069 - Ein gerissener Kerl
eine Goldader findest — alles völlig egal!«
Julian war ein wenig verdutzt, stellte aber keine Fragen.
Eine halbe Stunde später kamen drei sauber gekleidete City-Herren, die kein Hauch von Romantik umwehte und kein Schimmer sagenhafter Abenteuer verklärte. Und doch waren sie Piraten, Schatzsucher und Mörder, alles in einer Person .
Mr. Elk führten seine Pflichten an viele seltsame Orte, teils angenehme, teils zweifelhafte. Bei seinem Besuch in Woolwich fand er beides. Die Villa in Plumstead, die er klein genannt hatte, war in Wirklichkeit ein recht anspruchsvolles Gebäude. Es prunkte mit einer Garage und sehr geräumigen Kellergewölben. Hier herrschte Ordnung. Wenn die Gegenstände, die das Haus schmückten, auch gestohlen waren, so waren sie von bestem Geschmack.
Mr. Weldin, der Eigentümer, hatte seine gestohlenen Bilder nicht in dem Keller verstaut. Das war der Platz für den Wein. Seltene Weine waren es und in gewaltigen Mengen. Im Louvre war ein Meister des vorigen Jahrhunderts aus seinem Rahmen geschnitten worden und hing jetzt in neuem, festlichem Gewand in Mr. Weldins Schlafzimmer. Und das wurde ihm zum Verhängnis. Denn in seinem Badezimmer war ein Rohr leck geworden. Man hatte einen Klempner zitiert, diesen häuslichen Schaden zu beseitigen. Es war eine besondere Auszeichnung, denn kein Mensch durfte jemals diese Schwelle übertreten. Mrs. Weldin verrichtete alle Hausarbeit höchst eigenhändig.
Es war das Pech dieses Königs der Hehler, daß der Klempner künstlerische Neigungen hatte und in seiner freien Zeit eine Malklasse der Fortbildungsschule besuchte. Niemals hätte man von einem Handwerker erwartet, daß er einen gestohlenen Corot wiedererkennen würde. Doch dieser Mann erkannte nicht nur dessen Herkunft, er hatte auch von dem Diebstahl gehört.
Nachdem er seine Pflicht als Klempner getan hatte, verließ er das Haus und lief zur Polizei, um dort seine Pflicht als Künstler und Bürger zu erfüllen.
»Scheint mir etwas sonderbar«, meinte Elk. »Ich dachte, diese Gewerkschaften trennen Malerei und Klempnerei.«
Man führte ihn durch das herrliche Haus und dann dorthin, wo Mr. Weldin die weniger vornehmen Geschäfte seines Handelszweiges erledigt hatte. Es war ein schmutziger, langgestreckter Bau am Ufer, der mit einer unbeschreiblichen Sammlung aller möglichen Gegenstände vollgepfropft war, von alten Kleidern, die in Haufen an Haken hingen, bis zu noch ungeöffneten Warenballen, die von den Flußpiraten stammten.
»Eine Masse von dem Zeug da ist ehrlich gekauft und bezahlt worden. Der größere Teil ist fraglos auf gesetzwidrige Weise in seinen Besitz gelangt«, erklärte der Ortspolizist, ein sehr genauer Mann mit einem amtlichen Wortschatz. »Tatsächlich besitzt er Quittungen für die meisten großen Gegenstände in seinem Haus — zum Beispiel die Bilder. Weldin behauptet, er habe den Wert des Corot nicht gekannt.«
»Des was?« fragte Elk verdutzt. »Ah, dieses Gemälde! Spricht man das so aus? Bildung ist doch was Schönes, Kollege! Wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf — untersuchen Sie mal den ganzen Haufen da etwas genauer — besonders die Kleider. Höchstwahrscheinlich wird sich dann die Anklage gegen ihn etwas verändern. Vielleicht tun Sie ihm einen Gefallen, wenn Sie ihn dann nur wegen Raub anklagen.«
Er besuchte Mr. Weldin in seiner Zelle und fand einen sehr frohgemuten und selbstsicheren Mann.
»Nie hat man einen Bürger und Steuerzahler ungerechter behandelt«, begann er. Doch Elk brachte ihn schnell zum Schweigen.
»So hätten Sie vor der Erfindung der Fingerabdrücke sprechen können, mein lieber Weldin. Wir haben eben Ihr Sündenregister vom Polizeipräsidium erhalten, Mr. Weldin, Martin, Cootes, Oberst Slane, Mr. John B. Sennet, oder wie Sie in Wirklichkeit heißen mögen. Auswahl haben Sie ja genug.«
Weldin hatte Sinn für Humor und lachte.
»Wenn Sie mal zufällig dem Mann begegnen, der die Fingerabdrücke erfunden hat, dann pudern Sie ihn noch mal in meinem Namen mit dem Klammerbeutel, mein lieber Inspektor.«
»Ich werd's mir überlegen«, gelobte Elk liebenswürdig und überließ den dicken Räuber seinem Schicksal.
Als er nach Scotland Yard zurückgekehrt war, sagte er zu seinem Schreiber:
»Ich habe jetzt eine sehr wichtige Untersuchung zu machen und wünsche nicht gestört zu werden.«
»Wann soll ich Sie wecken?« fragte der Schreiber ohne jede beleidigende Absicht.
»Um fünf — mit einer Tasse Tee«, entgegnete Elk und war zwei
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