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0684 - Wald der toten Geister

0684 - Wald der toten Geister

Titel: 0684 - Wald der toten Geister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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oder Brummen, das den weiten Himmel erbeben ließ.
    Aus abgeteilten Beeten hervor wuchsen kahle Büsche, deren Zweige von einer Seite zur anderen peitschten. Durch das geisterhafte, blauweiße Licht der Laternen fielen die langen Ketten der Regenschleier sichtbar dem Boden entgegen, wo sie aufklatschten und als Tropfenspur wieder in die Höhe geschleudert wurden.
    Die Szenerie erinnerte mich an ein unheimliches und düsteres Gemälde, das ein Künstler kurzerhand auf dem großen Platz vor der Raststätte aufgebaut hatte.
    Wenn sich der Wind in eine bestimmte Richtung drehte und nach den Büschen griff, dann bogen sie sich auch den Fenstern entgegen, als wollten sie mit ihren Zweigen am Glas kratzen.
    Wir beiden blickten nach draußen. Unsere Gesichter malten sich als schwache Umrisse auf der Scheibe ab. Ich wollte mein Gegenüber wieder ansprechen, zögerte aber, als ich seinen Gesichtsausdruck sah, der eine Mischung aus Furcht und Verblüffung zeigte.
    Er bewegte seinen Mund, ohne zu sprechen. Der Schauer bedeckte wie dünner Gries seine Haut.
    »Was haben Sie?« sprach ich ihn an.
    Zuerst reagierte er nicht, dann stemmte er seine Hände auf die Tischplatte und machte den Eindruck eines Mannes, der jeden Moment in die Höhe springen wollte.
    Ich schaute selbst hin.
    Aus den Büschen wankte eine Gestalt. Regennass, ohne einen trockenen Fleck an der Kleidung. Das Gesicht war bleich und starr wie Porzellan. Die Augen darin wirkten übergroß und dunkel. Das Haar hing ihm strähnig in die Stirn.
    Er kam mit eckigen Bewegungen vor und näherte sich dem Fenster.
    Ich hatte es bisher nur geahnt, nun aber erkannte ich ihn genau.
    Es war Mike Evans, der angeblich Tote!
    ***
    Zwischen uns lastete das Schweigen wie ein tiefer, unheilvoller Druck. Obwohl höchstens drei Sekunden vergangen sein konnten, war die Zeit für mich eingefroren.
    Und dann sprach Phil Evans. »Mike«, flüsterte er, »verdammt noch mal, Mike - bleib weg…« Seine Stimme versagte. Die würgende Angst hatte seine Haut grau werden lassen.
    Und Mike kam weiter vor. Er hielt die Arme ausgestreckt, seine Handflächen kamen mir vor wie weicher Teig.
    Er lehnte sich nach vorn. Nur ein kurzer Ruck, eine knappe Bewegung reichte aus, dann fiel er gegen die Scheibe.
    Zuerst mit den Handflächen, die sich an den Ballen platt drückten. Er schob sein Gesicht näher heran, bis es die nasse Scheibe ebenfalls berührte. Das Regenwasser rann über die groben Züge, als wollte es diese auflösen.
    Wir schauten beide zu, aber wir sagten nichts. Eine Hand zog Mike zurück, er ballte sie zur Faust und hämmerte gegen die Scheibe. Nur wir hörten die dumpfen Laute.
    Dann sprang ich hoch.
    Sofort reagierte auch Phil Evans. Er griff über den Tisch hinweg und packte mich am Arm. »Verdammt«, keuchte er, »wo wollen Sie hin?«
    »Zu Ihrem Sohn!«
    »Nein. Sie lassen Mike in Ruhe! Er ist kein Mensch mehr - er - ist ein Verwandelter.«
    »Das will ich herausfinden!« Ich riss mich los und lief weg, bevor Evans reagieren und nachfassen konnte.
    Andere Gäste waren aufmerksam geworden. Sie schauten zu uns herüber, enthielten sich aber ihrer Kommentare. Ich eilte durch den Mittelgang dem Ausgang entgegen:
    »Sinclair!«
    Es war mir egal, ob Evans hinter mir herschrie, stoppen konnte er mich nicht.
    Als ich die Glastür aufriss, hörte ich seine wütenden Schritte hinter mir. Ich schlüpfte durch die Tür, dann war er plötzlich an meiner Seite und holte mich noch vor dem Ausgang ein.
    Dort zerrte er mich herum. Seine Augen schimmerten wie Kristalle, als er mich anstarrte. »Verdammt, was wollen Sie von Mike?«
    »Mit ihm reden!«
    Ich stieß die Tür am Griff nach draußen und trat über die Schwelle. Sofort peitschte der Wind gegen mich. Regenschauer klatschten gegen die noch immer feuchte Kleidung.
    Ich hastete die Treppe hinab und nach links, denn dort hatte der angeblich Tote gestanden. Dass sein Vater mehr über ihn wusste, lag auf der Hand. Beide umgab ein Geheimnis, von dem ich praktisch nichts wusste.
    Das würde sich ändern.
    Evans keuchte hinter mir her. Seine Stimme klang gefährlich, als er sagte: »Das lasse ich nicht zu, verdammt!«
    Ich drehte mich um und trat dann blitzschnell einen Schritt zur Seite. Zum Glück, denn der Trucker hatte bereits ausgeholt, um mich gewaltsam zu stoppen.
    Diesmal raste seine mächtige Faust tatsächlich auf mich zu. Sie hätte mich mitten im Gesicht erwischt, aber ich stand nicht mehr dort, drückte den Körper noch etwas nach hinten

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