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0696 - Horror aus dem Eis

0696 - Horror aus dem Eis

Titel: 0696 - Horror aus dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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vorgetastet hatte und sich auf seine Halsschlagader legte, als wolle sie seinen Puls fühlen.
    Ein Gesicht schälte sich verschwommen aus dem Inferno, gewann langsam an Schärfe.
    Das ist nicht Zamorra, erkannte Gryf benommen.
    Er konzentrierte sich auf das Gesicht, zwang seine Augen, ihm eine Kontur zu verleihen.
    Blaue Augen, eine helle Hautfarbe, blonde Haare, zwei lange Eckzähne, die über die Lippen ragten.
    Gryfs Herz setzte einen Schlag aus.
    »Scheiße«, stieß er hervor.
    Das Adrenalin, das plötzlich durch seinen Körper schoss, mobilisierte die letzten Kräfte. Der Druide warf sich zurück und löste in der gleichen Bewegung den zeitlosen Sprung aus. Er dachte an kein Ziel, wollte einfach nur weg - egal wohin.
    ***
    Etliche tausend Kilometer weiter südlich war es von der Jahreszeit her zwar auch Winter, aber man konnte es im Freien aushalten, auch wenn man auf Pullover und Wintermantel verzichtete. Oder auch auf noch mehr, wie Nicole Duval, die sich in Shorts und T-Shirt bei annähernd 25° C in Florida fühlte wie im europäischen Sommer - immerhin liegt der ›Sunshine State‹ etwa in gleicher geografischer Breite wie etwa Ägypten…
    Mittels der Regenbogenblumen war sie vom Château Montagne in Frankreich nach Tendyke’s Home in Florida hinübergewechselt und genoss die Sonnenwärme, während Zamorra vermutlich in Alaska vor sich hin fror. ›Selbst schuld‹ dachte sie mit mildem Spott, ehe sie in die Gefahr kam, Mitleid zu entwickeln. Zugleich hoffte sie, dass er so bald wie möglich zurückkehrte, ehe ihm möglicherweise noch etwas Wichtiges abfror…
    Noch weniger als sie trugen ihre Gastgeberinnen auf der hübschen Haut; die eineiigen Zwillinge Monica und Uschi Peters, ursprünglich aus Deutschland stammend und schließlich nach ausgedehnter Weltenbummlerei bei Robert Tendyke in Florida kleben geblieben. Die blonden Telepathinnen hatten noch nie viel von überflüssiger Kleidung gehalten und irgendwann bei Nicole so etwas wie einen Nachahmungseffekt ausgelöst… aber wenn sie daran dachte, wie züchtig sie sich noch vor zwanzig Jahren zu verhüllen pflegte, konnte die Unsterbliche sich daran kaum noch so recht erinnern - und wollte es auch gar nicht.
    Im Wohnraum hatten sie es sich alle drei gemütlich gemacht. Butler Scarth, dessen Kopf ständig an einen Totenschädel erinnerte, versorgte sie mit Drinks und Naschwerk, und der chinesische Koch hatte angekündigt, eines seiner Spezialrezepte auszugraben - gedünstetes Klapperschlangenfilet in Pfeffersoße und Curry. Worauf Nicole ihn bat, nicht für sie mit zu kochen, weil sie vor dem Abendessen wieder daheim sein wolle… Der gute Chang war, was kulinarische Finessen anging - oder das, was er dafür hielt - Schlangenfetischist…
    Es lag jetzt ein paar Wochen zurück, dass sie sich zuletzt gesehen hatten.
    Zwischendurch hatten Zamorra und Nicole es einmal mehr mit der russischen Märchenhexe Baba Yaga zu tun bekommen. [3]
    Davon hatten sie sich dann eine Weile erholen müssen; speziell Zamorra hatte eine Weile gebraucht, um die Geschehnisse zu verkraften, in denen auch Merlin und Asmodis tragende beziehungsweise tragische Rollen gespielt hatten.
    Aber, wie’s aussah, war das Thema Baba Yaga jetzt abgeschlossen, und Nicole musste nicht mehr befürchten, dass Zamorra und sie einmal mehr überraschend von Merlin ›zwangsrekrutiert‹ wurden, um sich in seinem Auftrag um die alte Hexe zu kümmern.
    Yaga war tot, gestorben durch Zamorras Hand - und lebte wieder, durch die Mächte der ›Frau im Mond‹ und des Schicksals. Aber Yaga war jetzt eine andere… war nicht mehr das bösartige Hutzelweib, das Tod und Zerstörung brachte, wo immer es auftauchte…
    Nicole schüttelte die Gedanken ab; die Erinnerung war immer noch wie ein Albtraum. Sie zwang sich, wieder an ihren letzten Besuch hier in Tendyke’s Home zu denken.
    Damals war der Abenteurer Robert Tendyke, dem Haus und Land am Rand des Everglades-Naturschutzgebiets gehörte, nicht daheim gewesen. Die Zwillinge hatten erwähnt, er bereite sich auf die Begleitung einer archäologischen Expedition vor, wussten aber nicht, wohin es gehen sollte. Der Mann, der sich jetzt nicht mehr Robert Tendyke, sondern Ty Seneca nannte, betrieb Geheimniskrämerei.
    »Wie sein Vater Asmodis«, murrte Monica Peters.
    »Oder sein Onkel Merlin«, sann Nicole. Dieses Versteckspielen und Zurückhalten von Informationen hatte sie schon immer gehasst.
    Tendyke war anders gewesen als Seneca. Es schien Nicole

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