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07 - Asche zu Asche

07 - Asche zu Asche

Titel: 07 - Asche zu Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Leuten im Lower East mit schöner Regelmäßigkeit hinwarfen.
    Jeannie rief ihre Eltern an. Sie hoffte, ihre Mutter zu erreichen, doch es meldete sich Derrick. Sie bemühte sich, ihre Stimme zu beherrschen und nichts zu verraten. Ihre Mutter wäre auf ihre Bitte hin einfach gekommen und bei den Kindern geblieben, ohne Fragen zu stellen. Aber bei Derrick mußte Jeannie vorsichtig sein. Ihr Bruder wollte immer alles ganz genau wissen.
    Darum log sie einfach, erklärte Derrick, der Techniker, auf den sie im Café warten mußte, würde erst spät kommen; ob er inzwischen rüberfahren und nach den Kindern sehen könnte? Dafür sorgen, daß sie ihr Abendessen bekamen; daß Jimmy möglichst heute abend nicht abhaute; daß Stan sich die Zähne wirklich gründlich putzte; daß Sharon ihre Hausaufgaben ordentlich machte?
    Die Bitte kam Derricks Bedürfnis entgegen, sich für die zwei Familien, die er durch Scheidung verloren hatte, einen Ersatz zu schaffen. Wenn er zu Jeannie hinüberfuhr, bedeutete das zwar, daß er sein allabendliches Krafttraining versäumen würde, aber dafür winkte die Chance, Vater zu spielen, und zwar ohne die dazugehörige lebenslange Verantwortung übernehmen zu müssen.
    Jeannie wandte sich den beiden Polizeibeamten zu, sagte:
    »Also, ich bin soweit«, und folgte ihnen zum Wagen hinaus.
    Sie brauchten eine Ewigkeit für die Fahrt, weil die Beamten aus irgendeinem Grund, der Jeannie verborgen blieb, weder die Sirene noch das Blaulicht einsetzten. Die rush hour hatte begonnen. Sie überquerten den Fluß und krochen durch die Vororte, eine endlose Ansammlung von Nachkriegshäusern aus rußigem Backstein. Als sie endlich die Autobahn erreichten, kamen sie etwas schneller vorwärts.
    Sie verließen die Autobahn, als die ersten Hinweisschilder nach Tonbridge erschienen. Sie schlängelten sich durch zwei Dörfer hindurch, fuhren zwischen hohen Hecken über Land und erreichten endlich Pembury. Am Hintereingang eines Krankenhauses hielten sie an. Hinter einer provisorischen Barrikade aus Mülltonnen begann ein halbes Dutzend Fotografen Bilder zu schießen, sobald der Constable Jeannie die Tür öffnete.
    Jeannie zögerte, ihre Handtasche an sich gedrückt. »Können Sie diese Leute nicht ...?«
    »Tut mir leid«, antwortete Sergeant Coffman. »Wir halten sie schon seit Mittag hin.«
    »Aber woher wissen sie es denn überhaupt? Haben Sie es ihnen gesagt?«
    »Nein.«
    »Ja, aber wie ...?«
    Sergeant Coffman ging zu Jeannies Tür. »Einer schaut, was die Streife so macht. Ein anderer hört den Polizeifunk ab. Wieder ein anderer - meistens auf dem Revier, so ungern ich das sage - hat ein loses Mundwerk. Die Journalisten zählen zwei und zwei zusammen. Aber mit Sicherheit wissen sie bis jetzt gar nichts. Und Sie brauchen ihnen nichts zu sagen. In Ordnung?«
    Jeannie nickte.
    »Gut. Kommen Sie. Schnell jetzt.«
    Jeannie strich sich mit einer Hand über ihren Kittel und fühlte den groben Stoff an ihrer Handfläche. Sie stieg aus dem Wagen. Zurufe schallten ihr entgegen: »Mrs. Fleming! Können Sie uns sagen ...« Und Kameras surrten. Flankiert von dem jungen Constable und von Sergeant Coffman, eilte sie durch die Glastür, die sich vor ihnen öffnete.
    Sie traten durch die Notaufnahme ein, wo der beißende Geruch nach Desinfektionsmittel in der Luft hing und jemand schrie: »Es ist meine Brust, verdammt noch mal!« Zunächst fiel Jeannie kaum etwas auf außer der Dominanz der Farbe Weiß. Die hin und her eilenden Gestalten in Labormänteln und Schwesternuniformen, die Laken auf den Tragen, die Papiere, auf denen Krankengeschichten und Diagramme eingetragen waren, die Regalbretter, auf denen nichts als Gaze und Watte zu liegen schienen. Dann begann sie die Geräusche wahrzunehmen. Die Schritte auf dem Linoleum, das »Wusch« einer sich schließenden Schwingtür, das Quietschen der Räder eines Wagens. Und die Stimmen, kaleidoskopartig.
    »Es ist sein Herz. Ich weiß es ...«
    »Würde vielleicht einer von Ihnen mal -«
    »- seit zwei Tagen keinen Bissen gegessen -«
    »Wir brauchen ein EKG -«
    Einen Wagen vor sich her schiebend, auf dem ein Apparat mit Kabeln, Knöpfen und Skalen stand, rannte jemand vorüber und schrie »Vorsicht! Vorsicht!«.
    Und die ganze Zeit über fühlte Jeannie Sergeant Coffmans Hand an ihrem Arm, warm und fest, gleich oberhalb ihres Ellbogens. Der Constable berührte sie nicht, doch er hielt sich dicht an ihrer Seite. Sie gingen einen ersten Korridor hinunter, dann einen zweiten.

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