachsenen Körpers hervorhob, auf dem Bauch auf einer Decke liegend. Sie rührte sich nicht, als Diana näherkam.
„Nora!“
Das Mädchen stöhnte nur.
„Nora, ich bin es, Diana Samson. Ich hörte, ihr hattet eine bezaubernde Party.“
Wieder stöhnte das Mädchen. „Mein Kopf! O mein Kopf!“
„Das ist gewöhnlich der Preis für alkoholreiche Feste“, stellte Diana fest.
„Das ist mir noch nie passiert“, protestierte das Mädchen. „Ich kann trinken was und soviel ich will, aber ich fühle mich danach nie schlecht!“
Diana lächelte. „Nun, diesmal scheinen Sie aber einen ausgewachsenen Kater zu haben.“
„Das verstehe ich einfach nicht“, sagte Nora weinerlich. „Dabei habe ich weniger getrunken als sonst.“
Diana wollte sie provozieren, mehr vom vergangenen Abend zu erzählen. „Wahrscheinlich wurde viel geraucht, und laut ging es sicher auch zu.“
„Ich habe mich eigentlich nur mit Barnabas unterhalten“, sagte Nora. „Und bestimmt nicht laut. Er ist so interessant. Er kann so fesselnd über das Ballett plaudern.“
Diana stand ungeduldig neben dem Mädchen und wartete darauf, daß es endlich den Kopf heben würde und sie den Hals sähe. „Barnabas ist sehr charmant“, sagte sie.
„Ja“, stimmte Nora zu. „Alt, aber nett.“ Sie versuchte sich aufzusetzen, ließ es aber mit einem erneuten Stöhnen sein.
Leicht gereizt sagte Diana: „Sie hätten nicht in der rauchigen Luft bleiben, sondern lieber Spazierengehen sollen.“
„Das haben wir ja getan“, gestand das Mädchen. „Barnabas schlug es vor. Wir unterhielten uns so angeregt, daß ich mich gar nicht mehr erinnern kann, wie lange. Ich weiß nur, daß ich diese entsetzlichen Kopfschmerzen hatte, als ich zurückkam.“
„Erinnern Sie sich denn nicht mehr, wann Sie gute Nacht sagten?“
„Nein“, sagte Nora verwirrt. „Und es tut mir leid, denn er gefällt mir. Aber irgendwie setzte es bei mir aus.“
„Das kommt vor“, kommentierte Diana trocken.
„Aber bei mir war es das erstemal“, versicherte Nora und bemühte sich, sich aufzurichten. Diesmal gelang es ihr. Und Diana entdeckte das verräterische rote Mal an ihrer Kehle.
Nun, da ihre Neugier befriedigt war, schwand ihr Interesse an Nora. Sie wußte, daß Barnabas sich ihr nur aus einem Zwang heraus genähert hatte, sie ihm aber nichts bedeutete.
Das Mädchen auf der Decke sah sie überlegend an. „Nun fällt es mir wieder ein. Alle redeten davon, daß Barnabas Ihr Freund ist.“ Stöhnend stand die Kleine auf. „Bitte glauben Sie mir, falls ich irgend etwas gestern abend falsch gemacht habe, tut es mir
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