0683 - Die Verdammten der Nacht
sich einen nächsten Kunden zu angeln.
Brenda Evans hielt den Autoschlüssel in der Hand. Sie war nachdenklich geworden. Eigentlich hätte sie jetzt einsteigen und wegfahren können, aber da war etwas, das sie daran hinderte. Sie wußte selbst nicht, warum sie stehenblieb und nachdachte.
Es mußte mit Mike zusammenhängen.
Sein Anblick, das Einkaufen, das Kino…
Sie schaute auf die Uhr.
Brenda wußte nicht genau, wie lange der Film dauerte. Länger als zwei Stunden auf keinen Fall. Zudem lag das Kino direkt um die Ecke, einen Katzensprung nur.
Der Wagen stand hier gut. Sie konnte hingehen und vor dem Kino warten, bis die Zuschauer herauskamen.
Auch Mike…
Sie schluckte. Ihr Mund fühlte sich an, als wäre er mit Wüstensand gefüllt. Über ihre Arme rieselte es. Allein der Gedanke daran, ihrem toten Sohn ohne trennende Wände gegenüberzustehen, bereitete ihr starkes Unbehagen.
Aber da mußte sie durch. Sie wollte es einfach genau wissen. Zielstrebigkeit hatte man sie in den letzten Monaten auf einigen Kursen gelehrt. Ohne sie war man verloren, kam man nicht weiter.
Und deshalb ging sie los.
Ihre Absätze klapperten über den Boden. Sie kam sich vor, als würde sie durch eine Welt voller Nebel laufen. Irgend etwas war einfach anders geworden. Sie nahm die Geräusche nicht mehr so klar und deutlich wahr. Um sie herum befanden sich Schleier, die vieles dämpften. Brenda kam erst wieder zu sich, als sie eine der Glastüren des Kino-Foyers nach innen gestoßen hatte und sich in einem halbrunden Raum wiederfand, der mit Teppichboden belegt war.
Drei Kinos waren in diesem Center untergebracht. Das Foyer unterteilte sich in zwei Hälften. Die eine wurde von einer Verkaufsfläche eingenommen.
Hinter dem Tresen befand sich die Kasse. In einem Regal standen die Tüten mit den Süßigkeiten und mit Knabbergebäck. Eine große Popcornmaschine verströmte einen muffigen Geruch.
Rechts daneben sah sie die Kasse. Hinter ihr saß ein Mann mit blondem Oberlippenbart. Zwei Pärchen hockten im Hintergrund an runden Tischen. Andere schauten sich die Bilder an.
Der Film lief im Kino 1.
Brenda stellte sich vor die Kasse und räusperte sich. Der Mann dahinter hob den Blick.
»Bitte, wann ist der Film in Kino zu Ende?«
»In einer Viertelstunde.«
»Danke.«
»Sie können jetzt schon Karten für die nächste Vorstellung kaufen, Madam.«
»Nein, das möchte ich nicht.«
Der Mann hinter der Kasse lehnte sich zurück und grinste. »Kann ich verstehen, ist auch ein Schocker. Können Sie sich vorstellen, daß Menschen aus den Gräbern kriechen und zurückkommen? Einige sind sogar halb verwest, andere haben Köpfe, die sehen aus, als hätte jemand in einen Teig geblasen. Ich sage Ihnen was, Madam, das ist ein…«
Bei jedem Wort war Brenda einen Schritt zurückgewichen und immer bleicher geworden. In ihre Augen trat ein Ausdruck der Panik.
»Hören Sie auf, verdammt. Hören Sie mit Ihrem Gerede auf. Ich… ich kann es einfach nicht mehr hören …«
Der Mann lachte. »Was ist denn? Sie…«
Brenda Evans hörte nicht mehr, was er sagte. Sie hatte das Foyer fluchtartig verlassen. Vor dem Kino lehnte sie ihren Rücken gegen eine imitierte Goldsäule.
Es war Wahnsinn, es war verrückt. Wie konnte dieser Kerl nur so etwas sagen? Ausgerechnet ihr, die sie ihren toten Sohn gesehen hatte.
Zombies – lebende Tote – eine Rückkehr aus dem Grab, halbverwest oder teigig.
Wie konnte er nur!
Sie merkte, daß ihr Magen revoltierte. Wie eine bizarre Figur sah sie ihren Sohn tot im Sarg liegen. Er hatte nach dem Unfall zu einem Leichenkosmetiker gemußt, weil er einfach so schlimm aussah.
Das war alles verrückt, das überstieg ihr Fassungsvermögen, das konnte sie nicht mehr nachvollziehen.
Das Bild verwischte. Die Realität tauchte wieder auf. Sie sah die Straße, die Häuser auf der anderen Seite, dazwischen die fahrenden Wagen. Das alles stimmte, das konnte sie greifen und fühlen, aber keine lebenden Toten.
Brenda mußte sich wieder fangen. Der Film war bald beendet. Sie überlegte, wo sie warten sollte.
Im Foyer oder hier draußen. Sie entschied sich dafür, im Foyer zu warten. Dort war ein menschengroßes Reklameschild aufgestellt worden, hinter dem sie sich verstecken konnte.
Ihre Knie zitterten, als sie sich auf den Rückweg machte. Sie dachte an den Mann an der Kasse, der mit ihrem Entsetzen Scherz treiben würde. Sie verspürte den Drang nach einer Zigarette, aber sie hatte das Rauchen vor einigen Wochen
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