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069 - Ein gerissener Kerl

069 - Ein gerissener Kerl

Titel: 069 - Ein gerissener Kerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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ins Gesicht. Er war zu zermürbt und entnervt, um zu leugnen.
    »Mach, daß du fortkommst, ehe ich die Polizei rufe!«
    Er fand die Sprache wieder.
    Der Schreck, der ihn im Bann gehalten hatte, schlug jetzt in Wut und Zorn um.
    »Du bist ja eine vorzügliche Schülerin des ›gerissenen Kerls‹! Ich habe dir alles gesagt, was ich sagen konnte, weil ich nicht einen anderen ins Verderben stürzen wollte .«
    »Kein Wort mehr!« rief sie bebend.
    Sie war sehr blaß, hatte sich aber vollkommen in der Gewalt.
    »Ich kann es dir beweisen ...« Er machte noch einen verzweifelten Versuch zu seiner Verteidigung.
    Sie zeigte auf die Tür.
    Er ging und hatte wieder Glück. Die Detektive hatten ihn drei Minuten, nachdem er sein Büro verlassen hatte, verfehlt. Und jetzt wandte er sich der Heide zu, anstatt in die City zurückzukehren. Kaum war er außer Sicht, bog ein großer Polizeiwagen in die Straße ein, und Elk konnte nur noch die Feststellung machen, daß der Vogel wieder ausgeflogen war.

30
    Reef ging kopflos auf Muswell Hill zu. Dann fiel ihm ein, daß Guelder auf das Ergebnis seines Besuchs bei Ursula wartete. Er trat in eine Telefonzelle und rief die Nummer der kleinen Teestube an, in der Guelder gewöhnlich zu dieser Zeit seinen Tee trank. Guelder war fast sofort am Apparat und erzählte ihm in wenigen gehetzten Worten von dem Besuch der Polizei.
    »Nein, nein, fahr nicht nach Greenwich, sondern sei heute abend um elf an der Channey-Treppe im Bezirk Limehouse. Dort werde ich dich vom Fluß aus abholen. Bis dahin versteck dich, mein Freund! Also vergiß nicht ... Channey-Treppe!«
    Wie sollte sich mitten am Tag ein Mann verstecken - ein rothaariger Mann, hinter dem die Polizei her war? Er kehrte in die Hampstead-Heide zurück, fand ein kleines Gebüsch, kroch hinein, breitete seinen Regenmantel aus und schlief sofort auf dem durchtränkten Boden ein. Als er erwachte, war er hungrig; der Körper schmerzte ihn vom Kopf bis zu den Füßen. Er blickte auf die Uhr. Es war dunkel und regnerisch. Die großen Tropfen, die auf sein Gesicht prallten, hatten ihn aus einem Schlaf geweckt, der das gnadenvollste Geschenk dieses unseligen Tages war und bleiben sollte. Es war fünf Minuten vor zehn. Mit einem schmerzvollen Stöhnen richtete er sich auf, zog den Regenmantel an und ging quer über die Heide auf Swiss Cottage zu. Der Anblick eines Polizisten, der die Hauptstraße entlangkam, scheuchte ihn in eine Nebenstraße. Nachdem er zweimal Hals über Kopf vor einer Uniform geflohen war, stand er durch eine seltsame Fügung plötzlich wieder vor Ursulas Haus.
    Sein Herz war von einer erbitterten Wut auf sie erfüllt. Er hätte ihr zu gern etwas Böses angetan, ihr Schmerz bereitet. Der Holländer, ein Mann, den er hatte verraten wollen, war in der Stunde der Gefahr für ihn eingetreten! Sie aber, die sein Weib geworden wäre, wenn er nur beizeiten den Wert dieser verfluchten Lulangas erkannt hätte — sie hatte ihn wie einen Hund behandelt, hatte ihn seinen Verfolgern in den Rachen getrieben! Er knirschte mit den Zähnen bei dem Gedanken an das Unrecht, das sie ihm zugefügt hatte. Sie haßte ihn fast so unversöhnlich, wie sie den Holländer haßte — Guelder haßte sie fanatischer, aber ihn verachtete sie.
    Da hörte er eine Frau lachen. Es war nicht Ursula. Es war ihr Dienstmädchen. Doch er glaubte, es wäre Ursula, und bildete sich hysterisch ein, sie lache über sein Unheil.
    Gleich darauf hörte er das Geräusch eines Wagens und versteckte sich hinter einem Rhododendron an der Auffahrt.
    Es war der Chauffeur, der mit dem Wagen vorfuhr. Dann hörte er Ursulas Stimme deutlich durch den stillen Abend. Sie telefonierte, die Fenster waren offen, und die Worte hallten in die Dunkelheit hinaus.
    ». aber nein, machen Sie sich doch keine Sorge, ich kann sehr gut allein fahren. Nein, ich denke nicht daran, den Chauffeur mitzunehmen, ich bin in sieben Minuten bei Ihnen ... Tony, haben Sie etwas Neues über Julian gehört? ... Ja, es ist entsetzlich. Und doch habe ich kein Mitleid mit ihm ... diese Unmenschlichkeit kann ich nicht begreifen.«
    So, sie konnte kein Mitleid mit ihm haben! Seine Unmenschlichkeit konnte sie nicht begreifen! Sein Gesicht verzerrte sich vor Wut. Sie fuhr jetzt zu ihrem Geliebten und konnte kein. Mitleid mit ihm fühlen! Sie fuhr jetzt zu dem ›gerissenen Kerl‹ und konnte kein Mitleid fühlen mit dem armen Julian Reef, der wie ein Hund gehetzt wurde und fast vor Hunger starb. Er erschauerte bis ins Mark

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