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069 - Ein gerissener Kerl

069 - Ein gerissener Kerl

Titel: 069 - Ein gerissener Kerl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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dich gar nichts? Ich erwarte jeden Augenblick deine Verhaftung.«
    »Aus welchem Grund?« fragte der Holländer dreist. »Wegen meines kleinen Betrugs? Ach nein, mein Freund! Mr. Sleser hat uns doch ausdrücklich erklärt, er wolle sich nicht als kompletter Narr vor der ganzen City bloßstellen.«
    Er tippte sich gegen die Stirn.
    »Ich bin eben doch ein bißchen klüger als du, mein Jungchen.«
    »Hast du Geld?« unterbrach Reef unvermittelt.
    »Sehr wenig«, erwiderte Guelder vorsichtig. »Weshalb?«
    »Ich habe das Gefühl, ich müßte aus England verduften.«
    Guelder blickte ihn überlegen an.
    »So?« fragte er dann. »Das ist die beste Idee, die du seit langem gehabt hast. Wieviel brauchst du?« »Einige Tausend. Doch wozu fragst du? Du bist doch genauso im Druck wie ich.«
    »Durchaus nicht«, widersprach Mr. Guelder würdevoll. Er steckte die Hand in die Tasche und holte ein dickes Bündel Noten hervor.
    »Ich habe die Gelegenheit beim Schopf gepackt. Heute morgen habe ich vor der Bank gewartet und mir eine halbe Minute nach Kassenöffnung den Scheck des Wohltäters Sleser auszahlen lassen.«
    »Du hast Geld?« jubelte Reef.
    Guelder dämpfte die freudige Begeisterung seines Partners.
    »Ich werde dir zwei- oder dreitausend geben.« Er sprach sehr langsam und beobachtete genau die Wirkung seiner Worte. »Vielleicht werde ich dir auch fünftausend geben — wenn du mir einen kleinen Gefallen tust.«
    »Der wäre?« fragte Julian argwöhnisch.
    »Es gibt in dieser Stadt eine entzückende Person .«
    »Ursula!«
    »Jawohl. Bring mir die junge Dame — und die fünftausend Pfund sind dein.«
    Mit einem Satz stand Reef auf den Füßen. »Du bist verrückt«, schrie er, »vollständig übergeschnappt. Selbst, wenn ich sie dir ausliefern wollte — wie denkst du dir das? Sie haßt dich. Sie hat einen Ekel vor dir.«
    »So was gibt sich«, grinste Guelder. »Das laß nur meine Sorge sein.«
    »Nein, mein Lieber«, höhnte Reef. »Die ist zu schade für dich schmierigen Bock! Ich will nicht davon sprechen, daß ich sie geliebt habe. Für mich ist sie doch verloren. Ich muß machen, daß ich den Staub Englands von meinen Schuhsohlen schüttele. Aber ehe ich sie dir hinwerfe .«
    »Dann nicht«, sagte Guelder ruhig. »Dann sieh zu, wo du Geld herbekommst. Habe die Ehre!«
    Voll Angst verstellte Reef ihm den Weg.
    »Aber es ist doch unmöglich — wie soll ich es denn anstellen? Du tust so, als ob es nichts Leichteres auf der Welt für mich gäbe, als eine junge Engländerin zu entführen!«
    »Streng dein Hirn etwas an!« schalt Guelder. »Du wirst schon was finden. Sag ihr, ich hätte dich in der Hand, ich wolle dich verraten. Sie ist doch deine Cousine. Flehe sie an, dir zu helfen. Sag ihr, ich liebte sie und sie wäre der einzige Mensch, der auf mich Einfluß hätte. Wenn sie mich bäte, würde ich dich entkommen lassen. Mein Gott, das ist doch nicht so schwer!«
    Und als Reef noch immer zögerte, höhnte er:
    »Fünftausend Pfund sind ja schon eine kleine Mühe wert.«
    Julian wurde schwach. Der Plan, der ihm zuerst völlig irrsinnig erschienen war, kam ihm noch immer phantastisch genug vor — aber dennoch .
    Guelders Worte hatten ihn auf einen neuen Gedanken gebracht. Instinktiv fühlte er, daß sich ein Netz um ihn zusammenzog. Seit zwei Nächten hatte er nicht geschlafen. Seine Nerven versagten. Seine Urteilskraft schwand.
    »Worüber denkst du nach?« forschte Guelder.
    Julian schüttelte den Kopf.
    »Laß mich. Ich überlege.«
    Ursula schien ihm die letzte Hoffnung. Ein bleicher, letzter Hoffnungsschimmer. Er wollte sie aufsuchen, er wollte sie nicht anflehen, mit ihm zu Guelder zu fahren, sondern ihn zu retten. Ein Schüttelfrost durchrüttelte ihn plötzlich. Zum Glück war Guelder ins Nebenzimmer gegangen und sah nicht noch diesen Anfall letzten Entsetzens.
    Er dachte daran, sie anzurufen, entschied sich dann aber dazu, sie zu überraschen. Sie könnte sich weigern, ihn zu empfangen, wenn sie wüßte, daß er käme. Wenn er sie aber unerwartet überfiele, würde er sicher zu ihr eindringen. Welche Hilfe er von ihr erwartete, wußte er selbst nicht. Das wollte er auf dem Wege zu ihr überlegen.
    Er hatte Glück. Ursula war allein, als er eintrat. Sie öffnete selbst die Tür. Als sie ihn sah, fuhr sie heftig zurück. Sein Gesicht hatte die frühere, gesunde Farbe eingebüßt. Unter seine Augen gruben sich tiefe Schatten. Die Hand, die er ihr reichte, zitterte.
    »Es tut mir furchtbar leid, Ursula«, stieß

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