0696 - Horror aus dem Eis
dazu einen absoluten Patentvorschlag gehabt«, sagte er sarkastisch. »Danach wäre der todesstrafengeile Bush US-Präsident für Florida geworden, und Gore, der Mann mit dem wahltaktisch ungünstigen Namen, US-Präsident für den unbedeutenden Rest der Staaten.«
Er grinste. »Wäre ja auch nicht das erste Mal gewesen, dass unser geliebtes Amerika zwei Präsidenten zugleich hätte… Lincoln und Jefferson…«
»Aber damals gab’s gleich einen Bürgerkrieg dazu«, erinnerte Riker.
»Wer Krieg führt, braucht Waffen. Unsere entsprechenden Tochterfirmen hätten profitiert«, gab Seneca zynisch zurück.
Riker runzelte die Stirn.
Einmal mehr fiel ihm die charakterliche Veränderung seines Bosses auf. Früher hätte er anders geredet, ganz anders! Aber seit er nach seinem längeren Verschwinden wieder zurückgekehrt war und sich jetzt Seneca nannte, war er nicht mehr derselbe wie einst.
Riker führte es darauf zurück, dass Tendyke/Seneca seit der katastrophalen Auseinandersetzung mit Amun-Re eine Art Trauma in sich barg, das ihn so anders werden ließ.
Interessanterweise wusste in der Firma selbst kaum jemand, dass er seinen Namen geändert hatte. Hier unterschrieb er nach wie vor mit ›Robert Tendyke‹, und er ließ sich auch als Mr. Tendyke ansprechen. Lediglich Riker, Sicherheitschef Shackleton, Finanzjongleur Brack und Firmenanwalt Iiawkins waren über die Änderung informiert.
Manchmal schien es Riker, als sei Tendyke schizophren geworden. Aber er verfügte doch immer noch über einen völlig klaren, scharfen Verstand!
Nur über einen anderen Namen und andere Zielvorstellungen…
»Diese als Präsidentenwahl bezeichnete Schmierenkomödie untersten Niveaus«, fuhr Riker fort, »hat uns beschert, dass der Dollarkurs ein wenig fiel und dass die Aktienkurse einiger Firmen ein wenig fielen.«
»Von Aktien und Devisen verstehe ich wenig«, sagte Seneca schroff.
»Sehen Sie, wenn der Kurswert einer Firma an der Börse sinkt, kann man sie billiger kaufen, wenn man Aktienmehrheiten erwirbt. Und eine Menge der in den USA ansässigen Tochterfirmen, die zum Möbius-Konzern gehören, sind von diesem Kursverfall betroffen.«
»Aber doch auch unsere eigenen!«
Riker grinste.
»Sie spielen darauf an, dass wir einen Teil unseres eigenen Imperiums abstoßen müssen, weil die Kartellbehörde das verlangt«, sagte er. »Hier bei uns wie beim Möbius-Sitz in Germany. Sicher, das wäre ein Problem für uns gewesen. Um den Monopolgesetzen zu entsprechen, müssen wir ja einiges an Substanz abgeben.«
»Und jetzt, nach dem Kasperl-Theater von Florida, mit Verlust.«
»Eben nicht«, grinste Riker breit. »Ty, die Verträge über den Verkauf unserer entsprechenden Tochterfirmen habe ich zur Unterschrift gebracht, bevor Florida die USA zum lächerlichen Bananenstaat machte! Noch zum damaligen Kurswert! Die Verkäufe waren bereits unter Dach und Fach, die damals vereinbarten Summen sind geflossen und fließen noch. Ein paar Käufer verklagen uns zwar deshalb, aber Vertrag ist Vertrag und Datum ist Datum. Unsere Kriegskasse ist voll genug, um mit dem Geld die billig gewordenen Möbius-Firmen einzusacken und auch den Mutterkonzern selbst, zu kassieren! Wir schaffen es, schneller als geplant! Brack und ich hatten noch mindestens anderthalb Jahre zur Kapitalbeschaffung befürchtet, aber wir können es schon in ein paar Monaten beenden! Die Schlacht wird vorbei sein, ehe sie richtig begonnen hat!«
»Das heißt, Tendyke Industries ist derzeit merklich kleiner als früher«, resümierte Seneca.
Riker nickte. »Erheblich kleiner. Dafür ist die Kriegskasse größer. Und sie bringt Zinsen, weil die Dollars vorübergehend gut verzinst und damit Gewinn bringend geparkt wurden. Da wir selbst als Mutterkonzern keine Verluste erlitten, können wir nach wie vor aus dem Vollen schöpfen.«
Seneca nickte langsam; er begann zu verstehen.
Tendyke Industries war keine Aktiengesellschaft, sondern eine personalisierte Firma, die ihm allein gehörte. Es gab nicht für einen einzigen Cent Fremdanteile. Nur bei den Tochterfirmen, natürlich. Aber Tendyke Industries selbst war somit vom allgemeinen Kursverfall nicht betroffen. Der eigene Firmenwert blieb stabil und dementsprechend notfalls auch belastbar!
»Sie sind ein Genie, Rhet«, murmelte er langsam. »Sagen Sie -stecken Sie etwa hinter dem Florida-Debakel? Haben Sie da was angeleiert, um Uncle Sam politisch zu schwächen und unsere Firma wirtschaftlich zu stärken?«
Riker lachte
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