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0694 - Eine Falle für Merlin

0694 - Eine Falle für Merlin

Titel: 0694 - Eine Falle für Merlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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den Kelch mit seinem Lieblingswein.
    Er trank einen Schluck.
    Er war tot.
    ***
    In einem kunstvoll geknüpften Wandteppich löste sich ein Faden plötzlich auf, ohne dass sein Verschwinden das Gesamtbild wesentlich verändert hätte. Denn der Raum, den er eingenommen hatte, wurde jetzt auf seltsame Weise von einem anderen ausgefüllt. Dieser andere Faden war einfach länger geworden, im gleichen Maß, wie der verschwundene sich auflöste, und verknüpfte sich mit einem weiteren… und noch einem weiteren…
    ***
    Merlins Erinnerungen
    Er wusste nicht, wie lange er nun schon unterwegs war. Zwei Monde lang, oder drei? Es erschien ihm endlos. Dabei hatte Zeit doch für ihn noch nie eine Rolle gespielt!
    »Wenn du gehst, wird für dich alles anders«, hatte LUZIFER gewarnt, und Asmodis hatte ihn gebeten, seinen Entschluss noch einmal reiflich zu überlegen.
    Aber es gab für ihn nichts mehr zu überlegen, auch wenn LUZIFER warnte: »Du wirst dann mein Feind sein, den die Hölle bekämpfen wird!«
    Da hatte Asmodis aufbegehrt. »Das verweigere ich dir, mein Kaiser!«, schrie er. »Nach wie vor ist Merlin mein Bruder, auch wenn er uns verlässt!«
    LUZIFER runzelte die Stirn.
    »Du wagst es…?«
    »Er ist einer von uns und wird es immer bleiben!«, protestierte Asmodis. »Sein Blut wird schwarz bleiben wie meines, und er wird…«
    »In tausend Jahren unterhalten wir uns noch einmal darüber«, unterbrach ihn der Höllenkaiser schroff. »Oder in zehntausend Jahren… oder vielleicht auch dann, wenn ich dich auf eine ganz besondere Mission schicken werde.«
    »Wovon sprichst du, LUZIFER?«, keuchte Asmodis auf.
    »Du wirst es wissen, wenn es an der Zeit ist, und bis dahin nicht wieder daran denken.«
    Seit jener Stunde ahnte Merlin, dass LUZIFER in der Lage war, in die Zukunft zu schauen. Und das ohne jedes Hilfsmittel. Denn durch die Flammenwand, hinter welcher der Kaiser sich verbarg, konnte Merlin nichts dergleichen feststellen.
    Dort war nur LUZIFER selbst.
    LUZIFER, der mächtige Kaiser, der nur ihnen beiden jemals eine solche Audienz wie diese gewährt hatte. Der nur Merlin die Entscheidung über sein eigenes Schicksal überlassen hatte.
    Jedem anderen hätte er befohlen oder ihn zerstört.
    Den Merlin nicht, den Myrddhin. Den Falken unter den Geiern.
    Asmodis und Merlin waren gegangen.
    Und ihre Wege trennten sich - nur um sich in all den ungezählten Jahrhunderten immer wieder zu kreuzen.
    Sie traten gegeneinander an, doch sie respektierten sich. Und als eines Tages Asmodis Merlins Burg betrat und um Asyl bat, gewährte Merlin es ihm - und als Merlin eines Tages von der Zeitlosen in einen Kokon gefrorener Zeit gesponnen wurde, übernahm Asmodis vorübergehend seine Aufgaben!
    Sie waren und sie blieben Brüder, so unterschiedlich sie längst geworden sein mochten.
    Doch in jener Zeit, an welche Merlin sich jetzt erinnerte, war das noch ferne Zukunft.
    Gegangen war er, verlassen hatte er die Schwefelklüfte, hinter sich zurückgelassen die dunkle Seite der Macht, die so verlockend war, so leicht in ihrer Magie, so zerstörerisch, so fantastisch.
    Lange hatte er nachgedacht in den letzten tausend Jahren. Vielleicht war er schon immer anders gewesen als jeder andere Dämon, und er war sicher, dass auch in seinem dunklen Bruder ein winziges Samenkorn des Zweifels an den Dingen wuchs.
    Und… vielleicht sogar in LUZIFER selbst, denn warum sonst hätte der Uralte, der Erste und Einzige, der älter war als die Hölle und den es schon gegeben hatte, ehe die Schöpfung des Universums geschah, ihn einfach so gehen lassen?
    »LUZIFER«, murmelte Merlin. »Wer oder was bist du wirklich? Und was siehst du in uns, in Asmodis und mir? Und was sollen wir in dir sehen? Bist du tatsächlich das, als was du erscheinst?«
    Darauf gab es keine Antwort.
    Vielleicht in Jahrmilliarden nicht, vielleicht nicht einmal, wenn die Schöpfung ihr Ende fand und das Universum in sich zusammenstürzte, um in einem neuen Urknall abermals geschaffen zu werden.
    Ein Universum von vielen, eine Wirklichkeit von unzähligen.
    Seinen einstigen Weg konnte Merlin nicht weiter verfolgen. Deshalb hatte der Falke sich dem Licht zugewandt, der Mvrddhin Emrys kehrte der Hölle den Rücken.
    Andere verfluchten ihn dafür, denn er hatte sehr große Macht besessen, von der sie nun fürchteten, er würde sie gegen alle Dunklen einsetzen.
    Einer verfluchte ihn nicht -Asmodis.
    Und einer schwieg - LUZIFER, Die verführerische, leichte Macht der Hölle stieß Merlin ab.

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