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0683 - Monster aus dem Schlaf

0683 - Monster aus dem Schlaf

Titel: 0683 - Monster aus dem Schlaf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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unterordnete.
    Er schielte nach der schwarzen Jacke, die Viper trotz der Wärme über seinem Hemd trug. Auf der Brusttasche war ein Totenkopf aufgenäht -das Zeichen seiner Gangzugehörigkeit. Für dieses Zeichen war Chris bereit, alles zu tun, denn es bedeutete nicht nur, dass er alle Prüfungen abgelegt und bestanden hatte. Es bedeutete Respekt. Und darum beneidete Chris die Skulls.
    Wenn sie in ihren schwarzen Jacken Stolz durch das Viertel gingen, wagte es niemand, sich ihnen entgegenzustellen. In den Geschäften nahmen sie sich einfach, was sie brauchten und zahlten nur, wenn ihnen gerade danach war. Keiner der Geschäftsleute rief ihretwegen die Polizei, denn als Antwort darauf wäre schon nach kurzer Zeit eine Brandbombe durch sein Schaufenster geflogen. Das hatte Chris von anderen Kindern erfahren, obwohl er selbst so etwas nie gesehen hatte.
    Auch ein einzelner Skull wurde nie von anderen belästigt, selbst auf dem Schulhof nicht, wo die Uniformen es unmöglich machten, die Zugehörigkeit zu erkennen. Aber man kannte sich schließlich.
    Die Skulls waren die Könige von Whitechapel - zumindest für Chris.
    Der Junge hob seine Baseballkappe vom Boden auf und befreite sie sorgsam vom Straßenstaub.
    »Ich bin wohl eingeschlafen, als ich auf euch gewartet habe«, sagte er.
    »Heißt das, wir sind zu spät?«, fragte Sharwood, einer von Vipers Adjutanten, scharf.
    Chris schüttelte schnell den Kopf. »Nein, es heißt nur, dass ich müde war.«
    Mann, dachte er wütend über seine eigene Dummheit, pass doch auf, was du sagst.
    Viper ignorierte das Geplänkel und zündete sich eine Zigarette an. »Hast du deine Aufgabe erfüllt?«
    »Ja, das habe ich«, antwortete Chris stolz und stand auf. »Alles, was ich trage, habe ich selbst geklaut.«
    »Beweise?«
    Der Junge griff in seine Hosentasche und zog die Plastikscheiben hervor, mit denen Kaufhäuser versuchten, ihre Ware vor Diebstahl zu schützen. Da die beim Kauf entfernt wurden, war das ein Beweis dafür, dass er die Wahrheit gesagt hatte.
    Sharwood nahm sie entgegen und verglich ihre Anzahl mit der Kleidung, die Chris trug.
    »Was ist mit deinen Socken?«
    »Die waren nicht gesichert.«
    Das Gangmitglied schlug ihm mit der flachen Hand gegen die Brust.
    »Dann hast du die billigen geklaut, du Idiot!«, sagte er grinsend.
    Chris taumelte unter dem Schlag, blieb aber auf den Beinen. Er sah nervös zu Viper herüber, der die Prüfung aufgrund dieses Fehlers für ungültig erklären konnte, wenn er wollte.
    Der ältere Junge bemerkte seinen Blick und neigte den Kopf, als müsse er erst über seine Entscheidung nachdenken.
    Schließlich sagte er: »Der gute Wille zählt. Du hast bestanden.«
    »Danke. Was soll ich als nächstes für dich tun? Ich könnte…«
    Viper hob die Hand und brachte Chris mit der Geste zum Schweigen. »Ich will, dass du ehrlich bist und mir sagst, was die Bullen eben in eurer Wohnung wollten.«
    Welche Bullen?, fragte sich der Junge stirnrunzelnd. »Meinst du den Mann und die Frau? Keine Ahnung, was die wollten. Mom… Meine Mutter hat sie abgewimmelt. Das waren aber keine Bullen.«
    »Und warum«, sagte Viper gefährlich leise, während er auf Chris zuging, »haben die dem fetten Bob dann ihren Ausweis gezeigt?«
    Chris antwortete nicht. Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn, als er das Blitzen in Vipers Augen sah.
    Und dann stand der Jugendliche auch schon vor ihm. Wie hingezaubert lag ein Butterflymesser in seiner Hand.
    »Ich könnte mir vorstellen«, zischte er, »dass die Bullen dich beim Klauen erwischt haben. Vielleicht wollen sie dir ja einen Deal anbieten. Wenn du gegen uns aussagst, lassen sie die Anklage fallen.«
    Einem Erwachsenen wäre spätestens in diesem Moment klar geworden, dass Viper eindeutig zuviel Zeit mit dem Ansehen von Gangsterfilmen verbrachte, aber für Chris wirkte die Anschuldigung völlig real.
    »Nein, das ist nicht wahr, Viper. Ich hab nicht gewusst, dass die beiden Bullen sind. Sie haben mich auch nicht erwischt!«
    Chris konnte seine Augen nicht von dem Messer abwenden. In dieser kleinen Seitenstraße war außer ihnen kein Mensch. Selbst wenn er um Hilfe rief…
    Viper ließ die Waffe langsam sinken. »Für dich hoffe ich das, Kleiner. Die Aufnahmeprüfungen werden erst mal gestoppt, bis wir wissen, was Sache ist.«
    Er nickte seinen Adjutanten kurz zu und wandte sich von Chris ab. »Aber wir werden jeden deiner Schritte beobachten, merk dir das.«
    »Ja, Viper«, flüsterte Chris verängstigt.
    Er

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