0689 - Die Irrfahrt des Mutanten
geschehen sein. Der Asteroid wurde normalerweise nicht angefunkt.
„Ich komme", antwortete Krohl und stand auf. „Haben Sie eine Minute Zeit?" wandte er sich an den Arzt. „Ich bin sofort wieder zurück." Hoplong versprach zu warten.
Krohl ging hinüber zum Kommandostand. Als er wenige Minuten später zurückkehrte, war sein Gesicht düster.
„Wie lange halten es die Mutanten in unseren Körpern aus, Hoplong?" wollte er wissen.
„Als latente Psi-Träger sind Sie besser als ein,normaler Mensch für den Transport dieser Mutantenbewußtseine geeignet", antwortete der Arzt. „Ich würde meinen, daß die Mutanten sich nach etwa fünf Tagen in Ihren Körpern unwohl zu fühlen anfangen. Länger als eine Woche würde ich den Aufenthalt ohne Not auf keinen Fall ausdehnen, und nach Ablauf von zehn Tagen rechne ich mit dem Auftreten der ersten kritischen Situationen."
Krohl seufzte tief.
„Dann halten Sie uns die Daumen, Doktor!" preßte er nervor.
„Das Hauptquartier meldet verdächtige feindliche Aufklärertätigkeit in diesem Raumsektor. Die TALLAHAS-SEE hat vorläufig sechzig Stunden Startverbot, und es ist möglich, daß das Verbot verlängert wird."
Als Thomas Kantenberg von der Startverzögerung und ihrem Grund erfuhr, da griff die Angst von neuem nach ihm. Tako Kakuta hatte sich seit jener ersten Kontaktaufnahme nicht mehr gemeldet. Kantenberg wußte, daß er auf der Lauer lag. Sechzig Stunden Verzögerung, das waren zweieinhalb Tage. Dann, wenn alles gut ging, der Flug nach Provcon-Faust. Die TALLAHASSEE als der schnellste Fahrzeugtyp der Flotte entwickelte einen Überlichtfaktor von rund fünf Millionen. Es gab keinen Zweifel, daß Krohl die Triebwerke bis zum Anschlag belasten lassen würde.
Das bedeutete: Provcon-Faust, 15.000 Lichtjahre von Wabe 1000 entfernt, konnte in knapp dreißig Stunden erreicht werden.
Dann der Flug durch die Dunkelwolke, für den nach Kantenbergs Schätzung zwanzig Stunden angesetzt werden mußten.
Insgesamt also einhundertundzehn Stunden oder viereinhalb Tage, bis er den Mutanten loswerden konnte! Viereinhalb Tage, die er ohne Schlaf zubringen mußte...!
Den Plan, Tako Kakuta mit nach Zabrijna zu nehmen, hatte er längst aufgegeben. Er war sicher, daß der Mutant das Kontrollzentrum seines Gehirns nicht übernehmen konnte, solange er, Kantenberg, wachte. Im Schlaf jedoch versank das Bewußtsein in einen Zustand suspendierter Aktivität, und dann, davon war Kantenberg fest überzeugt, würde es Kakuta ein leichtes sein, ihm die Kontrolle über seinen Körper zu entreißen.
Die ersten zwanzig Stunden verbrachte Thomas Kantenberg im Zustand nervöser Erregung, die jeden Gedanken an Schlaf von selbst verbot. Dann jedoch spürte er, wie seine Kräfte erschlafften. Wenn er so weitermachte, würde er eines Augenblicks einfach bewußtlos umfallen, und dann hatte er verspielt. Er mußte sich auf alle Fälle wachhalten, notfalls mit brutaler Gewalt. Er ging zum Bordlazarett und verlangte von einem der Ärzte ein Aufputschmittel. Der junge Arzt verwies ihn an Paratü Hoplong. Hoplong musterte Kantenberg mißtrauisch und fragte: „Warum wollen Sie unbedingt wach bleiben? Warum legen Sie sich nicht hin und schlafen sich aus?"
„Ich will nicht schlafen, Doktor", antwortete Kantenberg gereizt.
„Bitte, geben Sie mir das Mittel."
Hoplong erklärte sich schließlich dazu bereit.
„Aber nur dieses eine Mal!" warnte er, als er Kantenberg zwei kleine Gelatinekapseln in die Hand drückte. „Kommen Sie mir nicht wieder unter die Augen, ohne sich vorher tüchtig ausgeschlafen zu haben. Ist das klar?"
Kantenberg verzichtete auf eine Antwort, schluckte die zwei Kapseln und war die nächsten fünfzehn Stunden über so wach wie einer, der sich eine ganze Woche lang jede Nacht tüchtig ausgeschlafen hat. Dann begann die Tortur von neuem. Er fing an schlappzumachen. Er dachte an Paratü Hoplongs Warnung und wußte, daß er von dem kleinen Arzt keine Hilfe mehr zu erwarten hatte. Er mußte sich selbst helfen. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als in das Medikamentenlager einzubrechen und sich zu besorgen, was er brauchte. Das Lager befand sich auf einem der tiefergelegenen Decks. Er würde für seinen Einbruch die elektronische Verriegelung außer Betrieb setzen müssen.
Das war nicht schwierig, hinterließ jedoch deutliche Spuren, die bei der nächsten Inspektion des Lagerraums sicherlich entdeckt werden würden. So, wie die Verhältnisse lagen, würde der Verdacht unweigerlich auf
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