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0688 - Der Kult

0688 - Der Kult

Titel: 0688 - Der Kult Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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folgen, wenn es nach den alten, grausamen Gesetzen geht. Aber das will ich nicht. Nein, ich möchte nicht, daß der Tod reiche Ernte hält…«
    »Der Kult, Vater?«
    Bogan nickte. »Er hat uns eingeholt. Er will sich rächen. Er will den Frevel abwaschen.«
    »Was sollen wir tun?«
    »Nichts…«
    Plötzlich blitzte Widerstand in den Augen der jungen Frau. Sie wollte es nicht hinnehmen. Sie hatte gelernt, sich durchzusetzen. Sie ließ sich nichts gefallen, und ihr war es schließlich gelungen, ihren Weg zu gehen und sich hochzuarbeiten bis hin zur Lehrerin an einer Schule für Farbige.
    »Vater!« erklärte sie mit entschiedener Stimme. »Wir werden es nicht hinnehmen. Wir werden kämpfen. Es soll der anderen Seite nicht gelingen, unsere Familie zu vernichten.«
    »Wir müssen eine Schuld begleichen, Kind!«
    Shida hob die wohlgeschwungenen Augenbrauen. »Darf ich fragen, welche Schuld das ist?«
    »Eine sehr alte. Einer ist gekommen, der die Fäden in den Händen hält«, berichtete er mit leiser Flüsterstimme. »Der Tod ist in London und hat uns unter Kontrolle.«
    »Hat der Tod einen Namen?« Sie ging einen kleinen Schritt vor. »Ist es der Wayang-Kult?«
    »Auch, mein Kind.«
    »Und was ist es noch?«
    »Mein Bruder!« Es war ihm schwergefallen, die Antwort zu geben, aber Bogan wollte vor seiner Tochter keine Geheimnisse mehr haben. Vor allen Dingen nicht bei diesen extremen Dingen und düsteren Zukunftsaussichten.
    »Konda!« Er mühte sich, um das eine Wort über die Lippen zu bekommen. Dann wiederholte er es.
    »Konda…«
    Shida war verwirrt. Sie räusperte sich, überlegte stark, schaute ihren Vater an, der einen Eindruck machte, als sollte er sie darum bitten, daß ihr endlich die Lösung einfiel.
    »Weißt du es nicht?«
    Shida kaute auf der Unterlippe. »Doch - ja, ich weiß es. Aber es ist irgendwie noch zu weit weg. Ein grauer Nebel hüllt es ein. Ich habe den Namen schon einmal gehört. Es ist doch ein Name - oder?«
    »Sogar der meines Bruders.«
    Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie ballte die rechte Hand zur Faust und merkte kaum, wie hart die Nägel dabei in das Fleisch des Ballens stachen.
    »Gütiger Himmel«, sagte sie nur. »Aber er ist doch längst verschwunden, vergessen oder tot…«
    Der alte Mann konnte nicht anders, er mußte einfach lachen. »Oh, du kleine Närrin!« rief er aus.
    »Das ist alles nicht wahr. Auch ich habe so ähnlich gedacht wie du, aber ich habe mich sehr geirrt, das mußt du mir glauben. Konda ist gekommen, er ist hier, er ist in London, und er ist der Tod…«
    Das letzte Wort hatte er mit einem so dumpfen Klang in der Stimme ausgesprochen, daß Shida eine Gänsehaut nicht unterdrücken konnte. Sie fragte stockend: »Dann ist er der Mann, der den Kult leitet?«
    »Ja, die Figuren gehorchen ihm…«
    Der Schauer auf ihrem Körper verdichtete sich. Körner aus Eis schienen ihn nachzuzeichnen. Sie preßte die Lippen hart zusammen, holte nur durch die Nase Luft, überlegte sich die nächste Frage und kam auf den Gegenzauber zu sprechen.
    Ihr Vater sah traurig aus, als er die Antwort gab. »Ich habe ihn«, sagte er. »Ich hatte ihn schon sehr lange, aber er wird nicht ausreichen, fürchte ich.«
    »Warum nicht?«
    »Vielleicht hat er gelitten. Aber die Jahre sind vergangen, sie sind enteilt, ich hätte mich früher darum kümmern müssen, aber ich habe noch immer gehofft. Jetzt ist es wahrscheinlich zu spät. So leid es mir tut, dies sagen zu müssen.«
    »Und die Gefahr?«
    »Ist stärker denn je. Die alte Rechnung wird präsentiert. Begonnen hat es mit Fahran. Es wird weitergehen, denn niemand wird von ihm verschont werden, auch du nicht.«
    Shida war nachdenklich geworden und zugleich unsicher. »Was sollen wir denn tun? Uns einfach der Reihe nach umbringen lassen?«
    »Nein.«
    »Dann sag die Lösung.«
    Bogan schüttelte traurig den Kopf. »Ich weiß sie nicht. Ich weiß nur, daß wir gemeinsam stark sind und nicht dann, wenn wir uns verzetteln oder getrennt leben.«
    Sie verstand. »Ich soll die anderen holen?«
    »Ja, ruf sie zusammen.«
    »Hierher?«
    »In dieser Wohnung wollen, in diesem Haus wollen wir den Tod erwarten.«
    Shida nickte. Sie konnte nicht widersprechen. Wenn sie über die Worte nachdachte, dann war es wohl der beste Vorschlag, den ihr Vater hatte machen können.
    Langsam drehte sie sich um und ging zur Tür. Dabei hatte sie das Gefühl, über glühende Kohlen zu laufen.
    Bevor sie aus dem Raum verschwand, stellte sie noch eine Frage.

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