069 - Ein gerissener Kerl
der dicke, stiernackige Millionär. »Ich weiß, daß man weiße Diamanten durch die Verwendung von X-Strahlen rosa färben kann, und hab' mir immer gesagt, daß man genauso doch auch einen gelben Diamanten, der nicht den zehnten Wert eines bläulichweißen hat, nehmen und die Farbe aus ihm herausziehen könnte.«
Guelder strahlte den Sprecher an.
»Es ist nicht nur möglich«, sagte er, »es ist schon gelungen!«
»Was würde das für Sie bedeuten, ganz abgesehen von dem Gewinn an der Börse?« fragte ein anderer Julian.
»Ich habe für fünfzehntausend Pfund bunte Steine im Safe, die aus allen Teilen Europas gesammelt sind«, erwiderte Reef. »Wir haben wahrscheinlich für manche mehr gezahlt, als sie wert sind, aber nicht den vierten Teil des Wertes, den sie nach dem chemischen Prozeß haben werden.«
»Und das können Sie tun?« fragte Sleser, die trüben Augen dem Holländer zugewandt.
»Ich habe es getan«, lächelte Guelder. »Heute noch werden Sie das Verfahren kennenlernen.«
Sleser grunzte etwas vor sich hin und wälzte sich in seinem bequemen Sessel.
»Dieses Verfahren wird auf dem Markt eine Revolution hervorrufen«, rief er. »Es bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als daß Tausende von Steinen, die bisher für einen Pappenstiel geschliffen und verkauft worden sind, mit den weißen in Konkurrenz treten werden. Ihre fünfzehntausend Pfund Steine werden hunderttausend wert sein. Viel wichtiger aber ist, daß Tausende und aber Tausende von Steinen, die man jetzt wegwirft oder als Fehlfarben verschleudert, für den Markt in Betracht kommen. Und wie wir alle wissen, haben gerade die größten Diamanten, die je gefunden wurden, einen Farbfehler.«
Er tat einen langen Zug aus seiner Zigarre und starrte auf den Teppich.
»Sobald dies bekannt wird, muß den Markt eine Panik ergreifen. Es gibt in der Welt Hunderte und Tausende von gelben Diamanten, die plötzlich soviel wert sein werden wie die besten bläulichweißen, die man in Kimberley findet. Ich habe es ausgerechnet und bin dahingekommen, daß wir mindestens einen fünfzigprozentigen Sturz aller Diamantenaktien zu erwarten haben. — Machen Sie doch die Tür zu und sagen Sie der alten Frau, sie soll nicht immerzu hereinkommen, sondern hübsch draußen bleiben, bis wir unsere Besprechung beendigt haben!«
»Sie wird nicht mehr hereinkommen«, beruhigte Guelder, »sie versteht auch kein Wort Englisch.«
»Ich schlage also folgendes vor«, fuhr Sleser fort. »Wenn das Experiment uns alle befriedigt, wollen wir sofort an die Arbeit gehen und eine kleine Gesellschaft gründen, die wir ›Farbiges Diamanten-Syndikat‹ nennen. Vor allen Dingen muß die Presse erfahren, daß wir Vertrauen zu dem neuen Verfahren haben. Ich nehme an, daß jeder von uns Anteile an der Gesellschaft erwerben wird. Das Kapital braucht nicht sehr groß zu sein. Wir übernehmen das Verfahren, errichten irgendwo an der Südküste eine Fabrik und nehmen ein paar vornehme Direktoren hinein, um der Sache einen vertrauenswürdigen Anstrich zu geben. Unterdessen, vielleicht schon morgen, gehen wir den de Mesne-Aktien zuleibe und stampfen sie in Grund und Boden. Morgen nachmittag bringen wir einen Bericht mit Einzelheiten über die Erfindung in der Presse. Lassen Sie gleich Ihre Steine fotografieren, damit wir Abbildungen veröffentlichen können. Am Tag darauf werden wir Einzelheiten über die neue Gesellschaft bringen. Doch bis dahin werden Diamantenaktien, wenn mich nicht alles täuscht, einen Kurs haben, bei dem wir uns eindecken und einen gewaltigen Gewinn einheimsen können.«
Er stand auf und fegte die Zigarrenasche von seinem Knie.
»So, und jetzt wollen wir uns Ihren geheimnisvollen Apparat mal etwas näher ansehen. Ich fange allmählich an, ihn für faulen Zauber zu halten oder zu glauben, daß ich träume.«
23
Guelder ging durch die Eisentür voran zu der Bank am Ende des Laboratoriums. Dort standen sechs Stühle für die Zuschauer. Er reichte einen würfelförmigen Diamanten von Hand zu Hand, einen Stein von so tiefem Gelb, daß er fast braun aussah.
»Dies, meine Herren, ist der Stein, mit dem ich experimentieren werde. Er ist sehr wertvoll und der größte, den ich bisher bearbeitet habe. Ich habe ihn mit Vorbedacht gewählt wegen seiner Form, und weil ich glaube, daß ich wegen seiner großen Lichtempfänglichkeit ein besonders günstiges Ergebnis erzielen werde.«
Er drehte seine Schalter an und legte den Stein in die Mulde im Achat. Die Männer drängten
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