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0695 - Hexentod

0695 - Hexentod

Titel: 0695 - Hexentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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entwickeln würde. Aber es würde sich von dem früheren unterscheiden.
    Nun, ihn störte es nicht. Ihm konnte es eher gefallen, denn vielleicht würde es sich ihm zuwenden. Wenigstens teilweise.
    Aber das musste die Zukunft zeigen.
    Er sah sich nach seinen unsichtbaren Beobachterinnen um, ohne sie zu entdecken, aber er brüllte mit seiner magischen Stimme:
    »Es ist vollbracht! Nun gebt mich frei!«
    FREI!
    FREI!
    ***
    Bestürzt starrte Zamorra die Hexe an, die nackt ausgestreckt auf dem teppichbedeckten Altar lag.
    Dies war doch die Gelegenheit, Baba Yaga unschädlich zu machen!
    Erfülle den Pakt, den sie mit Asmodis schloss und der dein Leben rettete! Sie erklärte sich bereit, von dir getötet zu werden!
    Leben gegen Leben - diesmal auf eine furchtbar andere Weise als vorhin, da es um Merlin ging…
    Langsam näherte sich Zamorras Hand dem Griff des Messers, das Yaga ihm entgegenhielt. Als ihm bewusst wurde, was er zu tun im Begriff war, zuckte er zurück.
    Nein, er wollte nicht töten.
    Nicht so.
    Mochte sie eine Hexe der bösartigsten Form sein. Mochte sie auch noch so viel Leid über die Menschheit gebracht haben. Mochte sie auch die Mörderin Merlins sein, dem Diener des Wächters der Schicksalswage - so konnte er sie nicht töten.
    Nicht ohne einem fairen Zweikampf.
    Nicht, wenn sie wehrlos vor ihm lag und um ihren Tod bat!
    Worauf hatte er sich hier eingelassen?
    Er wollte es nicht. Er griff nicht nach dem Messer, um zu tun, was er eigentlich tun sollte, tun musste - schon allein, um andere Menschen vor dem Unheil zu bewahren, das Yaga vielleicht noch über sie bringen würde, wenn sie hier davonkam.
    Er geriet in Schweiß.
    Du musst sie töten, schrie etwas in ihm. Du musst dich und andere vor ihr schützen! Wenn du diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen lässt, erhältst du keine andere mehr! Sie wird sich nicht mehr an den Handel des Asmodis gebunden fühlen, sie wird fortan wieder alles daransetzen, dich zu töten, also: komme ihr zuvor! Tu, was du tun musst! Sie wartet doch darauf!
    Es ist ein Trick, fürchtete etwas anderes in ihm. Sie will dich zwingen, etwas zu tun, was du nicht tun willst oder kannst, und wenn du es dennoch tust, wirst du deine Seele verlieren.
    Das war es.
    Er wollte kein Vollstrecker sein.
    Er wollte nicht zum Mörder werden. »Greif mich an«, keuchte er. »Versuche mich umzubringen, dann werde ich vielleicht…«
    Lachte sie ihn aus?
    »Was vorbestimmt ist, muss geschehen, Zamorra«, rief sie ihm zu. »Du wirst mich töten müssen, ob du es willst oder nicht! Niemand fragt dich nach deinem Willen, so wie auch mich niemand gefragt hat. Aber - gut, es war meine Entscheidung. Nun tu es endlich. Töte mich.«
    Er schüttelte stumm den Kopf.
    Er konnte es nicht!
    Er war doch kein Killer!
    »Steh auf!«, keuchte er. »Kämpfe gegen mich! Versuche mich umzubringen! Dann kann ich dir diesen Gefallen vielleicht tun…«
    Und - sie kämpfte gegen ihn!
    Aber auf eine andere Weise, als er gedacht hatte.
    Sie sandte ihm Bilder aus ihrer Erinnerung.
    Ein kleines russisches Dorf, in dem sie vorübergehend gelebt hatte - vor langer Zeit.
    Zamorra sah Baba Yaga auf ihrem Ofen reiten. Sie, der Menschliches fremd geworden war. Sie ritt zu ihrem Haus. Aber nicht auf dem direkten, kürzesten Weg. Sie durchritt das ganze Dorf. Den Menschen, denen sie unterwegs begegnete, warf sie ihr Fangeisen über, dass es den Hals unentrinnbar umschloss, und schleifte sie zu Tode. Sie ignorierte die Schreie der Verzweifelten.
    Als sie auf der Dorfstraße niemanden mehr fand, holte sie auch die anderen Menschen aus ihren Hütten und tötete sie.
    In die Häuser warf sie glühende Kohle aus dem Ofen; der Nachschub schien endlos zu sein. Die Kohle setzte die Häuser in Brand; schon bald schlugen die Flammen zum Himmel empor, den die Rauchwolken verdunkelten, als wäre es fast schon wieder Nacht.
    Schon bald stand ringsum kein Stein mehr auf dem anderen.
    Die Häuser existierten nicht mehr! Sie waren in den tobenden Gewalten einfach zerpulvert worden, ganz nebenbei und unbeabsichtigt.
    Doch der Himmel war düster von den Rauchwolken der Vernichtung. Yaga ritt auf dem bizarren Ofen zu ihrem Haus. Dort angekommen, zeigte sie, dass ihre Kraft noch längst nicht erschöpft war. Denn auf einen unhörbaren Befehl hin bewegten sich die Schädel der Toten, die Yaga ausnahmslos und ohne Ansehen der Person gemordet hatte. Die Köpfe rollten ihrem Haus entgegen. Yaga nahm sie, wie sie nacheinander eintrafen, und steckte sie

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