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0695 - Hexentod

0695 - Hexentod

Titel: 0695 - Hexentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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auf die zugespitzten Pfähle des Zaunes, der ihr kleines Haus umgab.
    Dann erhob dieses sich selbst ebenfalls auf Hühnerbeine.
    Das Haus mit Hexe, Ofen, Knochen und Umzäunung bewegte sich. Es verließ den Ort des Sterbens und verschwand in der Ferne.
    Zurück blieben Tod und Leid.
    Und Zamorras Erinnerungen.
    An seine eigenen Erlebnisse mit der Baba Yaga, und diese Erinnerungen waren alles andere als schön. Immer wieder hatte sie versucht, ihn zu töten, hatte ihn bekämpft.
    Und schon überflutete sie ihn mit weiteren grausamen Bildern ihres Tuns; er brauchte gar nicht an seine eigenen Erlebnisse zu denken.
    Er konnte diese Bilder vor seinen Augen nicht verbannen, wegwischen. Er sah die Hexe auf ihrem Ofen durch die Steppe Rußlands reiten und Menschen zu Tode schleifen. Das Grauen, die Angst und den Schmerz sah er in deren Augen. Augen, die ihn anstarrten, anklagten: »Tu etwas! Bestrafe sie für das, was sie uns antat!« Er kämpfte gegen diese Bilder an, die nach Gerechtigkeit schrien. Und er wusste, dass sie völlig zu Recht riefen und forderten, die Ermordeten, die Opfer der Hexe.
    Er wollte das Gute in ihr sehen, jetzt, da sie vor ihm lag, wehrlos und ergeben, und ihm das Messer entgegenhielt, damit er sie damit tötete.
    Macht es die Toten wieder lebendig, wenn deren Mörder getötet wird?
    War er Richter, war er Vollstrecker?
    Er sah auch das andere in ihr.
    Sie hatte es ihm selbst ungewollt vorgelegt, als sie ihm die Bilder ihrer Selbstanklage gesandt hatte. Die anderen Bilder schwangen mit, und Zamorra sah sie, obgleich er sie vielleicht nicht hatte sehen sollen.
    Er sah, warum Yaga so geworden war, wie sie jetzt war.
    Es war jene dunkle Zeit gewesen, in welcher man nach Schuldigen für jede Art von Unheil suchte. In dem Dorf, in welchem sie gelebt und das sie später zerstört hatte, machte man sie verantwortlich für schlechte Ernte, krankes Vieh… und ausgerechnet ein Silbermond-Druide, der sich schon lange vor ihr dort niedergelassen hatte, wetterte am lautesten wider Yaga. Vielleicht, weil er ihr magisches Potenzial erkannt hatte und in ihr eine bedrohliche Konkurrentin sah?
    Der Druide Sergej hetzte die Menschen im Dorf gegen Yaga auf. Sie töteten ihr Reittier, ein Einhorn. Danach wählte sie als Reittier ihren Ofen - der war nicht umzubringen…
    Und sie löschte die Bewohner des Dorfes aus. Sie nahm Rache für alles, was man ihr und ihrem Einhorn angetan hatte.
    Und sie zog weiter, und wohin sie kam, war sie Feindin der Menschen, fügte ihnen Schaden zu, wo immer es ihr möglich war. Jenes traumatische Erlebnis von einst hatte sie geprägt.
    Und doch war sie noch in der Lage, menschlich zu denken und zu handeln. Ihre Fürsorge, die sie ihrem jüngsten Kind angedeihen ließ, sprach für sie. Und auch ihre verzweifelte Suche nach ihrer Tochter…
    Konnte ein solches Wesen wirklich nur böse sein?
    Zamorra wollte es nicht glauben.
    Doch dann sah er wieder in Yagas Gesicht, in ihre Augen.
    Und die Augen der Hexe lachten ihn aus.
    Ihn, der fast verzweifelt nach einer Rechtfertigung suchte, diese Hexe nicht zu töten!
    Und in diesem Lachen lag ein seltsamer Zwang, dem er sich nicht länger entziehen konnte.
    Er wollte es nicht - nicht so!
    Aber er musste es tun.
    Er, den Yaga selbst als »Kämpfer für das Gute« bezeichnet hatte, tat schließlich, was er selbst nicht gutheißen konnte.
    Zamorra nahm das Messer aus der Hand der Hexe und stieß es Yaga ins Herz.
    ***
    Im Panik-Reflex riss er es wieder aus der Wunde und ließ es schockiert fallen.
    Er war entsetzt.
    Was hatte er getan?
    Er hatte eine Wehrlose getötet!
    Dass sie eine bösartige, mörderische Hexe war, was spielte es für eine Rolle? Als er zustieß und sie tötete, lag sie wehrlos vor ihm!
    Er war ein Mörder!
    Er sah Yagas Blut fließen.
    Und etwas Eigenartiges geschah.
    Silberne Strahlen trafen es. Und das Lachen einer Frau ertönte.
    Nicht das der Baba Yaga.
    Es war das Lachen der Frau im Mond.
    Und im gleichen Moment, als Zamorra dieses Lachen hörte, begann der Wandteppich zu brennen. Jener Schicksalsteppich der Puppenspielerin, der den Altar bedeckte und auf dem Yaga lag.
    Unglaublich rasch zerfiel er zu Asche.
    Und das Feuer, das ihn verbrannte, berührte die tote Hexe nicht!
    Sie blieb von der verzehrenden Glut unversehrt…
    ***
    »Das war vorbestimmt und war es doch nicht«, entfuhr es einer der Thessalischen Hexen.
    »Von jetzt an gibt es keine Vorbestimmung mehr«, sagte die zweite. »Die Schicksalsfäden sind verbrannt,

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