0689 - Draculas Blutuhr
gekommen.«
»Das wissen Sie?«
»Sicher.«
»Dann muss ich kapitulieren.«
»Höre ich jetzt ein Geständnis von Ihnen?«
Amelia Astor lachte mich an, und ihre Augen funkelten dabei. Ich wurde den Eindruck nicht los, dass sie noch immer eine Rolle spielte, nur eben anders als auf der Bühne. Sie war jetzt die Spinne, ich die Fliege, die im Netz hockte. »Welches Geständnis soll ich Ihnen geben, Sinclair? Dass ich die Frau getötet habe?«
»Sie ist zu einer Untoten geworden.«
»Was heißt das?«
»Sie wurde gebissen.«
»Und weiter?«
»Man saugte ihr das Blut aus!« Amelia Astor lachte und schlug die Hände gegen ihr Gesicht. »Bitte, Mr. Sinclair, kommen Sie mir nicht mit diesen Märchen. Wer glaubt schon an Vampire?«
»Ich habe sie erlebt.«
»Wobei denn?«
»In Ihrer Wohnung, Amelia. Aber das streiten Sie ja leider ab. Schade, denn…«
Es klingelte. Wir schauten beide hoch, wo über der Tür die Glocke ertönte.
»Das ist das erste Zeichen«, sagte die Frau. »Nach dem dritten Klingeln muss ich weg.«
»Dann sagen Sie mir noch, was mit der Uhr ist.«
Sie nickte. »Das hatte ich mir gedacht. Klar, die Uhr. Sie sind ja ihretwegen gekommen und nicht wegen mir.« Sie stemmte die Arme in die Hüften und schaute mich an. »Eine Frage, Mr. Sinclair. Wollen Sie sich das Stück bis zum Ende anschauen?«
»Welche Alternative bliebe mir denn?«
»Sie könnten hier auf mich warten. Der zweite Teil ist nicht so lang wie der erste. Ist aber intensiver.« Sie hatte die Erotik umschrieben und lächelte dabei.
»Was sollte ich hier?«
Sie streckte mir ihren linken Arm entgegen und deutete auf ihr Handgelenk. »Ich brauche die Uhr während meines Auftritts nicht. Sie könnten sich das kleine Kunstwerk anschauen oder es sich umbinden. Wäre doch nicht übel, wo Sie so sehr hinter der Uhr her gewesen sind. Das ist mein Vorschlag, mehr kann ich Ihnen nicht anbieten.«
Da hatte sie mich überrascht, denn damit hätte ich nie gerechnet. Ich hatte lange nach der Uhr gesucht, und plötzlich wurde sie mir angeboten. Einfach so.
»Überlegen Sie noch?«
»Ich denke über die Hintergründe nach.«
»Es gibt keine«, erwiderte sie mit entwaffnender Ehrlichkeit. »Es gibt keine Falschheit. Sagen Sie ja.«
»Gut, ich schlage ein.«
»Wunderbar, John.« Sie nannte mich beim Vornamen und verschwand im Hintergrund der Garderobe. Wo die Uhr gelegen hatte, wusste ich nicht. Amelia kehrte zurück und hielt sie in der Hand.
»Da, sie gehört Ihnen für die Dauer von fast sechzig Minuten. Amüsieren Sie sich mit ihr. Ich wünsche Ihnen viel Spaß.«
Bevor ich noch etwas sagen und mich bedanken konnte, hatte sie die Uhr in meine linke Handfläche gelegt, war zur Tür gegangen und in dem Augenblick verschwunden, als es zum zweiten Mal schellte.
Ich blieb allein zurück und war so überrascht, dass mir zunächst nichts einfiel.
***
Die Armbanduhr war ein Nichts, und sie war gleichzeitig etwas Wunderbares.
Es kam eben darauf an, aus welch einem Blickwinkel man sie betrachtete.
Für Sammler bedeutete sie sicherlich viel, ich aber konnte mit ihr nicht viel anfangen, da die Zeiger ebenso fehlten wie die Ziffern.
Die Fläche innerhalb des Goldrandes war einfach nur schwarz. Pechschwarz und dabei glänzend, als wäre sie extra für den Träger nachpoliert worden.
Ein wirklich ungewöhnliches Teil.
Ich fragte mich, aus welchem Grund Amelia Astor sie hatte in ihren Besitz bringen wollen. Lag es am schwarzen Stein, dessen Herkunft unbekannt war? Oder lag es an dem ebenfalls golden schimmernden Metallarmband, im Prinzip auch nichts Besonderes.
Nein, diese Uhr verstand und begriff ich nicht. Sie war nicht so wie alle anderen. Sie jedoch als gefährlich einzustufen fiel mir im Traum nicht ein.
Ich wollte sie genauer untersuchen und drehte sie um. Vielleicht entdeckte ich an der Rückseite einen Hinweis auf ihre Herkunft und auf ihre außergewöhnliche Kraft, falls sie denn vorhanden war.
Nichts zu sehen.
Allerdings auch keine Gravur, nur die glatte goldene Fläche. Ich drehte sie wieder um und strich mit der Fingerspitze über den Stein, den ich leider nicht berühren konnte, da er von einer sehr dünnen Glasplatte geschützt wurde.
Ich drehte sie, ich hielt sie gegen das Licht, sodass die schwarze Fläche einen anderen Schimmer annahm, aber auch er entlockte der Uhr das Rätsel nicht.
Allein oder allein gelassen saß ich in der Garderobe. Zum Glück waren die beiden Lautsprecher ausgeschaltet, die sonst das Geschehen
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