0688 - Der Einmann Krieg
Er kannte die Finessen der Geheimdienste zur Genüge. Oft genug hatte er selbst Täuschungsmanöver eingeleitet, um Verräter zu überführen. Er hatte sie stets so eingefädelt, daß dem Opfer keine Möglichkeit blieb, Schein von Sein zu unterscheiden, daß er in immer tiefere Zweifel stürzte, bis er überhaupt nicht mehr wußte, was er noch tun sollte.
Entlarvende Fehler stellten sich dann fast von selbst ein.
Befand er sich selbst in einem solchen Netz, das die Überschweren für ihn gesponnen hatten? Ihnen konnte es nicht nur darauf ankommen, ihn auszuschalten. Wenn sie herausgefunden hatten, daß er Bomben gelegt hatte, dann mußten sie wissen, an welchen Stellen er sie deponiert hatte, und wie er sie zünden konnte. Sie mußten wissen, woher er das Material beschaffte und mit wem er zusammenarbeitete. Dazu mußten sie ihn auf Schritt und Tritt überwachen.
Was sollte er tun? Warteten seine Feinde darauf, daß er zu seinem Depot und Oll Werres flog? Oder sah er einfach zu schwarz?
Vielleicht waren überhaupt keine Terraner nach Czugmoth gekommen? Vielleicht war alles nur ein abgekartetes Spiel von Anfang an?
Jacintho lächelte düster. Jetzt wußte er, wo er den Hebel ansetzen mußte.
Er zog den Gleiter herum und tippte das Ziel in die Programmpositronik. Dann überließ er die Maschine dem Autopiloten. Sekunden später trommelte der Regen wieder gegen die Scheiben. Wazzer Jacintho lehnte sich zurück und wartete ab. Nur wenige Minuten verstrichen, bis das Einmann-Gerät zwischen einigen flachen Gebäuden landete. Er trieb es noch etwas dichter an einen Eingang heran, setzte es ab und sprang hinaus. Mit einigen weiten Sprüngen eilte er ins Trockene.
Er wäre fast mit einem vorgesetzten Polit-Offizier zusammengeprallt, der das Haus gerade verlassen wollte.
„Nicht so stürmisch, Jacintho."
„Verzeihen Sie, Sir, ich wollte nicht so naß werden."
„Schon gut."
Der Offizier hielt einen kleinen Kasten in der Hand, mit dem er ein schirmförmiges Prallfeld erzeugen konnte. So ausgestattet, ging er in den Regen hinaus, der ihm nun nichts mehr anhaben konnte. Wazzer Jacintho trocknete sich das Gesicht ab und wandte sich dem Kasino zu. Wie erwartet, fand er dort mehrere Polit-Offiziere vor, die lebhaft miteinander diskutierten. Da er einige von ihnen kannte, ging er zu ihnen und begrüßte sie.
„Hier hat es ja eine Menge Aufregung gegeben", sagte er.
Die anderen Offiziere sprangen sofort darauf an.
„Die USO-Leute spazierten mitten in den Schulungsraum", berichtete Rok Soughentouer. „Sie hatten keine Ahnung, mit wem sie es zu tun hatten."
„Du warst dabei?"
„Natürlich. Ich habe einen von ihnen erwischt."
Wazzer Jacintho ließ sich nicht anmerken, was er bei diesen Worten empfand. Er spielte seine Rolle als überzeugter Polit-Offizier perfekt. Scheinbar gelassen hörte er sich die Schilderung der Vorfälle an. Er wußte schon bald, daß tatsächlich ein Einsatzkommando gekommen und überwältigt worden war.
„Wo sind die Gefangenen?" fragte er, als Soughentouer schwieg.
„Hier in Haus C."
„Hm, du weißt, daß ich früher mit der SolAb zu tun hatte, Rok", erwiderte er. „Es könnte sein, daß ich dieser Frau schon einmal begegnet bin. Glaubst du, daß ich sie sehen könnte?"
„Das ist kein Problem, Wazzer. Komm mit."
Jacintho blieb auf der Hut. Soughentouer erschien ihm fast zu bereitwillig. Er folgte ihm, wobei er die anderen Polit-Offiziere im Auge behielt, bis er das Kasino verlassen hatte. Niemand beachtete ihn. Seine Bitte erregte kein Aufsehen.
Soughentouer, ein Mann, der unerschütterlich auf der Seite der Überschweren stand, führte Jacintho über den Mittelgang des Gebäudes zum Verhörraum, dem mehrere Hafträume angeschlossen waren. Er öffnete die Tür und ließ Jacintho zuerst eintreten.
Zwei ebenfalls rot uniformierte Terraner bewachten das Gefängnis. Jacintho erklärte ihnen, weshalb er gekommen war.
Sie hatten keine Bedenken dagegen, ihm die Gefangenen zu zeigen, die bereits wieder bei vollem Bewußtsein waren.
Die Wachen ließen die Sicherheitsschotte zur Seite gleiten.
Den dunkelhäutigen Mann mit den roten Haaren hatte Jacintho nie zuvor gesehen. Deshalb ging er zur nächsten Zelle weiter, nachdem er einen kurzen Blick auf ihn geworfen hatte. Miriam Tautz dagegen erkannte er sofort wieder. Sie blickte ihn mit großen, naiv wirkenden Kulleraugen an.
„Nun?" fragte Soughentouer.
„Tut mir leid, Rok. Ich muß dich enttäuschen. Ich bin ihr nie begegnet.
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